122 Europäische Verwicklungen u. Fortschritte der Kultur. Hälfte Sachsens, nämlich den thüringischen Kreis, den Kur- kreis, die ganze Nieder-Lausitz und die östliche Hälfte der Ober-Lausitz, für die zugleich die alten böhmischen Erban- sprüche aufgehoben wurden, an Preußen, während der Neu- städter Kreis an die Ernestiner (Sachsen-Weimar) zurückfiel. Der König nahm den Vertrag erst am 18. Mai an, schloß sich am 27. Mai auch dem Kriegsbündnis gegen den wieder heimgekehrten Napoleon, am 8. Juni dem Deutschen Bunde an und kehrte am 7. Juni nach Dresden zurück. Seine Truppen aber, die schon in Belgien bei Blüchers Heere standen, gingen durch die verhängnisvolle Menterei in Lüttich der Ehre verlustig, an dem ruhmvollen Siege bei Belle-Alliance (Waterloo) am 18. Juni 1815 teilzunehmen. Damit war das lange Ringen der Wettiner und Hohen- zollern über die Vorherrschaft in Nordostdeutschland zu Ende. Im wesentlichen auf die alte Mark Meißen und einige kleine Nachbargebiete, die alten Stammlande der Wettiner, im ganzen auf einen Umfang von 272 Gedviertmeilen (14992 qkm) beschränkt, schloß sich das verkleinerte König- reich Sachsen aufs engste in sich und um die ehrwürdige Persönlichkeit des greisen Königs unter dem neuen geschichts- losen weiß-grünen Banner zusammen. Aber diese verstärkte Vaterlandsliebe des schwer getroffenen Stammes, der an dem nationalen Befreiungskampfe keinen Anteil gewonnen hatte, sondern sein Opfer geworden war, äußerte sich auch in einem tiefen Hasse gegen Preußen und erzeugte einen unnatürlichen Bonapartismus, der zähe an der Hoffnung auf Wiederherstellung des alten Umfanges festhielt und die Erkenntnis dessen, was die neue Lage forderte, aufs äußerste erschwerte. Da nun auch der hochkonservative Sinn des Königs und seines Kabinettschefs, des Grafen Detlev von Einsiedel, jeder Neuerung mißtrauisch gegenüberstand, so blieb im Innern alles wesentlich beim alten. Nur die