— 454 Sunda sei stark genug, um sich selbst zu schützen, und brauche nicht die Vormundschaft Mereres. Leßterer versuchte, den abtrünnigen Souverän zu bestrafen, und erklärte Krieg, konnte aber trotz wiederholter Einfälle in Sundas Gebiet die starke Boma des Feindes nicht zwingen. Sunda rächte sich seinerseits für die Einfälle Mereres an arabischen Karawanen, die all- jährlich von Utengule kommend auf dem Wege nach Nuemba sein Gebiet passirten, durch unverschämten Hongo und sonstige Erpressungen, so daß dieselben die Straße aufgaben und einen Umweg über Kivinda einschlugen. Sunda soll ferner mit den Wahehe in Verbindung getreten sein und diese mit Nachrichten versehen. Mochten diese Meldungen zum Theil auch übertrieben sein, so schien es mir doch rathsam, dem Vorschlag stattzugeben, da die Wanika wegen ihrer vielfachen Straßenräubereien und Dreistigkeit gegen kleinere Karawanen allgemein verhaßt sind, und die Züchtigung cines ihrer mächtigsten Häuptlinge den anderen eine warnende Lehre sein würde. Auch wurde ich durch die gemeinsame Aktion mit Merere in die Lage versetzt, die Verwendbarkeit der Wasongo- krieger für unsere Unternehmung aus eigener An- schauung zu beurtheilen. Ich sandte daher am 24. Mai Eilboten nach Muenso, um Euer Hochwohlgeboren über die Verhältnisse zu unterrichten und im Falle des Einverständnisses um Verstärkung (Geschütz und Sudanesenzug) zu bitten. Den Bescheid erbat ich mir nach Sunda. Ich selbst marschirte erst am 28. Mai, nachdem mir Merere etwa 500 Krieger unter Führung seines zweitältesten Sohnes übergeben hatte, von Utengule ab; ferner schloß sich mir der Jemadar an, um Euer Hochwohlgeboren persönlich seinen Salaam und Geschenke zu überbringen. Am 29. Mai traf ich vor Sunda ein. Die Eingeborenen standen in vollem Wasfenschmuck vor der Boma und gaben durch wildes Geschrei und Kriegstänze uns zu verstehen, daß sie zum Kriege bereit seien. Meine Versuche, mit Sunda friedlich zu verhandeln, mußte ich bald aufgeben, da die Wanika im Vertrauen auf ihre Boma und angesichts meiner schwachen Truppe (die 500 Wasango machten auf sie wenig Eindruck, da dieselben schon in zehnfacher Zahl unverrichteter Dinge hatten abziehen müssen; ich selbst hatte nur 10 Mann) meine Forderung dreist zurückwiesen, ja sogar sich erfrechten, mir den Eintritt in die Boma zu verweigern. Ich bezog vor Sunda befestigtes Lager, enthielt mich jedoch jeglicher sonstigen Maß- nahmen, auf die Entscheidung Euer Hochwohl- geboren wartend; vom Feinde blieb ich, abgesehen von einigen erfolglosen Schüssen aus der Boma, im Lager unbehelligt. Am 3. Juni cr. traf endlich die erbetene Verstärkung (30 Sudauesen) von Muenso ein; — das Geschütz hatte wegen Trägermangels nicht mitgesandt werden können — und beschloß ich sofort den Angriff auf die Boma. Ich ließ nach kurzem Salvenfeuer die Truppe mit aufgepflanztem Seitengewehr gegen die mir am schwächsten scheinende Stelle der Boma mit Hurrah vorgehen. Die Leute sprangen in den Graben hinab und verschwanden in demselben bis an den Gürtel in der sumpfigen Sohle versinkend. Nur mit gegenseitiger Hülfe konnten sie die steile, glatte Eskarpe erklimmen. Die Arbeit mit der Axt an der Pallisade und gleichzeitiges Durch- feuern durch dieselbe war fast unmöglich, da die Leute immer wieder in den Graben zurücksanken. Ein Sudanese pflanzte die Fahne auf die Pallisade, wurde durch die Brust geschossen und fiel todt zurück. Andere erhielten Speerstiche durch Pallisadenlücken und Schüsse; ein Unteroffizier wurde durch einc über ihn gegossene heiße Flüssigkeit gräßlich entstellt. Die Pallisaden spotteten der mbequemen Arbeit mit der Axt, und die Leute blieben, endlich vollständig erschöpft und viele verwundet, in der Sohle des Grabens, der nicht bestrichen werden konnte. Die Wasango stockten und wandten sich rückwärts. Ich sah ein, daß ich mit meinen wenigen Leuten auf diese Weise die Boma nicht zwingen würde, und blies zum Rückzug. Meine Leute holten die in der Pallisade exponirte Flagge und schafften trotz des Feuers Todte und Verwundete mit sich, so daß es geradezu ein Wunder war, daß ich nicht mehr Ver- luste erlitt. Es war 1 Sndanese gefallen, 6 Mann verwundet. Ich sandte noch gleichen Tages Bericht an Euer Hochwohlgeboren, um Geschütze und Verstärkung bittend. Am 5. Juni cr. traf Fuchs mit weiteren 20 Mann, dem 3,7 cm Geschütz und dem Maxim ein. Nach Besprechung der Sachlage und Empfang- nahme Euer Hochwohlgeboren Weisungen für den zweiten Angriff beschloß ich denselben noch am gleichen Tage, nachdem die Truppe sich ausgeruht hatte. Da ich annahm, daß der Feind durch die Wir- kung von 20 Granaten und Salven erschüttert und entmuthigt sei, und meine Truppe um das Doppelte verstärkt war, so beschloß ich einen abermaligen An- lauf an ciner anderen Stelle, wo mir die Pallisaden schadhaft schienen. Während eines von Fuchs ge- führten Scheinangriffs von der rechten Flanke ließ ich die Sudanesen und Gomorenabtheilung den Sturm auf die Ostfront der Boma ausführen. In vor- züglicher Haltung drang die Sturmabtheilung an die Boma, den vorliegenden Graben ohne Verluste nehmend, kounnte jedoch wegen verdeckt liegender Dornen und giftigem Kaktusdickicht abermals nicht durchdringen. Die Truppe unterhielt von hier ein lebhastes Feuer durch die Pallisaden in das Dorf hinein, seitwärts vom Feuer des Feindes flankirt. Das Maxim versagte den Dienst, da es auf zu weichem Boden stand und nicht genügend Rückstoß änßern konnte. Unterdessen hatte Fuchs die Ab- theilung des Scheinangriffs bis auf 100 m an die Boma herangeführt; auf meine Aufrage, ob er glaube, aus seinem Scheinangriff an dieser Seite mit Erfolg zum Sturm vorgehen zu können, erhielt ich ver- neinende Antwort. Die Sturmabtheilung sandte Meldung, daß die Patronen nahezu verbraucht. Zur Neuausgabe von Patronen war, da der Abend herein-