— 493 — Gallenwege erkrankt. Ich behandelte ferner zwei schwere Fälle von Rheumatismus, welche Krankheit die Leute für mehrere Monate arbeits- unsähig machte. Die Erkranlungen durch den Guineawurm sind unter den Popo Arbeitern häufig; sie haben aber ihren Ursprung siets an der Küste oder auf dem Wege. Ebenfalls auf früheren Ursprung sind einige häßliche Fälle von Yaws zu schreiben, wie auch manche der großen Unterschenkelgeschwüre. Indessen sind Yaws und tiese Geschwürc auch unter der ein- heimischen Bevölkerung häufig. Zu Anfang dieses Jahres herrschten im benachbarten Jegge die Pocken, ohne indessen größere Ausdehnung oder bösartige Form anzunehmen. Bei mehreren schweren Fällen von Ruhr mußte ich helfend einschreiten. Mehrmals traf ich auf ausge- sprochen lungenkrante Leute, wie überhaupt Erkrankungen der Athmungsorgane häufig ge- ung sind. Kontu, unser bester Freund, hatte Monate lang mit einer schweren Lungenent- zündung zu lämpfen. Die Geschichte dieser Krankheit verdient ein eigenes Kapitel. Schon bald nach der Ketschenli- Asfaire ausgebrochen und aller Behandlung trotzend, wurde sie von Kontus Familie, be- sonders seinen älteren Brüdern, Abötri von Perön und Akontu von Odomi, sowic dem zu Kontu haltenden Theil der Adcli-Bevölke- rung einer durch dic beiden obersten Fetisch- leute, Nunu Elisi von Pereu und Cojö von Ketschenli, bewirkten Vergiftung zuge- schrieben. Als Letzterer dann unvorsichtig geung war, sich in der Betrunkenheit Kontu gegen- über den Anschein zu geben, als wisse er etwas über dessen Krankheit, forderte die Partei des Leßteren stürmisch vom alten Cojö den Beweis seiner Unschuld an diesem Krankheitsfall. Als aber der alte Abötri mit den be- waffneten Jegge= und Odomi-Leuten bereits auf dem Wege war, dieser Forderung in Ket- schenki Nachdruck zu geben, schritt ich ver- mittelnd ein. Cojc vermochte sich in öffent- licher Versammlung auf der Station ziemlich von dem Verdacht zu reinigen, die Fetischfrau Nunu trank später — ohne daß ich davon wußte — Nkassagist. Um den damals schwer- kranken Kontu vor seinen Feinden zu schützen, behielt ich ihn auf der Station, ihn sorgsam pflegend, was auch nach Wochen von bestem Erfolg gekrönt war. Als er dann aber, trotz meiner dringenden Abmahnungen, nach „Jegge zurückkehrte, dort seinen Opferpflichten obzu- liegen, trat sofort eine derartige Verschlimme- rung ein, daß er wiederum als letzte Rettung die Station aufsuchte. Er erschien mir zur damaligen Zeit nahezu hoffnungslos, und so war ich auch nicht erstaunt, bei meiner Rück- kehr von Scogode zu ersahren, daß Kontu dic Station verlassen, um nach eigenem Willen in Peréu, in dessen Fetischwald sich der Sit des Adeli-Gottes Nüjo befindet (während Avurstö im Hain von Dipongo wohnt), zu sterben. Ich suchte Kontu sofort auf und fand seinen Zustand gegen früher ziemlich un- verändert. Trotz der Entsernung wurde die Behandlung, vorzüglich mit Ipecacnuanha und Ozuonwasser, sortgesetzt, und zu meiner eigenen sowie Jedermanns Ueberraschung ist die Monate lange Krankheit endlich gewichen. Nach Kontus eigener, wie allerdings auch meiner Meinung wäre er längst ein todter Mann — ohne die Station. Das Verdienst der letzteren dürfte im Wesentlichen, wobei wir freilich durch Kontus eigene Verständigkeit unterstützt wurden, im möglichsten dernhalten der unsinnigen Behand- lungsweise mit Waschungen und landesüblicher Medizin, sowie der ewigen Aufregung durch Fetischpalawer und Giftbesprechungen, und end- lich in geeigneter Ernährung des Kranken liegen. Die Reinigung der Fetischfrau Nunn Elisi von dem Verdacht der Vergiflung durch Aus- brechen des Gifttrankes (der hier ebenfalls Erythrophloenm ist — Stücke liegen den Sammlungen bei) wurde Adeli durch Gewehr- salven von Perchu aus verkündet. Späler hat dann Kontu Nunn zu dem glücklichen Aus- gang beglückwünscht und ihr ein Geschenk ge- sendet. Jetzt scheint ja voller Friede zwischen den seit Jahrgehnten so feindlichen oberslen Häuptern des Adeli-Landes zu sein. Seit dem Gifttrunk Nunus sind mir noch mehrere andere Fälle der vollzogenen Giftprobe bekaunt geworden. Während meiner Reise nach Scogods war dem alien Akontu von Odomi ein Sohn gestorben, ein großer, statt licher, auf der Station wohlbekannter Mann. Bei meiner Rückkehr ließ mir der mehr als 70jährige Vater voller Freude mittheilen, daß zwei des Zaubers verdächtige Männer bereits durch den Gifttod ihre Schuld bewiesen hätten. Ein sehr böser Fall ereignete sich in Ketschenki wo des alten Anyangarula Pferd einen Knaben durch einen Hufschlag tödtete. Die Haare und Nägel des Todten, auf einer Bahre durch das Dorf getragen, wiesen auf vier Dors- leute, die den Knaben durch Zauber veranlaßt hätten, sich auf das Pferd zu setzen, welches ihn abgeworfen. Zum Glück war dieses Mal die Gistprobe ohne tödtlichen Ausgang ver- laufen. Ich konnte nur noch die Entfernung des wilden Thieres aus dem Dorfe veranlassen. — Auf den Tod eines Mannes in Konkoa mußte letzthin wieder ein Bewohner desselben Dorfes in Ketschenki Nkassa trinken. Als der