— 341 Trotzdem das Ansehen des Kaiserlichen Gouver= nements eine nachdrückliche Züchtigung der frechen Miangesen erforderte, wollte ich es doch noch einmal in Güte versuchen, die Leute zum Gehorsam zu bringen. Jch war durch die Missionsstation in Mangamba in Kenntniß gesetzt worden, daß der Häuptling Mbia mit dem Gonvernement in Friedens- unterhandlungen zu treten wünsche. Infolge dessen bot ich ihm Frieden unter der Bedingung der sofor- tigen Auslieferung der Hauptschuldigen Pens und Mbias und voller Entschädigung für die Beraubung der Herschellschen Faktorei in Miang. Als am dritten Tage, dem 1. Mai d. Is., keine Antwort eingetroffen war, ging am folgenden Morgen die Schutztruppe ab, geführt von Hauptmann Morgen als Oberbefehlshaber, Lieutenant Dominik, dem zur Zeit hier weilenden Lieutenant v. Mallink- rodt II., den Unteroffizieren Krause, Zimmer- mann und dem in gleicher Eigenschaft verwandten Lazarethgehülfen Seebe. S. M. Kanonenboot „Hyäne“ hatte in zuvorkommender Weise die mit einem Revolvergeschüb bewaffnete Stationspinasse zur Verfügung gestellt und den Lieutenant zur See Vleß sowie den Marinearzt Dr. Raß nobst einigen Matrosen kommandirt für den Fall, daß der Landung Widerstand entgegengesetzt werden solle. Dies war glücklicherweise nicht der Fall, denn die Miangesen erwarteten eine so prompte Eröffnung der Feindseligkeiten nicht, und die benachbarten Dörfer Koki und Fiko, welche mit Miang nicht auf gutem Fuße leben, hatten die Ankunft des „Soden“, wel- cher die Soldaten trug, nicht ausgetrommelt. So konnte denn am Strande von Miang die Landung unbemerkt von Statten gehen. Das Landungskorps betrug etwa 80 Sudanesen und 70 Weis. Rasch wurde nun nach dem ½ Stunde entfernt auf steiler Anhöhe liegenden Hauptdorfe Malende marschirt und die Miangesen, die, weil überrascht, nur geringen Widerstand leisteten, hinausgeworfen und bis nach dem Mungo hin verfolgt. Eine Mitwirkung der Kaiserlichen Marine bei der Aktion im Innern war nicht veranlaßt, und so konnte die Stationspinasse mit „Soden“ schon am dritten Tage hierher zurück- kehren, nachdem eine Militärstation in Malende er- richtet worden war. Hauptmam Morgen überließ, nachdem der Hauptschlag gegen die Miangesen geführt war, die weitere Verfolgung dem Lieutenant Dominik, der in Anbetracht des ausgedehnten Operationsfeldes wohl für längere Zeit Beschäftigung finden wird. Eine Anzahl der unruhigsten Elemente des Stammes ist im Kampse gefallen. Die Haltung der Schutz- truppe war eine vorzügliche. Regierungsarzt Dr. Plehn hatte mich gebeten, ihm die Theilnahme an der Expedition zu gestatten. Da nicht vorauszusehen war, daß die Miangesen sich würden überraschen lassen, und man wenigstens bei der Erstürmung Malendes auf einen verzweifelten Widerstand gefaßt sein mußte, glaubte ich seiner Bitte um so eher willfahren zu sollen, als mir auch von der Missionsstation Mangamba die Mittheilung zugegangen war, die Miangesen hätten sich ver- schworen, Jeden zu tödten, der fliehen würde. Welchen Eindruck schon dieser erste Schlag gegen Miang gemacht hat, zeigt die Thatsache, daß die Miangesen bereits zu benachbarten Stämmen zu fliehen beginnen, bei diesen jedoch aus Furcht vor dem Gonvernement keine Aufnahme finden, sowie daß entfernte Stämme nach dem Gonvernement kommen und um Flaggen bitten. Das Ansehen des Gonver- nements ist weit und breit wieder hergestellt. Die Zusammensehzung der Schutztruppe aus zwei Elementen erachte ich für sehr günstig. Die ernsten, kriegslustigen und absolut verlässigen Sudanesen werden überall den Stamm zu bilden haben, während die beweglichen Weis, welche mit dem westafrikanischen Busch und der Kampfweise der Eingeborenen wohl vertraut sind, ein vorzügliches Ergänzungsmaterial bilden. Ueber die Vorgänge bei der Expedition berichtet Hauptmann Morgen: Am 10. April war ich mit den 87 in Aegypten angeworbenen Sudanesen in Kamerun angelangt; einer der Angeworbenen war auf See an Lungen- entzündung gestorben. Da diese Leute theils durch ihre frühere militärische Thätigkeit, theils durch ein fünfwöchentliches, täglich 8 Stunden währendes Exerzitium auf dem Dampfer eine für den afrika- nischen Krieg genügende Ausbildung erhalten hatten, und auch die in Kamerun befindlichen etwa 70 West- afrikaner — meist Weyleute — einen äußerst günstigen Eindruck machten, konnte ich nach bereits 14tägigem Aufenthalt in Kamerun dem Herrn Gou- verneur v. Zimmerer, der mir bereils von seiner Absicht, die Miangesen zu strasen, Mittheilung ge- macht hatte, die Meldung erstatten, daß die Truppe gefechtsbercit sei. « Daß eine erneute Bestrafung der Miangleute durchaus erforderlich war, darüber waren sich in Kamerun alle Europäer, einschließlich der Missionare, und sämmtliche Eingeborenen einig; denn nicht nur hatten sie eine am Abo gelegene Faktorei der Firma Herschel ausgeplündert und den schwarzen Faktorei- vorsteher getödtet, sondern auch sich dem nur vier Stunden enlfernt wohnenden Gouverneur gegenüber, wo sie nur konnten, unbotmäßig und widerspenstig gezeigt. Nachdem der Forderung des Gouverneurs, die beiden Hauptschuldigen Häuptlinge Pen und Mbia unter Garantie des Lebens auszuliesern, nicht Folge gegeben war, brach ich am 2. Mai früh (. den am Schluß wiedergegebenen Detachementsbefehl) von Kamerun auf. Ich hatte gehofft, das neben dem allen Miang- dorfe neu erbaute Hauptdorf Malende noch an dem- selben Tage stürmen zu können, da ich bei schnellem Erscheinen — wie ich von früher her aus Erfahrung weiß — auf Bestürzung und somit auf leichtere