begriffen. Im Uebrigen ist ein erfreuliches Vor- dringen der Weißen durch Wiederanknüpfung und Ausdehnung ihrer Beziehungen zu den Hereros zu verzeichnen. Mit dem früher als besonders deutschfeindlich bekannten mächtigen und klugen Häuptling Manasse in Omaruru, mit dem seit annähernd drei Jahren fast jegliche Verbindung abgebrochen war, ist es mir geglückt, wieder in Beziehungen zu treten. Ich brach am 8. September d. Is. mit Feldwebel Hannemann und sechs Mann von Otyuimbingue auf, nachdem ich zuvor einen Boten an Manasse entsandt hatte. Trotdem verbreitete sich gleich nach unserem Eintritt in Omaruru am 10. September abends das Gerücht, deutsche Reiter wollten Omaruru stürmen, und jagte einem Theile, namentlich der weiblichen Bevölkerung, einen panischen Schrecken ein. Am folgenden Morgen ritt ich mit dem Feldwebel und zwei Mann zu der etwa 3 km von Omaruru ent- fernten Werst des krank daniederliegenden Häupt- lings, um den sich der Rath und die in Omaruru und in der Nähe befindlichen Großen versammelt hatten. Nach der üblichen Begrüßung erinnerte ich an den im Jahre 1885 geschlossenen Vertrag, in welchem Seine Majestät dem Häuptling Manasse und seinen Leuten Seinen Allerhöchsten Schuß zugesichert habe, und setzte die friedlichen Absichten der Kaiser- lichen Landeshauptmannschaft gegen die Hereros aus- einander. Während die Verhandlung an diesem Tage mehr allgemeiner Natur war, wurde am folgenden unter freundlicher Mitwirkung des als Dolmetscher aus Omburo herübergekommenen Missionars Berns- mann der Schupvertrag verlesen und einer sehr genauen Besprechung unterzogen. Ich ließ bei dieser Gelegenheit einfließen, daß es die Absicht der deut- schen Regierung sei, die Macht der Häuptlinge als der rechtmäßigen Herrscher ihrer Stämme zu stützen und zu steigern, damit sie in der Lage wären, über Recht und Gerechtigkeit, die nunmehr auch im Herero- lande walten sollten, zu wachen. Dies sei auch der Zweck der Garnisonen in Otyimbingue und Okahandya. Leßtere seien gleichzeitig auch ein Beweis für die Bedeutung des betressenden Kapitäns und ebenso wie die Verleihung der deutschen Flagge ein Zeichen für die freundschaftlichen Beziehungen zur deutschen Re- gierung. Am Schlusse der mehr als vierstündigen ununterbrochenen Verhandlung, während welcher ich den Verstand und das Nachdenken des mit Vorliebe in Gleichnissen sprechenden Häuptlings zu bewundern Gelegenheit hatie, sprach er den Wunsch aus, eine deutsche Flagge zu erhalten, und fragte, ob nach Omaruru auch eine Garnison gelegt werden solle. Auf meine Antwort, daß Herr Moajor Leutwein hierüber, so viel ich wisse, noch keine endgültige Ent- scheidung getroffen habe, ich aber gern bereit sei, demselben etwaige Wünsche Manasses in dieser Be- ziehung mitzutheilen, bat er, es sich noch bis zum nächsten Tage überlegen zu dürfen. Gleichzeitig er- 635 klärte er, daß er nach allen Seiten Boten entsandt habe, um die nicht im Orte anwesenden und die entsernter wohnenden Unterkapitäne und Großen her- beizurufen. Besonderen Werth legte er auf die Ankunst zweier mächtiger, nach dem Ovambolande zu wohnender Unterkapitäne, von denen indeß nur einen die Botschaft frühzeitig genug erreicht hatte. Am folgenden Tage hatte Manasse 80 bis 100 Große um sich versammelt. Während der 3½⅛ stündigen Verhandlung verlas ich zunächst noch- mals den Schußzvertrag und fragte Manasse abermals, ob er denselben als auch jetzt noch zu Recht bestehend anerkenne, was er bejahte. Auf seinen Wunsch rich- tete ich alsdann dieselbe Frage an die Versammlung, die durch die Unterkapitäne antworten ließ, daß sie ebenso wie ihr Kapitän den Schutzvertrag als zu Recht bestehend anerkennten und ihn getreu halten wollten. Sodann wurden eine Reihe von Verord- nungen, insbesondere die über die Feld= und Wald- brände und über die Lungenseuche, erörtert. Nach- dem ich dieselben erläutert und einige Mißverständnisse au#geklärt hatte, sprach Manasse namens seines Stammes der Kaiserlichen Landeshauptmannschaft seinen Dank für die Fürsorge, welche sie diesen, für das Hereroland so wichtigen Fragen zugewandt habe, aus und erklärte, daß er Alles thun werde, was in seinen Kräften stehe, damit dieselben beobachtet wür- den. Alsdann siellte der Kapitän nochmals die Frage wegen Flagge und Garnison an mich und befragte den Rath und die versammelten Großen um ihre Meinung. Nach längerer sehr lebhafter Diskussion gab Manasse dem Wunsche Ausdruck, daß ihm die deutsche Flagge verliehen und in Omaruru eine deutsche Station errichtet werde. Ich erklärte, daß ich mit Freuden von seiner Bitte Kenntniß nehme und dieselbe Herrn Major Leutwein vortragen würde. Am Abend des 12. September ritt ich nach Omburo. Der dortige Unterkapitän fand sich am folgenden Morgen mit seinem Nath vor dem Missions- hause ein, um mich zu begrüßen. Hier war es nach den Klagen des Missionars und der Weißen ganz besonders nothwendig, zu betonen, daß jetzt Recht und Ordnung im Lande herrschen müßten. Den gegen seine Leute sehr schwachen Unterkapitän habe ich eindringlich ermahnt, Vergehen, insbesondere die häufigen Viehdiebstähle, scharf zu bestrafen. In Okahandya, woselbst Lieutenant Eggers Stationschef ist, stand Alles gut. Nur der Unter- häuptling Tjetjoo in Ovikolorero macht noch immer zu thun, und ich erfuhr, daß einer der Großen der Samuelschen Leute in den nächsten Tagen die Feind- seligkeiten mit ihm eröffnen würde. Auf meinen energischen Protest hat Samnel Maharero noch in derselben Nacht Boten geschickt mit dem Vefehl, unter allen Umständen hiervon abzulassen, bis der Major oder ich komme, um die Sache auf friedlichem Wege au regeln.