— 168 — nicht immer zureichenden Mittel in Erwägung zieht, so liegt kein Grund vor, einen vielleicht recht bedeutenden Erfolg für die Zukunft auszuschließen. Zur Ausforschung und Ausbeutung des Mineralreichthums des Landes haben sich deutsche und englische Gesellschaften gebildet. Weiter ist das Schutzgebiet namentlich in--denjenigen Theilen, welche sich vom Herero- lande südwärts etwa bis zum 26. Grad südlicher Breite erstrecken, zur Besiedelung durch deutsche Ackerbauer wohl geeignet. Wenn auch die Fruchtbarkeit des Landes durch Trockenheit beein- trächtigt ist, so kaun doch in jenen Gegenden mit Ausnahme des unfruchtbaren Küstenstreifens Viehzucht betrieben werden, welche den Reichthum des Landes darstellen wird, wenn für die nöth igen Transportwege gesorgt und dem Absatz ein entsprechender Ausgang geschaffen wird. Zum Ackerbau bieten diejenigen Flußthäler Gelegenheit, welche auch in der heißen Jahreszeit genügende Feuchtigkeit bewahren. Bei dem außerordentlich gesunden Klima wäre hier für eine nach mehreren Tausenden zu beziffernde Zahl von Ansiedlern eine geeignete Unterkunft geboten. Was die in dem Abkommen mit England bezeichneten Grenzen zwischen den beider- seitigen Interessensphären betrifst, so waren dieselben im Allgemeinen bereits durch frühere Ver- handlungen festgesetzt. Neu ist lediglich die nördlich des 22. Breitengrades vorgenommene Abgrenzung. Bei derselben sind die Interessen des deutschen Schutzgebiets völlig gewahrt, in- dem demselben der Zugang zum Zambesi-Fluß, welcher für die künftige Entwickelung des Handelsverkehrs von Bedeutung sein kann, gesichert wurde. Andererseits ist den Wünschen der englischen Regierung entgegengekommen, indem das Gebiet des N'Gami-Sees der britischen Interessensphäre überlassen wurde. Wenn man erwägt, daß englischerseits mit den Eingeborenen jenes Landes Verträge abgeschlossen, während deutscherseits noch keinerlei Beziehungen mit denselben angeknüpft waren, so wird in dem Verzicht auf jenes Gebiet, welches nach den neuesten Berichten des Haupt- manns v. Frangois überdies keineswegs werthvoll zu sein scheint, ein Zugeständniß erblickt werden können, welches die deutschen Interessen unberührt läßt und nur dem Affektionsinteresse entgegenkommt, welches England auf diese Gebiete legt. Von einigen Seiten war der Wunsch, das kleine Gebiet der Walfischbai ganz an Deutschland abgetreten zu sehen, laut geworden. Es darf hierbei zunächst nicht übersehen werden, daß eine Abtretung des genannten Gebiets nicht durch die großbritannische Regierung allein, sondern nur mit Zustimmung der Kapkolonic vorgenommen werden konnte. Da die Kaiserliche Regierung außer Stande war, der Kapkolonie irgend welche Kompensationen zu bieten, so war ein Zugeständniß der letzteren in dieser Richtung von vornherein ausgeschlossen. Aber auch ab- gesehen hiervon konnte die Kaiserliche Regierung nicht die Ueberzeugung gewinnen, daß die über den Werth von Walfischbai landläufigen Vorstellungen den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Dem von etwa 20 Europäern bewohnten kleinen Ort wird zumeist um deshalb Gewicht beigelegt, weil sein guter Hafen einen zweckmäßigen Ausgangspunkt für den Weg in das Innere bilde, der von hier aus sich am kürzesten gestalte. Ist schon letztere Behauptung in ihrer Allgemeinheit fragwürdig, so ist die Ansicht, daß der Hafen ein guter sei, geradezu unrichtig. Schon frühere Veröffentlichungen hatten klargelegt, daß der Hafen allmählich ver- sandet. Die neueste vom 22. Juni d. J. datirte Mittheilung des Kaiserlichen Ober-Kommandos der Marine bestätigt dies, indem sie sagt: „Was die Bucht anbetrifft, so verändern sich die Tiefen in derselben fortwährend, und hat man jetzt schon auf 1,5 Seemeilen Entfernung vom Lande nur noch 6 m Wasser. Die Halbinsel selbst ist an einer Stelle bereits ganz fort- gespült, jedoch sind die Tiefen an dieser Stelle noch so gering, daß selbst Booten die Passage unmöglich ist.“ CE. unterliegt aber keinem Zweifel, daß der Hafen von Angra Pequena erheblich besser ist als der von Walfischbai. Ein Vergleich der Lage beider Häfen zu dem deutschen Schutz- gebiet entbehrt so lange jeder Grundlage, als sich noch nicht annähernd übersehen läßt, welche Richtung die Entwickelung dieses Gebiets überhaupt nehmen wird.