— 92 allgemeine Bestürzung hervor. Die Betroffenen er- gaben sich, so sehr man ihnen die Angst über das ihrer wartende Loos ansehen konnte, gefaßt in ihr Schicksal, Puli, welcher mit einer Mütze bedeckt und mit einer Schnürjacke bekleidet war, entledigte sich beider, um auf alle Fälle diese Werthstücke seinen Angehörigen zu erhalten. Die Weiber schleppten eine Menge Tauschobjekte heran: Schildpattschmuck, Matten, aufgereihte Muscheln (wohl die Stelle des Geldes vertretend) u. s. w. und hatten offenbar kein Verständniß dafür, daß das Verhalten der Verhafteten nicht durch solche Werth- objekte sollte gesühnt werden können und diese zurück- gewiesen wurden. Bei unserem Fortgang spielten sich geradezu er- greifende Scenen ab: Zwei erwachsene Söhne der Verhafteten erklärten, sich nicht von ihren Bätern trennen zu wollen; ihnen wurde erlaubt, denselben in die Gefangenschaft zu folgen. Ils wir die Boote sertig machten, erhoben die Männer und Weiber, welche uns jammernd gefolgt waren, ein fürchterliches Klagegeschrei und geberdeten sich wie Verzweifelnde. Sie folgten den Booten ins seichte Wasser, Weiber sah man sich mit lautem Klagegeschrei in den Meeressand wersen, Männer mußten von den Polizeisoldaten von den Booten, an welche sie sich fest geklammert hatten, mit Gewalt entfernt werden. Wir waren froh, als wir aus dem Bereich solchen Jammers hinausgelangt waren. Die Rück- kunft zum „Bussard“ erfolgte so früh, daß er noch am Spätnachmittage die Tasmanlagune verlassen und bereits am Vormittage des 7. Mai, etwa 9 Uhr, nahe der Insel Ebolo (Südseite der Lord Howe- gruppe) ankern konnte. Hier harrten schon mehrere Kanus unserer An- kunft, deren Insassen alsbald einen lebhaften Handel mit Hühnern, Muscheln, Matten u. s. w. eröffneten. Unter denselben sesselte eine eigenthümliche Erscheinung unsere Aufmerksamkeit, es war dies ein Albino, dessen ganzer Körper eine ganz weiße Hautfarbe zeigte. In der Folge ruderte ein europäisches Boot heran, dessen Führer, GabEe mit Namen, sich als Bruder des Königs Uila vorstellte und in dessen Namen um unseren Besuch bat. Diesem Verlangen entsprechend, machte ich mich — der Kanzler und der Schiffsarzt waren im meiner Be- gleitung — in der Dampfbarkasse nach Leuenenwa auf den Weg, wo wir nach 1½ stündiger Fahrt an demselben Platze aulegten, auf welchem im Herbst 1889 S. M. Krenzerkorvette „Alexandrine“ die deutsche Flagge gehißt und zum dauernden Zeichen der Besitznahme einen schwarz-weiß-roth gestrichenen Pfahl mit Aufschrift errichtet hatte. Der King Uila empfing uns und gab seiner Freude über unsere Ankunft Ausdruck. Eingezogene Erkundigungen ergaben, daß noch vor nicht langer Zeit ein australischer Kapitän in der Gruppe gewesen war und Kopra ausgekauft und ohne Zollentrichtung aus dem Schutzgebiet ausgeführt hatte. Er hatte, um sich dem Uila recht gefällig zu erweisen, demselben ein enropäisches Boot an Zahlungsstatt gegeben. Ich überzeugte mich zuvörderst, daß Uila die ihm seiner Zeit vom Kommandanten der „Alexandrine“ ausgehändigte Urkunde in guter Verwahrung gehalten hatte. Ich belehrte ihn sodann über die Bedeutung der Zugehörigkeit der Inselgruppe zum Deutschen Schutgebiet, die in Herbertshöh bestehende, in der Person des anwesenden Kanzlers verkörperte Obrig- keit und schilderte ihm die Unrechtmäßigkeit des Ver- haltens der australischen Kapitäne und die Unzu- lässigkeit der Abgabe von Produkten an diese Leute. Uila versprach, in Zukunft den Tauschverkehr mit denselben gänzlich meiden und nur noch an die Firma Forsayht liefern zu wollen. Die Verständigung mit den Eingebornen, von welchen allerdings manche des pigeon- Englisch kundig waren, besorgte ein Mann Namens Barry Charly gut, welcher, von Haus aus intelligent, sieben Jahre im Dienst der Firma Forsayht gestanden hatte und dieserhalb als Dolmetscher sehr brauchbar war. Dieser wurde demnächst von Uila, welcher über die Mitnahme der vier Tasmaninsulaner beunruhigt war und über deren Schicksal wie die Einrichlungen in Herbertshöh informirt sein wollte, nach dorthin mitgesandt. Ich nahm ihn gern mit, da er bei der Behandlung der Gefangenen von erheblichem Nutzen sein konnte. Bevor der Aufbruch erfolgte, gruppirten sich alle Anwesenden auf dem Platze der Flaggenhissung zu einer vom Kanzler Geißler ausgeführten photo- graphischen Aufnahme. Nachdem Geschenke, an die Männer vornehmlich Tabak, an die Weiber Perlen, an einige angesehene Personen bedruckte Stoffe, vertheilt und hinwiederum als Gegengeschenke Kokosnüsse, Hühner, Muscheln in Empfang genommen waren, machten wir uns auf den Rückweg. Auf demselben besuchten wir die Jnsel Ebolo, auf welcher der im Herbst 1889 verstor- bene erste Offizier S. M. Schiff „Alexandrine“, Kapitänlieutenant Paleske, begraben liegt. Der Kapitän Staliv der Firma Forsayht hatte bei seinen öfteren Besuchen der Gruppe für die Instandhaltung des Grabes Sorge getragen und zwei Leute angestellt, welchen er die Pflege des Plahes anvertraut hatte. Mit Befriedigung konnten wir wahrnehmen, daß die Grabstätte, so einfach sie gehalten war, in bester Ordnung und Sauberkeit sich befand; zur Zier hatte man Kokospalmen auf sie gepflanzt. Ich belohnte die betreffenden beiden Eingeborenen reichlich und ermahnte sie, in derselben Weise auch in der Zukunft das Grab in Ordnung zu halten. Alsbald nach unserer Rückkehr an Bord lichtete der „Bussard“ den Anker und trat die Räückfahrt nach Herbertshöh an.