Leute forcirten den Durchmarsch, wobei eine große Zahl des Viehes zu Grunde ging. Ich habe, als ich die Ebene passirte, meist bis an den Gürtel waten müssen, oft ging mir das Wasser bis über die Schultern. Das Wasser erreicht nicht jedes Jahr diese Höhe. Die Klagen der Eingeborenen sind groß, Unmassen von Hänsern sind weggeschwemmt, die Ernten ver- nichtet, die Bauanenstauden niedergelegt. Euere Excellenz erinnern sich wohl der frucht- baren Landschaft, der so kunstvoll gebauten Häuser. Jetzt ist alles dies eine sumpfige Wassermasse, theil- weise sind die Eingeborenen geslohen, theilweise wohnen sie auf den Dächern, ja oft in Bäumen. Hoffentlich ist diese Wasserfluth nicht über die ganze Ebene verbreitet, denn sonst würde ich wohl bald ohne Proviant für meine Station bleiben. In meiner Abwesenheit sind so viel Rekruten eingestellt worden, daß ich auch nach Entlassung der ihre Zeit abgedienten die mir bewilligte Zahl haben werde. Auf der Station ist rüstig gearbeitet worden, ich denke nächstens mit dem Aufführen des Stations- gebäudes zu beginnen, dessen unteres Stockwerk ich auch ohne- Handwerker machen kann. Ueber verkehrsmittel in Ostafrika äußert sich Dr. Leut in folgender Weise: I. Wagentransport. Der Vorzug der Wagenbeförderung vor dem Transport durch Lastthiere liegt darin, daß die Zugfähigkeit der in Betracht kommenden Thiere ihre Tragfähigkeit im Allgemeinen um ein Vielfaches übersteigt. Der Vorzug der Letzteren aber wird dadurch gegeben, daß sie geebneter Straßen ent- behren kann und auch in verhältnißmäßig unweg- samem Terrain noch betriebsfähig bleibt, wo jene ausgeschlossen ist. Es wird sich also bei der Ab- wägung der beiderseiligen Vortheile wesentlich um die Schwierigkeiten handeln, welche einem Wegebau in unserem Gebiete entgegenstehen. Das bekannteste Zugthier im afrikanischen Wagen- verkehr ist der Ochse. Seine Verwendbarkeit und die Chancen dieses Betriebes hängen selbstverständlich von den allgemeinen Landesverhältnissen ab. h glaube nun nicht, daß Klima und Bodenbeschaffen- heit dem in unserem Gebiete erhebliche Schwierig- leiten entgegenstellen, anders sieht es schon mit der Ernährungs= und insbesondere der Zuchtfrage. Bekanntlich bilden Ninder einen sehr wesentlichen Gegenstand der Viehzucht in Ostafrika. Berühmt durch diese Thierproduktion ist seit Alters gerade Usambara, aber auch den Kilimandjaro kann man nicht arm an Rindvieh nennen, wenn auch das dortige Klima für die Zucht entschieden ungceigneter ist als das der den Küsten näher gelegenen Gebirgs- 549 länder. Die in normalen Zeiten günstigen Vor- bedingungen für die Rindviehzucht wurden aber Ende der achtziger Jahre von einem plößlichen, folgenschweren Ereigniß durchkreuzt. Es ist dies die bekannte Viehseuche, welche die fraglichen Gebiete in kürzester Zeit des größten Theiles ihres Ninder- bestandes beraubte. Wie ich den Darlegungen eines Sachverständigen?) entnehme, wurde die von den Eingeborenen „Sadoka“ genannte Seuche von Norden her aus dem Samburulande eingeschleppt und trat dort nach v. Höhnel bereits in den Jahren 1876/77 auf. 1887 trafen sie Teleki und v. Höhnel unter den Nindern am oberen Pangani, frei war damals noch das Flachland zwischen Kilima- ndiaro und Mern. Auch Meyer fand im selben Jahre am Kilimandjaro, in Taweta und Ugueno nur gesundes Vieh. Im Herbst 1890 herrschte sie in den wildreichen Gegenden am Juße des Kilima- ndjaro; 1891 waren nach Kallenberg Pare, Ugueno, Taweta, Kahe und das Dschaggaland immer noch seuchenrein, Wissmann aber fand zur selben Zeit die Heerden der zwischen dem Jipesee und Ugueno streichenden Massai damit behaftet. Im nächsten Jahre drang sie bis zur Küste vor und verbreitete sich dort so allgemein, daß unter Anderem die Heerden der Mission zu Bagamoyo und der Station zu Dar-es-Saläm ihr erlagen. Die Verheerungen der Krankheit waren schrecklliche. Thomson, Baumann und Wissmann verdanken wir Schilderungen derselben. Leßterer fand auf seiner Expedition zum Kilimandjaro an Stelle ver- lassener Massaikraals Hunderte von Rindern, welche die Luft verpesteten. Ueberall lagen gefallene Büssel umher. Es ist kein Zweifel, daß die in vielen Zügen unserer „Rinderpest“ ähnliche Seuche durch die Massai eingeschleppt und verbreitet wurde. Es läßt sich konstatiren, wie sie ihren Raubzügen folgte; wo eine wehrhafte Bevölkerung saß oder die Massai aus anderen Gründen nicht erschienen, blieb das Land dauernd oder lange verschont. Am Kilima- ndjaro scheint die Krankheit nur in Moschi Ein- gang gefunden zu haben, wiewohl das Vieh nicht in die Steppe hinunterkam und Massaivieh ebenso- wenig hinauf. Sander meint, daß die Bakterien mit dem von den Wadschagga in der Steppe geschnittenen Grase übertragen worden seien, wie auch Fleisch- fresser und Naubvögel, die selbst nicht empfänglich, zur Ausbreitung indirekt beitrugen. Es ist natürlich, daß in einem solchen Kala- mitäten ausgesetzten Gebiete der Befürwortung einer intensiveren Nindviehzucht, namentlich soweit dieselbe zur Unterlage eines rentablen Wirthschaftsbetriebes dienen soll, ernste Bedenken entgegengestellt werden können. Demgegenüber aber darf man billigerweise daran erinnern, daß auch bei uns gefährliche Vieh- seuchen nicht fremd sind, und daß gleichwohl die *) Vortrag des Dr. Sander auf der Nakurforscher- versammlung in Nürnberg 1898.