— 669 — unmittelbar an. Wenn man heute die paar Jahre kolonialer Entwickelung überfliegt, welche wir hinter uns haben, so wird man nicht leugnen können, daß oft Privatwünsche von der Regierung nicht haben erfüllt werden können. Wenn, wie es hier der Fall war, auf Grund sachlichster Erörterungen bestimmte Aufgaben sormulirt werden konnten, deren Erfüllung der kulturellen Entwickelung des Landes wichtige Dienste leistet, so ist zu hoffen, daß sich Ver- waltung und Privatinteressen hier begegnen. Man darf auf beiden Seiten das Bestreben voraussetzen, die koloniale Sache zu fördern und die Beiträge, welche dazu geliefert werden, auch wenn sie von der anderen Seite kommen, anzuerkennen. Darüber muß man sich doch von vornherein klar sein, daß beide Fakloren, Staat und Privatinitiative, aufein- ander angewiesen sind, daß keiner auf die Dauer für sich Politik machen kann. Wieweit derartige Fragen wie die hier angeregte sich dazu eignen, die absolut nothwendige Annäherung zu fördern, muß ich einer beiderseitigen nachsichtsvollen Kritik überlassen. Mein Standpunkt formulirt sich in dem Wunsche, daß die Privatthätigkeit in Fällen, die ihr schwierig erscheinen, sich vertrauensvoll an die Regierung wende, und daß diese solche Gelegenheiten verwerkhe, um ihren Kredit zu mehren. Um unserer Sache wieder näher zu kommen, so ist es für die kuliurelle Hebung des Landes un- zweifelhast wichtig, daß auf dem Gebiete des Binnen- verkehrs einmal ein bestimmter Versuch gemacht werde. Unser Fall scheint mir dazu besonders ge- eignet, weil er in verhälktnißmäßig engem Nahmen mit einer Mannigfaltigkeit von Faktoren zu rechnen hat, deren praktische Untersuchung ebenso anregend wie lehrreich ist. Kolonialwirthschaft kann nicht zu Hause auf Akademien studirt werden; dort können wir Erfahrungssätze auswendig lernen, die Andere entwickelt haben, aber ihre Verwerthung erfordert doch erst einen praktischen Kursus, für den sich nur draußen Gelegenheit bietet. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, ohne Weiteres Theorien auf die Praxis zu übertragen, derart daß man gleich an den Aus- bau eines weitläufigen Systems gehen könnte. Es ist schon so manches Kolonialprogramm aufgestellt worden, eines wechselt das andere ab, und doch sieht man keinen merklichen Fortschritt. Das ist eben der Beweis dafür, daß uns die praltische Schule abgeht, ohne welche alle Rentabililälsrechnungen Phantasiegebilde bleiben. Diese Schule müssen wir erst durchmachen, durch Schaden müssen wir erst klug werden, ehe wir ein Programm entwerfen können, welches Aussicht auf Bestand hat. Aber wir vermögen diese Lehrzeit, ohne die es einmal nicht geht, dadurch zu beschleunigen, daß wir die Augen nach allen Seiten hin öffnen, die bewährten Vorbilder anderer Nationen anerkennen und deren Erfahrungen verwerthen; indem wir ferner technisch von vornherein mit den vollkommensten Hülssmitteln arbeiten, die uns unsere Zelt an die Hand giebt. Dadurch können wir die Entwickelung abkürzen, welche andere Kolonialstaaten im langen Lauf der Zeiten durchgemacht haben, um ihre heutige Blüthe zu erringen. Der verhängnißvollste Fehler, welcher bei dem derzeitig intensiven Wettbewerb der Nationen gemacht werden kann, ist zweifelsohne der, daß man blind für die Erfahrungen Anderer den ganzen Ent- wickelungsgang mit allen Verstößen noch einmal wiederholen will, den unsere Konkurrenten längst abgeschlossen haben. Ist man, wie wir auf kolonialem Gebiete, einmal im Räückstande, so giebt nur eine zielbewußte Sammlung aller Kräfte die Möglichkeit, beizukommen! Man suche aus der Fülle der Aufgaben und Fragen, die uns der überseeische Besitz bielet, be- stimmte heraus und schrecke nicht vor kleinen Aus- gaben zurück, um daran Erfahrungen zu sammeln, die uns vor Mißgriffen im Großen schüten werden. Im Einzelding die Bedeutung zu erkennen, welche es für die Allgemeinheit besitzt, sollte der leitende Grundsaß aller derartigen Versuche sein. Deutsch-HSüdwelkafrika. von den BSondelzwarts. Der Oberkapitän des Hottentottenstammes der Bondelzwarts Willem Christian hat in einem an den Major Leutwein gerichteten Schreiben vom 26. April d. Is. gelegentlich der Danksagung für die ihm ausgesetzte Jahressubvention von 2000 Mark seiner loyalen Gesinnung Ausdruck gegeben, indem er bittet, Seiner Majestät dem deutschen Kaiser seine achtungsvolle Ehrerbietung versichern zu dürfen. Des Weiteren betont er seinen festen Entschluß, in der Zukunft, ebenso wie er es bisher gethau, den Be- dingungen seines Vertrages mit der deutschen Re- gierung gewissenhaft nachzukommen. Es werde immer sein ernstes Bestreben sein, „sein Volk mit der civilisirten Herrschaft zu versöhnen und das Gedeihen des südwestafrikanischen Protektorates zu befördern“. Zum Schlusse erwähnt Willem Christian, daß die auf Uhabis zur Verhütung des Munitions- schmuggels und somit zur Beförderung des Friedens stationirten Mannschaften der Schutztruppe seines lebhaften Beistandes gewiß sein dürften. Frachtmengen der nach Deutsch-Lüdwestafrika in den Jahren 1895/94 von Damburg abgegangenen Dampfer. Die von der deutschen Kolonialgesellschaft in den Jahren 1893 und 1894 direkt nach Deutsch-Süd- westafrika gesandten Dampfer haben folgende Ladungen nach dorthin mitgenommen: