— 567 der Wahehe und Mafiti, die an Arabern und Be- ludschen immer bereite Abnehmer für die Menschen- waare finden. Häufig entsteht die Sklaverei auch erst an der Küste dadurch, daß Kinder, welche zu den aus dem Innern gekommenen Karawanen ge- hören, unter der Vorspiegelung, daß sie sich durch eine kleine Arbeit auf dem Felde ekwas Geld ver- dienen sollen, von dem Lager fortgelockt und von einem Dorse der Nachbarschaft aus in einem Aus- legerboote verschifft und als Sklaven verkauft werden. Auch der Selbstverkauf und der Verkauf durch Ver- wandte ist eine Entstehungsart der Sklaverei, die recht deutlich vor Augen führt, wie wenig Schreck- haftes die Sklaverei für den Eingeborenen hat. Der Selbstverkauf wird mikunter geradezu gewerbsmäßig betrieben, indem ein Eingeborener, nachdem er das für den Verkauf erlöste Geld verjubelt hat, bei gün- stiger Gelegenheit ausreißt, um das Geschäft von Neuem zu beginnen. Der Verkauf durch Verwandte findet nur aus Noth statt. So ist es in ziemlich grossem Umfange vor etwa 12 bis 14 Jahren ge- schehen, als infolge völliger Mißernte große Hungersnoth im Lande herrschte. In diesem Falle herrscht die Gewohnheit, daß der Käufer verpflichtet ist, den Sklaven gegen Ersatz des Kaufpreises jederzeit an seine Verwandten zurückzugeben, so daß das Geschäft mehr als eine Verpfändung für ein Darlehn, bei welchem die Dienste des Sklaven die Zinsen dar- stellen, erscheint. 12. Verschiedene Formen der Sklaverei kommen nicht vor. 13. Das Gonvernement hat sich, wie schon früher berichtet worden ist, auf den Standpunkt gestellt und dies häufig bekannt geben lassen, doß eine Sklaverei überhaupt nicht anerkannt wird, sondern dies Ver- hältniß lediglich nach gleichen Gesichtspunkten wie bei uns das Verhältniß vom Herrn zum Dienstboten betrachtet wird. Vor den Behörden ist daher jeder Sklave Rechtssubjekt. Es werden daher Klagen des Sklaven gegen seinen Herru zugelassen und sind gar nicht selten. Wie sehr diese Auffassung bereils in Fleisch und Blut der Bevölkerung übergegangen ist, geht daraus hervor, daß der Herr ohne Anwendung eines Zwangsmittels vor dem Gerichte erscheint, wenn der Sklave eine Klage gegen ihn vorbringen will. Entsprechend dem Gesichtspunkte des Gesinde- verhältnisses steht dem Herrn auch kein Züchtigungs- recht gegen den Sklaven zu, sondern er muß seine Beschwerde gegen den Sklaven der Behörde vor- tragen, welche, wenn sie begründet ist, eine Strafe verhängt und vollstreckt. Auf diese Weise wird auch der Herr in seinem Rechte geschützt. Auch in vermögensrechtlicher Beziehung ist der Sllave ein Rechtssubjekt. In der Regel erhält der Sklave von seinem Herrn ein Stück Land zu eigener Bewirthschaftung und ist dafür verpflichtet, eine be- stimmte Anzahl von Tagen in der Woche (zwischen drei und fünf Tagen) für den Herrn zu arbeiten. Was er in den anderen für ihn bestimmten Tagen schafft, ist sein Eigenlthum, das er durch sparsames Wirthschaften so vermehren kann, das er sich mit seinen eigenen Mitteln freikaufen kann. 14. Der Herr hat für den Unterhalt und das leibliche Wohl seines Sklaven bis zu dessen Lebens- ende zu sorgen. Dies ist ein so feststehender Grund- satz, daß dagegen nie gesehlt wird. Eine Folge davon ist, wie ebenfalls in früheren Berichten schon ausgeführt worden ist, daß die in festen Händen befindlichen Sklaven in den meisten Fällen gar nicht wünschen, befreit zu werden, da sie dann auf ihrer eigenen Hände Arbeit angewiesen sein würden. In gleicher Weise wie für den Unterhalt des Sklaven hat der Herr auch für die vermögens- rechtlichen Folgen von dessen unerlaubten Handlungen einzustehen, falls der Stlave nicht eigenes Vermögen besitzt, in welchem Falle dieses in erster Linie zur Entschädigung des Verletzten dient. 15. und 16. Diese Fragen sind schon unter der Nummer 13 beantwortet worden. 17. Die Aufhebung des Verhältnisses zwischen Herrn und Sklaven findet statt: a) Durch Freikauf, welcher durch die Verordnung vom 1. September 1891 geregelt ist. b) Durch Entlassung seitens des Herrn. Den Lieblingsstlaven wird nicht selten zur Belohnung die Freiheit gegeben. Sie verbleiben dann aber in der Familiengemeinschaft des Herrn und bilden eine Klientel, ganz ähnlich wie im alten Rom die Libertini. JP) Durch richterlichen Spruch, wenn dem Herrn der Nachweis erbracht wird, daß er den Slklaven geraubt oder wissentlich von Näubern erworben hat, oder wenn er ihn andauernd schlecht behandelt oder ihm den nöthigen Unterhalt versagt. 18. Die Aufhebung der Sklaverei ist zur Zeit nicht durchführbar, da sie zu große wirthschaftliche Nachtheile im Gefolge haben würde. Denn die Bebauung des Landes geschieht vorzugsweise durch Sllaven und würde fast gänzlich unterbleiben, wenn die Sklaven freigelassen würden. Zu einer plößlichen Aufhebung der Sklaverei liegt aber auch kein Bedürfniß vor, da, wir bereits ausgeführt, die Sklaverei hier nue in der allermildesten Form auftritt und die Befreiung von den Sklaven selber nicht ge- wünscht wird. Der Monschlichkeit wird vollauf Rechnung getragen, wenn der Sklavenraub und Verkauf über See mit der Wurzel ausgerottet wird. Dann wird die Sklaverei allmählich von selber aufhören und der Uebergang zur Bewirthschaftung des Landes mit freien Arbeitern kann sich in ruhiger Entwickelung vollziehen. 19. Die Beankwortung dieser Frage ergiebt sich aus dem unter den vorhergehenden Nummern Ge- sagten. ·