Zuwei Expeditionen waren im Berichtsjahre behufs Erforschung des Hinterlandes unseres Schutzgebietes thätig. Die Nordexpedition unter Leitung des Dr. Zintgraff und die Südexpedition unter der Führung des Premierlieutenants v. Stetten. Während die Erstere über das Baliland hinaus nicht vorzudringen vermochte und deshalb zurück- gezogen wurde, hat die Letztere ihren Marsch über Edea, Balinga und Ngila in das Innere angetreten. Wenn Muth und Entschlossenheit des Leiters für das Schicksal einer Expedition entscheidend sind, sind der v. Stetten schen Expedition die erhofften Erfolge gewiß.*) Die Polizeitruppe hat sich aus den Be- ständen der aufgelösten Zintgraffschen Expedition nicht unerheblich verstärkt und das Ansehen der Regierung auch in den entfernteren Gegenden des Schutzgebietes erhöht. Sie war berufen, im Be- richtsjahre zwei Aufstäude niederzuwerfen, bei welchen es sich um Durchbrechung des von Eingeborenen mit rücksichtslosester Schroffheit durchgeführten Systems der Handelssperre und des von ihnen in starrköpfiger Weise beanspruchten Zwischenhandels- monopols handelte. Im Oktober v. Is. rückte die Polizeitruppe gegen die rebellischen Bakoko am mittleren Sannaga aus. Die Aufrührer wurden in zwölftägigem Kampfe niedergeworfen, ihr Hab und Gut vernichtet. Ein gleiches Schicksal traf im Süd- bezirke den sich offen gegen das Gouvernement auf- lehnenden Mabeavolksstamm, welchem binnen 17 Tagen so herbe Verluste beigebracht wurden, daß die Em- . pörer ihre Unterwerfung auf Gnade und Ungnade anboten. Der Haupträdelsführer, Häuptling Benga, wurde dem Tode durch den Strang überantwortet. Der seit Ende November 1891 feindliche Stamm der Buealeute hat im Berichtsjahre vom Gouverne- ment den Frieden erbeten und erhalten. Zur Sicherung der Südgrenze unseres Schubgebietes und seines östlich belegenen Hinterlandes hat sich ein, Unternehmen gebildet, welches zugleich die wirth- schaftliche Ausnutzung dieser Länder anzubahnen berufen ist. Die Nordgrenze des Schuhgebietes ist s *) Rach den inzwischen hier eingetrossenen telegra- phischen Nachrichten hat die Expedition v. Stetten die Landschaft Tikar und demnächst das Gebiet von Ngaundere durchzogen, ist von Yola den Benuß und Niger hinab- gefahren und Ende August in Akassa angelangt. 18 insoweit klargestellt worden, als das praktische Be- dürfniß im Interesse der Zollkontrole zunächst ver- langte. Durch Errichtung eines Hospitals unter der Leitung eines bewährten Arztes und der Assistenz opferfreudiger Schwestern und der Gründung eines allen Erfordernissen der Neuzeit genügenden Labo- ratoriums ist für die Hebung der sanitären Ver- hältnisse Kameruns gerade in letzter Zeit viel gethan. Wenn auf dem in dieser Hinsicht einmal betretenen Wege mit Energie weiter geschritten wird, dann werden die guten Früchte dieses Wirkens hier so wenig ausbleiben wie in so mancher alten englischen oder holländischen Tropenkolonie, welche ungesund war und jetzt gesund ist. Wenn die Gesundheits- verhältnisse auch im Berichtsjahre noch Vieles zu wünschen übrig gelassen haben, so liegt unzweifelhaft eine der Hauptursachen dafür in der Menge von äußeren Schwierigkeiten, welche sich bisher immer noch der Ausführung des seit lange erörterten Planes entgegenstellten, die Kolonie mit einer Gesundheits- station zu versehen. Wird der Beamte und Kauf- mann erst in die Möglichkeit versetzt sein, eine be- stimmie Zeit im Jahre in einem nahe gelegenen gesunden Ort zur Sammlung neuer Kräfte zu ver- weilen, dann wird unzweifelhaft eine wirkliche nach- weisbare und namhafte Besserung der Gesundheits- statistik die unmittelbare Folge sein, und in jedem Falle wird alsdann Kamerun zu den in sanitärer Hinsicht best ausgestatteten Kolonien der afrikanischen Weslküste gezählt werden dürfen. Die gnädigste Kritik über die Entwickelung der Kolonie hat ihr Kaiserlicher Schußzherr selbst aus- zuüben geruht, indem das an Allerhöchstdenselben bei Gelegenheit des Kabelanschlusses Kameruns an das bestehende Telegraphenneb abgesandte Huldi- gungstelegramm folgendermaßen erwidert wurde: „Ich danke der Kolonie für den telegraphischen Ausdruck ihrer Huldigung und begrüße die Kabel- verbindung als erfreuliches Zeichen des Auf- blühens Unseres Schutgebietes." Wilhelm I. R. Berlin, den 22. Februar 1893. Der slellvertretende Gouverneur. Leist. rauo— Druck und Verlag der Königl. Hofbuchhandlung und Hoibuchdruckerei von E. S. Miltler & Sohn. Berlin SW/19, Kochstr. 68—70.