Der Königlichen Verordnung sind alsbald, unterm 10. Oktober 1894, die Ausführungsbestimmungen des Staatssekretärs gefolgt. Diese Bestimmungen sind in drei Vollzugsverordnungen niedergelegt, von welchen die erste Organisation der Centralregierung in Brüssel, die beiden anderen diejenige der ört- lichen Verwaltung im Kongogebiete selbst zum Ge- genstand haben. Die Vollzugsverordnung über die Organisation der Centralregierung (organisation du gouver- nement central) bestimmt zunächst in Kapitel 1 (Art. 1 bis 13) diejenigen Gegenstände, welche der Staatssekretär seiner eigenen Behandlung vorbehalten hat, und giebt sodann eine Abgrenzung der Zustän- digkeit der drei Abtheilungen und des General- schatzamtes. Neben der obersten Leitung der Gesammbver= waltung ist dem Staatssekretär insbesondere vor- behalten der Verkehr mit fremden Regierungen und Behörden (auch den belgischen) mit religiösen, philan- thropischen und Handelsgesellschaften, welche ihren Siß im Gebiete des Kongostaates haben, sowie die Entscheidung von Kompetenzkonflikten zwischen den einzelnen Ressorts. Ferner hat der Staatssekretär die Befugniß, Angelegenheiten aus dem Geschäfts- kreise der einzelnen Abtheilungen, soweit er es für zweckmäßig erachtet, in seinem Kabinet bearbeiten zu lassen, sowie einzelne der bestimmungsgemäß ihm selbst vorbehaltenen Regierungsgeschäfte dem einen oder andern Ressortchef zur Bearbeitung zuzuweisen. In Verhinderung des Staatssekretärs werden dessen Funktionen von dem Generalschatzmeister und den Generalsekretären innerhalb ihres Geschäftskreises wahrgenommen. Die Thätigkeit des Generalschatzueisters umfaßt die Verwaltung der Staatseinkünfte, der Staats- schuld, des Münzwesens u. s. w. und die Kontrole der gesammten Finanzgebahrung. Die eigentliche Staatsverwaltung ist, wie bereits erwähnt, in drei Abtheilungen geschieden: Auswärtige Angelegenheiten (département des allaires étran- géres), Inneres (département de Fintcricur) und Finanzen (département des linances). Jedem dieser Departements sind neben den ihm nach seiner Bezeichnung zukommenden Geschäften weitere An- gelegenheiten zugekheilt, die in Staaten mit aus- gestaltetem Verwaltungsapparat gewöhnlich selbstän- dige Verwaltungszweige bilden. So gehören zum Departement des Auswärtigen neben Post und Telegraph auch Justiz, Kullus und Unterricht, zu dem der Finanzen Handel, Eisenbahn= und Berg- wesen, zu dem des Innern Armee und Marine. Im Kapitel II der Verordnung (Art. 14 bis 17) ist die Thätigkeit des dem Staatssekretär beigegebenen Kabinetschefs behandelt. Sie bezieht sich im Wesent- lichen auf die Erledigung von Angelegenheiten per- sönlicher und vertraulicher Natur. Daneben hat der Kabinetschef die gesammte eingehende Post — sämmtliche Mittheilungen an die Centralregierung 16 — sind an die Adresse des Staatssekretärs zu richten — dem Inhalte nach zu scheiden und den einzelnen Abtheilungen zuzuweisen. Kapitel III (Art. 18 bis 37) enthält in ge- drängter Kürze, neben einer Reihe Bestimmungen über die innerhalb der Abtheilungen (départements) gebildeten Unterabtheilungen (divisions) und den inneren Dienst, sämmtliche Vorschriften über Rang, Gehalt, Rechte und Pflichten, sowie Dienstpolizei für das Personal der Centralregierung. Von In- teresse sind dabei folgende Vorschriften: Bei Feststellung der Anciennetät wird jedes im Gebiete des Kongostaates verbrachte Dienstjahr andert- halb Dienstjahren bei der Centralregierung gleich- gerechnet. Fixirt ist die Gehaltshöhe von der Klasse des cCchef de division et sousdirecteur (Minimum 4000, Maximum 7000 Fres.) bis zur Klasse des troisicome commis (Minimmm 900, Maximum 1400 Fres. Ein Vorrücken im Rang ist in der Negel ab- hängig von einer mindestens dreijährigen Dienstzeit in der unmittelbar vorhergehenden Klasse, ein Vor- rücken im Gehalt erfolgt in der Regel nicht in kürzeren als zweijährigen Zwischenräumen. Die zweite Vollzugsverordnung des Staats- sekretärs betrifft die Organisation der lokalen Re- gierungsbehörden, welche ihren Sitz im Kongogebiete selbst haben (gouvernement local au Congo) und beschäftigt sich vor Allem mit der Stellung des Generalgouverneurs (gonverneur genéral.) Der Generalgouverneur ist im Gebiete des Kongostaates der Repräsentant der sonveränen Staatsgewalt. Er wird im Verhinderungsfalle vertreten durch den Vizegouverneur (vice-gouverneur) oder den Ge- neralinspektor (inspecteur d'etat). Fallen auch diese Beamten ans und ist kein provisorischer Ver- treter durch den König ernannt, so gehen die Funk- tionen des Generalgouverneurs an ein comité #xécutil über, dem neben den höchsten Beamten ein oder mehrere vom König ernannte Mitglieder angehören. Die dem Generalgonverneur, welcher durch einen Generalsekretär bei Erledigung seiner Geschäfte unter- stützt wird, unterstehende Verwaltung ist in sieben Abtheilungen mit je einem Direktor an der Spitze getheilt. Die unmittelbare örtliche Verwaltung wird durch Distrikts de district) geführt. Ihre Zuständigkeit bestimmt, soweit nicht die Centralregierung eingreift, der Gencralgonverneur; der Amtssitz wird steks von Letzerem bezeichnet. Der Generalgonverneur führt die Verwaltung in Gemäßheit der von der Centralregierung ergan- genen Verordnungen und sonstigen Weisungen; indeß hat er auch die Besugniß, selbständig Verordnungen (ordonnances) mit Gesetzeskraft zu erlassen, ja er kann sogar im Falle der Noth die Ausführung Königlicher Dekrete durch Verordnung suspendiren. Solche Verordnungen bedürfen jedoch der nachträg- lichen Bestätigung durch Dekret. Sie verlieren ihre