137 Ich bin mir bewußt, daß die in vorliegender Denkschrift entwickelten Ideen, die mir zur Zeit eine ausführlichere Darstellung nicht ge- statten, aber doch auch in dieser Gestalt vielleicht eine Vorstellung von dem zu geben im Stande sind, was die Zukunft Kamerunus ist und was dafür nothwendig zu geschehen hat, wohl ge- eignet sind, unser gesammtes an Maonschen und Mitteln versügbares Material in vollsten Anspruch zu nehmen. Die Eingeborenen zur Plantagenwirthschaft zu bringen, ist eine Ausgabe, die so viel Arbeit und Mühe, so viel Geduld und Ruhe erfordert, daß sie, bis zum Erfolg durchgeführt, die ganze Krast und Energie eines Mannes auf eine Reihe von Jahren hinaus in Anspruch nehmen wird. Die pekuniären Mittel sind im Verhälmiß dazu gering zu nennen. Denn ich halte eine jährliche Ausgabe von etwa 50 000 Mk. zur Bezahlung der Plantagen- Inspektoren, zur Anlage von Pflanzschulen, zur Vertheilung von Prämien endlich für hin- reichend, sofern diese Ausgabe auf 6 bis 8 Jahre in dieser Weise als stehend angenommen werden kann. Diese Summe dürfte sich aber um so leichter im Schutzgebiete von Kamerun heraus- wirthschaften oder vielmehr sparen lassen, als sich daselbst die großen Unkosten für eine stehende Schutztruppe, ich sehe von etwa 50 Mann Küstengendarmerie ab, sehr wohl vermeiden lassen, denn die für uns in cinem Radius von etwa 200 km um das Kamernn- Becken herum zunächst in Betracht lommende eingeborene Bevölkerung ist, sofern ihr die richtige Vorstellung von dem beigebracht wird, was wir wollen, so leicht zu leiten, daß der Gedanke an eine militärische Besetzung dieses Theiles, denn das besorgt doch schließlich die Schutztruppe, durchaus abzulehnen ist. Einige ungeberdige Häuptlinge direkt an der Küste, von denen es übrigens noch nicht hinreichend seststeht, ob sie dem „eigenen Triebe“ ge- horchen, werden durch gelegentliche Exekutionen seitens der Bali-Truppen sehr bald zur Ver- nunft gebracht werden; das kann übrigens schon eine gelegentlich durchfegende Expedition besorgen. Angreifer werden die Waldland- stämme niemals werden; ist aber eine größere Exekution trotzdem nöthig, nun dann haben wir in derselben Zeit hinreichend Balis in diesen Gegenden, wie etwa Soldaten in Ost- afrila, wo doch erst eine Zusammenziehung der räumlich weit auseinander liegenden Schuß- truppentheile nothwendig ist. Aber ich glaube zuversichtlich und die bis zur heutigen Stunde gemachten Erfahrungen bei den Balis bestätigen mich darin, daß man die Neger eher durch eine verständig ge- leitete Interessenpolitik zu seinem Vor- theile beherrscht, als durch vorschnell an- gewandte Gewalt, denn jene zieht an, diese schreckt ab. Darum möge es bald gefallen, jene Wege zu beschreilen, welche unter Innehalten der der zur Zeit für die Kamerun-Kolonie ver- sügbaren Mittel es ermöglichen, dieselbe nach einer absehbaren Reihe von Jahren, wenn die Handelsära mit ihren Erträgnissen dahin ist, durch die neue Aera der durch Eingeborene betriebenen Plantagenwirthschaft als ein Vor- bild für andere Kolonien hinzustellen. Dieses ist nur möglich, wenn wir im Lande selbst Fuß fassen, wenn die Schwarzen für uns den Boden umbrechen. Afrika den Afrikanern, die Afrikaner für uns! Das sei das künftige Zauberwort. von den Missionen in den Schutzgebieten.") 1. Ostafrika. Die Expedition der Brüdergemeinde nach den Ländern nördlich des Nyassa-Sees hat ihr Reiseziel erreich. Am 7. Juli v. J. landete sie in Kararamnka, und wurde alsbald in dem Gebicte des Häuptlings Makapalile, wo die Missionare freundliches Entgegenkommen fanden, in dem Orte Rungwe, wenige Meilen nord- westlich von Kararamuka, mit dem Bau einer Station begonnen. Auf der Reise ist leider einer der Brüder, Martin, dem Fieber erlegen. Auch die Expedition unter dem Super- intendenten Merensly (Verlin 1) wird in- zwischen an den Zielpunkt ihrer Reise gelangt sein. Auf ihrem Wege durch portugiesisches Gebiet wurden die Missionare von Seiten der dortigen Beamten bereitwilligst unterstützt. Insbesondere hatie der portugiesische Gouver= neur auf Veranlassung des deutschen Konsulats- verwesers in Quelimane den Regierungsdampfer „Cherim“" zur Verfügung gestellt, als der Dampfer „James Stevenson“ der „Alrican Lakes Com- pany“ zur Weiterreise von Vincente nicht recht zeitig bereitgeslellt war. In der Folge benutzte man aber dennoch letzteren Dampfer für die am 30. Juni augetretene Fahrl auf dem Sambesi und Schire, weil dieses Schiff bessere Ein- richtungen für die am Fieber erkrankten Passa- *) Nach den legten bekannt gewordenen Nach- richten; vergl. D. Kol. Bl. 1891 S. 483.