— 226 — er ausstreuen will, je einige Körnchen am Karfreitag mit in die Kirche und streut den so gesegneten Samen in die Ecken seiner Felder (Nd.), fängt deshalb in der Mitte des Feldes zu säen an (Ne.). Es gibt aber auch Leute, die am Johannistage an den vier Ecken eines Feldes je einige Ähren abschneiden, wodurch der Ertrag größer wird zum Nachteil eines anderen. Auch diese nennt man Bilm- schnitter (Schl.). Ein ähnliches Tun schreibt man den Hexen zu. Am Johannis- tage halten sie „Lese“ auf dem Felde, ihre Spur heißt der „Hexenschnitt“. Sie vergrößert den Ertrag. Gleich dem Bilmetschnitter schneiden auch sie die Triebe der Vogelbeersträucher ab (H.). IX. Die Tiere, Wstanzen, Gestirne und Naturerscheinungen im Volksglauben. Die Ciere. (Vgl. hierzu M. 209 ff.) Ein echt germanischer Zug ist das freundliche Verhältnis zum Tier. Die Haustiere gelten als ein Teil der deutschen Häuslichkeit, sie haben Anteil an dem Wohl und Wehe des Hauses, in dem sie leben. Man kündet ihnen den Tod des Hausherrn (Seite 121), gedenkt ihrer in einer besonderen Leckermahlzeit an hohen Festtagen (Seite 162), sie unterhalten sich in der Christnacht über kommendes Glück und Unglück des Hauses (Seite 153). Die Sorge für den Schutz und das Wohlergehen der Haustiere erstreckt sich übers ganze Jahr. All diese Züge finden ihre Erklärung darin, daß das Volk noch an dem Glauben festhält, daß jedes Tier eine Seele habe, die man persönlich auffaßt. „Glück im Stall!“ muß jeder sagen beim Betreten eines fremden Stalles (v. 692). Lobt man ein Tier, so darf man nicht den Zusatz „Behüts Gott!“ vergessen. Neuangekaufte Tiere läßt man beim ersten Eintritt in den Stall über einen benutzten Stubenbesen (Ma., Gey.) oder den Stallschlüssel gehen (Dr., Schö.). Es sollen nie dreizehn sein, sonst stirbt eins von ihnen (Ne.). Wird ein Kalb verkauft, so zieht man es rückwärts aus dem Stall (v. 699) und hängt seinen Strick der Mutter zur Tröstung um den Hals oder die Hörner (Dr., N., B., Wa., Fr., Nied.). Einer zur Zucht verkauften Kuh gibt man den Strick oder Stroh mit, damit sie kein Heimweh bekomme (Ehr.). Dasselbe gilt beim Schwein (Ne.). Man behält einige Stirnhaare des Tieres zurück, sie sind glückbringend (Kl. 6727 6995). Den Erlös für das Tier nimmt man gern im Stalle in Empfang (Or.). Wird das Schwanzgeld des verkauften Schweines zum Ankauf eines neuen verwendet, so wird dieses um so fetter (M., Kö., A.). Ein verkauftes Tier darf sein früherer Besitzer nicht wieder angreifen, sonst magert es ab (Ge.). Dazu erzählt man sich in Ge.: Alle Tiere, die ein gewisser Viehhändler verkaufte, starben