und die dort gebräuchliche Speerform habe ich auch hier häufig gefunden. Als Schmuck, also auch als Tauscharkikel, werden hier außer Zeug besonders große, grüne, flache Perlen und Eisendraht gern genommen. Bezüglich der Nationalität der Waruri bemerke ich noch, daß ihre Sprache von der in Usukuma und Ukerewe gesprochenen grundverschieden ist, dagegen mit der Massai= und Wagaiasprache einige Aehnlichleit haben soll. - Der dritte für unseren Theil der Küste in Be- tracht kommende Volksstamm sind die Wagaia, deren Lauptmocht allerdings noch im englischen Gebiet, in avirondo liegt. Seit etwa einem Menschenalter sind die Wagaia in langsamem Vordringen nach Süden begriffen. Der nördlichste Theil unseres Gebietes, die auf beiden Seiten des Gori gelegene Londschaft Bugu, hat eine reine Wagaiabevölkerung; außerdem befinden sich in Sehirati, Uthiri und Irieni Wagaianiederlassungen, die Staaten im Staat bilden und die eigentliche Bevölkerung allmählich unterjochen, soweit sich ihnen diese nicht assimiliren, ihre Sitten und Gewohnheiten annehmen, und sich mit ihnen schließlich verschmelzen. Außer diesen Zügen zum Zweck fester Niederlassungen unternehmen die Wagaia seit langen Jahren Raub= und Plünderungszüge in die südlichen Gebiete, und haben sie es verstanden, eine derartige Furcht zu verbreiten, daß Niemand ihnen zu widerstehen wagt. Die sämmtlichen der Küste vorgelagerten Inseln, bis auf eine, Irigwa, sind durch sie allmählich entwölkert. Die Männer sind ermordet, Weiber und Kinder in die Sklaverei geführt. Nicht minder gefürchtet sind ihre Raubzüge auf dem Festlande. Die Landschaft Uthiri ist jetzt fast enivölkert, der von den Wagaia übrig ge- lassene Rest der Bevölkerung ist fast ganz nach Süden, in Katingas Neich, ausgewandert. — Die lette Aus- wanderung kann erst vor Kurzem stattgefunden haben. Auf den Feldern stand noch das Getreide, und die verlassenen, auf schier unzugänglichen Felsgipfeln ge- bauten Hütten woren in gutem Zustand. — Häufig bedienen sich auch unklugerweise die Waruri dieser faohrenden Räuberschaaren als Söldner in ihren ewigen kleinen Fehden untereinander; die Keiserliche Station Muanza hat seinerzeit durch eine kleine Abtheilung Sudanesen den Sultan Kulinga gegen diese Näuber zu schüten versucht. Dies ist auch durch die Tapferkeit der Sudanesen vorübergehend gelungen, doch mußte bei der großen Entfernung und der geringen Truppenzahl diese Abtheilung später zurückgezogen werden, und war die Lage Kulingas jetzt schlimmer als zuvor. Noch wenige Tage bevor ich zu Kulinga kam, war eine Näuberbande von nur zehn Wagaia am hellen Tage ins Land eingebrochen, hatte die Männer erschlagen, Weiber und Kinder von der Feldarbeit mit sich fortgeschleppt. Die wassenfähige Bevölkerung der ziemlich stark bevölkerten Landschaft war nicht im Stande gewesen, den Räubern ihre Beute zu entreißen, und zogen sich diese in ihre 519 auf der Grenze zwischen Kulingas und Rufumbos Reich gelegene, für Eingeborene uneinnehmbare Felsen- burg zurück. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn nicht von außen Hülfe kommt, in wenig Jahren die Ostküste in die Hände der Wagaia ge- rathen wird. Schon haben die Wagaia-Söldner, die von den Bewohnern Irienis gegen ihren südlichen Nachbar Kulinga zu Hülfe gerufen, sich faktisch zu Herren des Landes gemacht, und vergeblich suchen die Wairieni die Geister, die sie riefen, wieder los zu werden. Selbständig geblicben sind nur noch die Gebiete Kulingas und Rufumbos, doch leider herrscht zwischen beiden schon lange Jahre heftige Fehde. Die das Land vernichtenden und später selbst okkupirenden Näuberschaaren der Wagaia kommen übrigens nicht aus den im deutschen Theil liegenden Wagaiastaaten. Dieselben sollen vielmehr weiter nördlich aus dem englischen Gebiete, namentlich aus Goschi, stammen. Die Bewohner des zu beiden Seiten des Gori liegenden Wagaiastaates Mbugn oder Udemi (wohl die frühere Kiruribezeichnung) haben auf mich den Eindruck eines trotigen, kriege- rischen Stammes gemacht, der einer Unterwerfung zähen Widerstand entgegenseßen würde und sich zu Leistungen, wie Stellung von Arbeitern und Zahlung von Abgaben, wohl freiwillig nie verstehen würde. Bei ihrer Liebe zum Schmuck und der unverhältniß- mäßig hohen Stufe von Intelligenz, auf der sie stehen, dürfte jedoch die Anbahnung eines friedlichen Handelsverkehrs mit denselben nicht zu schwierig sein. Die Märnner zeichnen sich durch eine hohe, schlanke Gestalt und regelmäßige, häufig hübsche Ge- sichtssüge aus. Die Weiber sind auffallend klein und zierlich gebaut. Sie gelten als hübsch. Be- kleidet ist das männliche Geschlecht mit Ziegenfellen, das weibliche gar nicht. Es ist dies der einzige mir bekannte Fall, wo die Weiber vollständig nackt gehen. Der Kriegsschmuck der Männer macht einen außer- ordentlich wilden und martialischen Eindruck. Den Kopf bedeckt ein riesiger Busch schwarzer Hahnen- federn oder eine 1 ½8 Fuß hohe Fellmütze, die an die Bärenmütze der alten Napoleonischen Garde er- innert. Ueber den Nacken hängt ein dicker Wulst Hahnenfedern bis zu den Beinen herab. Uebers Gesicht sind von Ohr zu Ohr weiße Perlenschnüre gezogen. Die Stirn umspannt ein dünner Leder- riemen, an dem alle möglichen Amulets, Zähne, Perlen, Holzstückchen, Federn, Schellen u. s. w. befesligt sind. Von den Ohren ragen weit nach vorn große Wildschweinszähne oder Hörner, durch deren Spiten auch wieder Federn gesleckt sind. Den Hals schmücken zahlreiche Perlenketten oder mit Kaurimuscheln be- sebte Lederstreitfen. An Armen und Beinen werden Spangen von blankem Eisen, seltener Kupfer oder Messing, getragen. Ein wirklicher Schmuck auch nach unseren Begrissen sind die an den Unterarmen ge- tragenen riesigen Manschetten aus spiralförmig ge- rolltem dicken Eisendraht.