Der Kolonialrath, an dessen Sitzung theilzunehmen Herr Ehren-Domherr Dr. Hespers, Geheimer Kommerzienrath Langen, Geheimer Kommerzienrath Dr. Oechelhäuser durch Krankheit oder aus anderen Gründen verhindert waren, trat zunächst in eine kurze Besprechung der von Herrn Direktor Kayser gemachten Mittheilungen ein. Bei der folgenden Vesprechung der Lage in den einzeinen Schutzgebieten wurde zunächst die Be- deutung der Errichtung einer Station in Usiji be- handelt. Der an der Sitzung theilnehmende Koaiserliche Gouverneur v. Wissmann machte dabei eingehende Mittheilungen über die dortigen Verhältnisse und die Schwierigkeiten des Baues und der Erhaltung von Straßen in Ostafrika. Hinsichtlich Deutsch- Südwestafrikas erwähnte der Vorsitzende, daß es bisher leider nicht gelungen sei, einen geeigneten Wasserbautechniker zur Untersuchung der Landungs- verhältnisse an der Tsoakhaubmündung zu finden. Es wurde indessen hervorgehoben, daß die Landung da- selbst nach den jetzt vorliegenden Erfahrungen weniger Schwierigkeiten bereite als an den meisten anderen Küstenplätzen Westafrikas. Die Kapitäne der Woermannlinie zögen bereits das Landen in Tsoak= haub dem in Walfischbai vor. Weit wichtiger als die Verbesserung der Landungsverhältnisse sei die Erleichterung der Verbindung mit dem Innern. Eine Aufwendung von Geldmitteln für diesen Zweck werde sich reichlich schon durch Ersparnisse an den bisherigen enormen Transportkosten für den Bedarf der Schutztruppe bezahlt machen. Es knüpfte sich daran eine längere Debatte über die Aussichten und die Art und Weise einer Besiedelung des Schutz- gebiets, an welcher sich besonders die Herren Staats- minister v. Hofmann, Rechtsanwalt Dr. Scharlach, Konsul Vohsen, Staudinger und Dr. Schröder betheiligten. Bei Erörterung der Verhältnisse in Kamerun wurde die Frage der Freiheit der Nigerschifffahrt berührt. Der Herr Vorsitzende theilte mit, daß das neue Reglement der Nigerschifffahrt bedauerliche Vorkommmisse, wie sie früher sich ereignet, für die Zulunft als ausgeschlossen erachten lasse und daß ein deutsches Unternehmen im Hinterlande von Kamerun am Benue auf den Schut der deutschen Regierung rechnen könne. Herr Konsul Vohsen gab nähere Nachrichten über eben eingetroffene Berichte der deutschen Togo- etpedition und den von ihr mit dem Sultan von Gurma am Niger abgeschlossenen Vertrag. 295 Nach einer Pause trat der Kolonialrath am Nachmittag in die Berathung der Vorlage, betreffend die Anstellung mohammedanischer Religionslehrer an den Regierungsschulen in Ostafrika, ein. Der Vor- sitzende schilderte den Anlaß zur Einbringung der Vorlage und bemerkte, daß die bisherige Verwaltung Direktor Hernsheim, v. d. Mecklenburg-Schwerin auf Grund seiner persön- lichen Erfahrungen hervor, daß es nicht sowohl der Anstellung mohammedanischer Religionslehrer, wohl aber einheimischer Suahelilehrer in Ostafrika bedürfe. Er beantragte außerdem Einführung des obligato- rischen deutschen Sprachunterrichts in allen Schulen des Schutggebiets. Herr Staatssekretär v. Jacobi empfahl mit Rücksicht auf die Verhältnisse in anderen Staaten die Verneinung der Frage. Nach weiteren Erörterungen, an denen der Gouverneur v. Wissmann und Herr Staatssekretär Herzog sich betheiligten, sprach der Kolonialrath sich gegen die Anstellung mohammedanischer Religions-= lehrer aus. Es wurde alsdann die Berathung des Reichs- tagsbeschlusses vom 22. Mai d. Is. begonnen, wonach die verbündeten Regierungen ausgefordert sind, einen Gesetzentwurf zur Beseitigung der Haussklaverei und Schuldknechtschaft unter den Eingeborenen vorzulegen. Der Vorsitzende schilderte eingehend die einschlägigen Verhältnisse in den verschiedenen Schutzgebieten. In der Debatte stellte sich Einverständniß darüber heraus, daß vor der Hand dem Kolonialrath nicht genügendes Material über die Angelegenheit zugänglich sei. Auf Vorschlag des Herrn Staatssekrctärs Herzog wurde beschlossen, die Frage einer Kommission zur Berathung zu überweisen, welcher die Kaiserliche Regierung das vorhandene Material vorlegen wird. Die Kommission, bestehend aus Seiner Hoheit dem Herzog Johann Albrecht, den Herren v. Jacobi, Ehren Domherr Hespers, Freiherr v. Tucher und Thormählen, konstitnirte sich nach Schluß der Sitzung. Nach dem Wiederzusammentritt des Kolonialraths am Morgen des 11. Juni theilte zunächst Konsul Vohsen mit, daß das Togo-Komitee soeben eine Drahtmeldung aus Misahöhe erhalten habe, wonach Dr. Gruner mit Dr. Döring dort angekommen sei und einen Vertrag mit dem Sultan von Gando am Niger mitgebracht habe. Der Kolonialrath trat alsdann in die Berathung der ihm vorgelegten Denkschrift über das in den deutschafrikanischen Schugebieten den Eingeborenen gegenüber zur Anwendung kommende Strafrecht und Strafverfahren und erörterte zuerst im Allgemeinen die auf diesem Gebiet zu beobachtenden Grundsätze. Die Versammlung erachtete nach längerer Debatte, an welcher die Herren Professor Schweinfurth, Standinger, Dr. Scharlach, Gouverneur v. Wiss- mann, Geheimer Ober-Postrath Kraetke, Assessor Lukas, Staatssekretär Herzog, Freiherr v. Tucher, Heydt, Wirklicher Legationsrath Sonnenschein, Staatsminister v. Hof- mann theilnahmen, die Zeit zu einer allgemeinen Recgelung der Sache für alle oder einzelne Schuß- don Deutsch-Ostafrika großen Werth auf eine derartige Einrichtung gelegt habe. In der Debatte hob Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht von gebiete vor der Hand noch nicht gekommen, beschloß indeß, eine Kommission niederzusetzen, welche Vor- schläge über die Grundsätze hinsichtlich der Verhängung