— 475 — Missionsthätigkeit in den Deutschen Schutzgebieten. 3. Südwestafrika. Seitens der Rheinischen Missions-= gesellschaft haben infolge der Kämpfe zwischen Namas und Hereros zwei Nama-Stationen (Gibeon und Hoachanas) aufgegeben werden müssen. Dagegen macht die Mission auf den drei südlichen und den beiden am Rande der Kalihari gelegenen Stationen erfrenlicherweise ruhige und sichibare Fortschritte. In Riet- fontain, wo die Jahreskonferenz stattfand, konnte eine neuc stattliche Kirche geweiht wer- den. Die Gesammtzahl der getauften Christen auf den neun zur Nama-Konserenz gehörenden Stationen beträgt 5046. Die Stalionen im Hererolande haben im letzten Jahre unter einer Heuschreckenplage und großer Trockenheit zu leiden gehabt. Dazu brachen die Pocken im Lande aus; es sind jedoch sofort energische und wirksame Mittel ergriffen, um die Wiedereinschleppung dieser Seuche für die Zukunft zu verhindern. Die Mission ver- fügt im Hererolande über acht Stationen, nach- dem zwei ältere Stationen, Otyozondjupa und Okambahe, neu besetzt und einc dritte, Franz- sontain im Otambolande, neu angelegt worden sind. Die Gesammtzahl der getauften Christen im Hererolande beträgt 2499. Der belannte Missionar der Nheinischen Missionsgesellschaft, Rautanen, welcher eine Zeit lang nach Deutschland beurlaubt war, ist im Juni von Hamburg mit dem von dort nach der Walfischbai abgelassenen Dampfer „Agnes“ nach Südwestasrila abgereist und befindet sich dort bereits wieder in voller Thätigkeit. Sehr erfreulich ist die Nachricht, daß die Rheinische Missionsgesellschaft im vorigen Jahre auch die Ovambo-Mission kräftig in die Hand genommen hat. Unter dem Stamme der Orakuanjama ist die Missionsstation Ond- gira mit Beihülfe der Missionare der finni- schen Mission gegründet worden. Diese Unter- stützung war umso wirksamer, als die letzt- genannte Missionsgesellschaft seit mehr als 20 Jahren im äußersten Norden des deutschen Schutggebietes von Südwestasrika im Ombolande arbeitet und dort vier blühende Stationen in Onipa, Omulonga, Omandongo und Olukonda besihzt. Ueber den Dienst in der Naiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Gflafrika entnehmen wir den Mittheilungen eines unlängst in Ostafrika eingetrosfsenen Osffiziers solgende Angaben: Der Dienst macht mir ungemeines Ver- gnügen, ist aber natürlich anstrengender wie zu Haus, da man dem einzelnen Manne die Uebungen mittelst Zeichensprache beibringen muß. Wenn ich auch in Uleia schon eine Menge Vokabeln und Grammatik gelernt habe, gerade das, was ich zum Dienst brauche, hat in meinen Lehrbüchern nicht gestanden. Außer- dem sind eine Anzahl Leute dabei, die gar nicht Kisnaheli verstehen. Täglich übersetze ich ein Stückchen vom Exerzierreglement ins Kisna- heli, immer etwa die Erllärung eines Griffes, gehe mein Opus dann mit meinem Feldwebel, der fließend, wenn auch nicht grammatikalisch richtig, spricht, durch und belehre dann die Unteroffiziere und Gefreiten. Es ist spaßig zu sehen, welches Vergnügen den Leuten diese Instruktion macht, bei der ich den Zettel in der Hand halte, um ab und zu meinem Ge- dächtniß aufhelfen zu können. Kommt gar mal ein ihnen nicht geläufiger Ausdruck vor — die Leute sprechen selber nicht richtig, sondern nach besonderen Gewohnheiten —, so verbessern sie mich voller Eiser. Zum Beispiel heißt nach meinen Lehrbüchern „rechte Hand“ „mkono wamkuunme“. Das verstand kein Mensch. Als ich nun meine Hand vorzeigte und erklärte, das wäre „mkono wamkuume“, schricen sie alle voll Entzücken „mkono mkula“, d. h. „die Hand, mit der man ißt“. Heute Nachmittag wurde ich durch die Nachricht ausgeschreckt, die Sulu der zweiten Kompagnie wären im hellen Ausstande, ständen mit aufgepflanztem Seitengewehr im Kasernen- hofe und hätten ein Paar Soldaten halbtodtl geschlagen. Ich machte natürlich, daß ich nach der Kaserne kam, und fand tiessten Frieden vor. Die Sulu waren, als ich sie antreten ließ, nüchtern und vernünftig, und der ganze furcht- bare Aufstand erwies sich als eine Privat- prügelei, bei der etwas Blut geflossen war. So, sagte ich mir, entstehen in Afrika die Gerüchte. Nach den neuesten Meldungen aus Bukoba sind die Verhältnisse am Sce im Allgemeinen friedlich. Der Handel ist ein ziemlich reger, da die Straßen von Uganda nach Mombassa gesperrt sind. Von Emin waren am 16. Juni noch keinerlei Nachrichten in Bukoba einge- troffen.