und konnte meine Leute beruhigen. Der viel- leicht 17 Jahre alte Häuptling gab auch so- fort das Wasser frei. Die allernöthigsten Lasten, ein Zelt und zwei Koffer, waren am Abend noch herangeschafft und am folgenden Morgen ging unter Führung des Somali Mohamed eine aus 20 Eingeborenen be- stehende und mit Wasser beladene Rettungs- kolonne ab, die im Marschiren Erstaunliches leistete und mir binnen 21 Stunden sämmt- liche Lasten und Träger heranschaffte. Ver- durstet war keiner von den Trägern, sie waren wirklich meist bis an den Fluß zurückgelaufen und dann zu den Lasten zurückgekehrt. Sie hatten damit ein Beispiel von Leistungsfähigkeit, aber auch von Dummheit gegeben; denn wären sie bei mir geblieben, so hätten sie 6 bis 8 Stunden srüher ihren Durst stillen können. Trotz alledem bin ich sicher, daß sich vor dem nächsten langen Marsch kein Einziger freiwillig seine Flasche mit Wasser füllen wird. Der Häuptling hier ist ausnehmend liebenswürdig. Ueber seiner Behausfung weht eine deutsche Flagge, und er zeigte sich genau darüber orientirt, daß die Germani die besten und größten Herren der Erde sind. Gebaut wird vorwiegend Mais, doch werden die JFelder fortwährend von Pavianen verheert. Buito, den 12. August 1891. Die nächsten Zeilen werden den Rückmarsch bis zur Küste enthalten. Wir brechen des Morgens besonders früh auf, denn jetzt be ginnen die Gewaltmärsche; ich will gern am 18. in Pangani sein, es gelingt mir dann viel- leicht, noch einen Küstendampfer nach Sansibar zu erreichen und so 14 Tage früher nach Europa zu gelangen. Unsere Sehnsucht dahin ist jetzt, einmal auf dem Rückmarsch begriffen, nalürlich groß, das Land hier wird auch weniger interessant, die Wildheit hört auf und der Ein- fluß der Küste macht sich schon sehr geltend. Der hiesige Häuptling z. B. bat um Dawa d. h. Medizin, und als Erhardt sich theil- nahmsvoll nach seinem Leiden erkundigte, flüsterte er geheimnißvoll: „Kognak“. Dabei ist er so abergläubisch, daß er an seinem Dorf die alten Flaschen als Zaubermittel gegen Krokodile aufgehängt hat. Seine Geschenke bestanden in einer Ziege, 27 Eiern und Zuckerrohr. Das hauptsächlichste Landesprodukt ist überall hier Mais, der hier die Hauptnahrung der Bevölkerung bildet. Ausfallend ist die Neinlichkeit der Dörser. Das Kisuaheli wird hier schon allgemeiner ver- standen; bisher war es höchstens der Dorschef, der sich dieser Sprache zu bedienen wußte. Sie 464 und die Büchsen sind eingepaczkt. ist leicht zu erlernen, denn ihr Gedankengang ist sehr einfach. Masinde, den 13. August 1891. Masinde ist die Residenz des im Lande Usambara einslußreichen Häuptlings Sem- bodja, eines alten Mannes, der in halb- europäischem Anzug mit goldener Uhr umher- läuft und über dessen Deutschfreundlichkcit die Ansichten sehr getheilt sind. Ein deutsches, nicht vollendetes Fort liegt vor seiner „Stadt“ und er bezieht einen Monatsgehalt von 150 M. vom Reich. Von einer Gegenleistung habe ich nichts bemerken können. Es wäre schon viel gethan, wenn er durch Wegebesserung in seiner Einflußsphäre für bessere Kommunikation sorgte. Ein einziger gefallener Baumstamm verlangsamt oft die Marschgeschwindigkeit einer Karawane um Stunden. An der Vegetation von Masinde erkennt man schon die Nähe der Küste; die Kokospalme wird hier vereinzelt gezogen. Durch die beiden Unteroffiziere der Station besorgle ich mir zwei Führer und brach am anderen Morgen vor Sonnenaufgang bei 13° C. auf. Mikujuni, den 14. August 1891. Wir sind 7½ Stunden mit einer durch- hiiulihen Geschwindigkeit von 115 Schritt pro Minute marschirt; der Weg führt bis zur Küste an der Südwestseite der Usambara- Berge entlang. Wir passirten zwei Sümpse, von denen der eine trotz der trockenen Jahres- zeit doch nur in einer Stunde zu durchwaten war. Erhardt schoß einen weißen Reiher, der in Gestalt und Zeichnung genau an die Reiher erinnert, die auf japanischen Bildern zu sehen sind. Die Jagd hat sonst ausgehört, Kurz vor Ankunft im heutigen Lagerplatz begegneten wir einem deutschen Lazarethgehülsen mit elwa 20 Mann, der seinen Posten am Kilimandscharo antreten soll. Sangarawe, den 15. August 1891. Heute, auf dem sehr langen Marsch, passirten wir eine Unzahl von Dörfern mit aus- gesprochenem Küstencharakter. Die Kokospalmen und die langen weißen Hemden der Ein- geborenen sind die sichersten Anzeichen der Nähe des Meeres. Zum Theil war das Aus- sehen der Landschaft fast europäisch. Kurz ge- haltene Wiesen lassen das Land als zur Vieh- zucht geeignet erscheinen. Mittagsrast machten wir in Korogwe, einer früheren im Aufstande verlassenen Station der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft. Ich ließ abkochen und marschirte