Nichtsnutzen streng befolgt wird. Dasselbe gilt für die fünfmaligen Gebete am Tage, denen jedesmal eine Körperreinigung vorausgehen muß. In Oman giebt es nur wenige Minarels, da der Gebetsrufer aus der Thüre der Moschee heraus den Lockruf zum Gebete erschallen läßt. Infolge dessen fehlt auch die sonst im Orient übliche Illumination der Minarets. In der Stadt deutete nichts auf das Fest; Alles ging seinen ge- wöhnlichen Gang. Des Abends feierten wir den Geburtstag meines liebenswürdigen Gastfreundes. Nach Tische wurde musizirt. Mrs. Maguire spielte Harse und Klavier und versügte außerdem über eine gute Stimme. Ihr Gemahl sang Bariton. Ich ging befriedigt zu Belt, um am anderen Morgen dem Sultan meine Aufwartung zu machen. Der Palast ist zweistöckig, ohne Gitterwerk und sehr ärmlich ausgestattet. An der eisenbeschlagenen Thüre stand ein Neger, der das Entree in klingendem „Backschisch, verlangte. Man führte mich durch den Hofraum zu einer hölzernen Treppe in den ersten Stock und von hier aus in ein langes schmuck- loses, dem Meere parallel liegendes Audienzzimmer. Ungefähr 40 Wiener Stühle standen an je einer Langseite. Der Fußboden bestand aus schachbrett- artig zusammengelegten schwarz und weißen Marmor- fliesen. Die Wände waren weiß getüncht und jeg- lichen Schmuckes bar. Diese Einfachheit überraschte mich nicht. Von der viel besungenen Pracht des Orients weiß der richtige Araber nichts. Das Nomadenthum sitt selbst dem Städter noch im Blute. Schmuck und dergleichen betrachtet er als unmänn- lich und überläßt dieses seinen Frauen. Verbietet ihm doch die ibadytische Doktrin sogar das Tragen von Gold und Seide. Die Verhältmisse, unter denen er lebt, sind eben noch ziemlich dieselben wie zur Zeit des Propheten, und die Bodenbeschaffenheit macht ihn zu dem, was er ist. Patriarchalisch, wie man lebt, hat jeder Freie das Recht, unangemeldet den Sißungen des Herrschers beizuwohnen und etwaige Klagen direkt vorzubringen. Der Fürst hört ihn an und entscheidet, nöthigenfalls mit Hülfe seiner Richter. Das ganze Versahren ist kostenfrei und den Bedürsnissen dieser einfachen Ver- hältnisse entsprechend zugeschnitten. Bestechungen und Beeinflussungen der Richter kommen beidieser Religions- sekle, den „Ibadyten"“, weniger vor. Seine Hoheit Seyjid Fesal ben Turki erschien nach einiger Zeit in Begleitung seines Bruders Mhammed und seines Vetters Beder. Von sonstigen Per- sonen kam bloß der Geheimschreiber Mhammed ben Azzan mit. Auf den ersien Bllck erkannte ich den Familientypus der Jäl bu Sa' aydi, ohne mir indeß gewiß zu sein, welcher von den Dreien den Sultan vorstelle. Die Herren nahmen sämmtlich an der Langseite des Zimmers mir gegenüber Platz und ließen den an der Kurzseite befindlichen Sultanssitz umbesetzt. Da es bei den Arabern keine Vorstellung in unserem Sinne giebt, so war die Möglichkeit 573 nicht ausgeschlossen, daß Seine Hoheit nicht unter den Gekommenen sei und vielleicht erst später er- scheinen würde. In diesem Sinne hielt ich meine Anrede, deren Beanklworkung meine Zweifel hob. Seyjid Fesal unterscheidet sich von seiner Um- gebung durch seine dunklere Hautfarbe. Seine Gesichtszüge sind edel. Zwei intelligente Augen be- leben den Ausdruck derselben, ein schwarzer Bart umrahmt das Gesicht. Der Schnurrbart wird bei den Ibadyten wie ein Flaumbärtchen gehalten, damit die im Allgemeinen als unrein geltenden Haare beim Essen nicht hinderlich sind. Ebenso wird der Kopf und der übrige Körper geschoren. Nur der Bart gilt als unantastbar. Denselben schneiden gilt als ein Schimpf. Bei jeder Betheurung eines Ver- sprechens oder dergleichen fährt der Sprechende mit der Hand über seinen Bart oder über die paar Härchen, welche an der Stelle desselben stehen. — — Seyjid Fssal trug dieselbe Kleidung wie seine Begleiter, als Kopfbedeckung den hier zu Lande üblichen und hier gefertigten einfachen Turban aus blau und rothem Wollenzeug, den sich jeder Araber selbst täglich umbindet. Auch Fösal besorgt dies selbst, schürzt aber den über der Stirne befindlichen spitz zulaufenden Theil etwas höher hinauf als Andere. Unter dem dunklen, im Rücken und vorn mit Goldbesatz verzierten Ueberwurf (bischt) be- findet sich das lange, beinahe bis auf die Erde reichende weiße Hemd, welches durch den Dolch- gürtel über den Hüften umschlossen wird. Die Füße werden durch Sandalen geschützt, diese aber vor dem Eintreten in die Zimmer abgelegt. — — Da ich von Sansibar kam, so mußte ich dem Sultan über das Ableben des Seyjid Aly er- zählen. Ich bot ihm eine kürzlich genommene Photographie des Verstorbenen an, worauf er mir erwiderte: Er habe das Bild des Verstorbenen in seinem Herzen, er danke mir für meine Aufmerksamkeit. Dann sprachen wir über meine Angelegenheiten. Ueber meine Person, sagte der Sultan, habe er von seinem verstorbenen Bruder Chalyfi während des Auf- standes an der sansibaritischen Küste viel gehört. Er freue sich, einmal einen Deutschen kennen zu lernen, und er würde jetzt, nachdem dies geschehen, die deutsche Sprache zu erlernen suchen. Hierzu muß ich be- merken, daß er außer Arabisch, Hindustani und Suaheli auch etwas Persisch spricht und eine gewisse Vorliebe für Sprachstudien bekundete. Nachdem die Audienz über eine Stunde gedauert hatte, hielt ich es an der Zeit, zu gehen. Der Sultan geleitete mich bis zur Treppe, und nach Aus- tausch der gebräuchlichen Wünsche verabschiedeten wir uns. Für den Linguisten wird es nicht ohne Interesse sein zu erfahren, daß der Sultan im ersten Theile seiner Unterredung alle Mühe aufwandte, um litterär- arabisch zu sprechen. Auf meine Frage, warum er dies thue und nicht lieber sein schönes Omani spräche, gab er mir zur Antwort, daß er es für feiner hielte,