Aber das Geheimniß: die Sorgfalt in der Arbeit des Chinesen, gegenüber der Sorglosig- keit, die Javanen und Tamils untanglich hat erscheinen lassen, und die, wie es scheint, auch den Neger zu ausdauernder Arbeit untauglich macht? Die Arbeit ist Kontraktarbeit. Die Inter- essen des Herrn und seines Arbeiters sind identisch. Viel und guter Tabak — viele Dollars! Und der Sinn für den „allmächtigen Dollar“ scheint beim Chinesen ausgebildeter zu sein als bei den anderen Nationen. Es ist nicht Pflichtgefühl, das ihm die Sorgfalt für seine Pflanzen eingiebt, auch nicht Liebe zur Sache — eine große Anzahl der Leute ist, ehe sie nach Deli kommen, alles Andere ge- wesen, nur nicht Landbebauer —, es ist auch nicht Furcht vor Strafe, — es ist lediglich Gewinnsucht! Ein jeder Neuankömmling kommt mit der Absicht nach Deli, mit den zu erwerbenden Reichthümern ins Vaterland zurückzukehren, so- bald seine Kontraktzeit abgelaufen sein wird. Das, was er verdienen kann, sind Reichthümer für ihn, denn fünfzig Dollars gehen einen weiten Weg in der Heimath, wo man, in den armen Dörfern des Innern, Silber vielleicht niemals zu sehen bekommen hat. Vielen gelingt es, ihr Ideal wahr zu machen, viele aber können den mancherlei Versuchungen, daß die klimatischen Verhältnisse andere seien die ihnen Spiel und Opium bieten, nicht wider- stehen; sie spielen — und das Spiel scheint eines der chinesischen Hauptlaster zu sem — bis sie den letzten der in zwölfmonatlicher schwerer Arbeit verdienten Dollars verspielt haben. Dann nehmen sie einen Vorschuß auf ein weiteres Kontraktjahr, gehen aber nicht eher wieder an die Arbeit, bis sie auch diesen bis auf den letzten Rest verspielt haben! Chinesen gehören einem Volke an, das sich — bisherigen Erfahrungen nach — am besten akklimatisirt und im Stande ist, unter tropischer Sonne Feldarbeiten auszuführen. Gegen ihre Importation in Ost-Afrika zwecks der. Kultur von Tabak wäre also vom Standpunkt der Akklimatisationsfähigkeit wenig einzuwenden. Aber eine andere Frage wäre zunächst zu erörtern: 344 Wird auf den zu eröffnenden Tabaks- plantagen ein hochwerthiger Tabak wachsen? Um bei einem Import von Chinesen ein theueres Arbeitermaterial zu verzinsen und einen Gewinn zu erzielen, muß ein Deckblatt-Tabak me Vorfahren begraben zu werden. produzirt werden, der erfolgreich mit dem Sumatra-Tabak konkurriren kann, ja, bei den voraussichtlich höheren Kosten für Arbeiter, im europäischen Markt einen noch höheren Durch- schnittspreis erzielt. In dieser Beziehung ist zunächst eine ge— naue und sorgfältige Prüfung erforderlich, wie ein Vergleich mit den Verhältnissen in Su— matra lehrt. Den besten und bestbezahlten Tabak haben bisher stets die Plantagen in Deli geliefert. Die Qualität fällt in unmittelbar benachbarten Landschaften bereits ungemein ab. In nur 200 englischen Meilen Entfernung in südlicher Richtung sind Versuche, die vor drei Jahren in großem Maßstabe und auf verschiedenen Plätzen angestellt wurden, gänzliche Fehlschläge gewesen. Es wuchs auch dort Tabak, aber die Quantität war so geringfügig, und die Qualität so indifferent, daß eine Plantage nach der andern geschlossen werden mußte. Manchen unserer holländischen und englischen Nachbarn haben die Versuche schweres Geld gekostet. Und doch hatten altbewährte Pflanzer in guter Tren und Glauben erklärt, sie wären der Meinung, der Boden eigne sich so trefflich für Tabak, wie der Deli-Boden! Sobald indeß der Wald geschlagen war und der Boden auszutrocknen begann, fand es sich, daß er zu durchlässig, d. h. Feuchtigteit nicht lange genug zu halten in der Lage war. Die Pflanzen waren demnach nicht im Stande, eine Trockenheit von einigen Wochen auszu- halten. Außerdem stellte es sich bald heraus, als in Deli. Regen und Trockenheit wechselten nicht mit der glücklichen Regelmäßigkeit ab, die im Allgemeinen das Deli-Klima auszeichnet. Was unn ferner die Möglichkeit, Chinesen nach Afrika zu bringen und die Kostenfrage betrifft, so ist Folgendes zu bemerken. Chinesen neigen nicht zur Auswanderung im cigentlichen Sinne des Wortes. Für Chinas Ueberbevölkerung, die arm im Ertrem ist, für die durch häufige Ueberschwem- mungen der großen Ströme verwüsteten Land- striche, in denen diese Jahr aus, Jahr ein Hungersnoth hervorrufen, wäre Auswanderung im großen Stil ein Segen. Aber — Auswanderung würde den Chi- nesen dem Lande seiner Bäter entführen, ihn fern von den Gräbern seiner VBöäter sterben lassen! Seine Religion spricht dagegen. Geht er fort, dann ist es nicht in der Absicht, seinem Geburtslande den Rücken zu kehren. Er geht, mit der Hoffnung im Herzen, Reichthum zu erwerben, nach China zurückzu- kommen, dort zu sterben und neben seinen Eine Massenauswanderung läßt sich, so lange diese Ideen die herrschenden bleiben, nicht erwarten. Vielmehr ist es eine ziffer- mäßig nachweisbare Thatsache, daß die chine-