Nach Beendigung der beiden Reisen lag es mir ob, zu entscheiden, ob weitere Orientirungsreisen vor- zunehmen seien, oder ob die Vorarbeiten sogleich be- ginnen sollten. Ich entschied mich für das Lehztere und zwar aus folgenden Gründen: Bei einer solchen Reise ist man an die spärlichen Negerpfade gebunden, oft an die, welche dem jewei- ligen Führer bekannt oder bequem sind. Um einen Einblick in das seitliche Gelände zu gewinnen — auf der Karte oft ein weißer Fleck —, giebt es nur ein Mittel, nämlich Durchschlag mit Axt und Buschmesser. Träger, welche gezwungen werden, mit den Lasten dorthin zu folgen, würden wegen der häufigen Fuß- verletzungen durch Dornen u. s. w. bald versagen oder das Weite suchen. Deshalb also beschloß ich, über den gencrellen Verlauf der Trace allerdings im Klaren, nicht noch- mals mit einer Neisekolonne vorzugehen, sondern jetzt mit einer Arbeitskolonne die nur so möglichen Detail- rekognoszirungen sowie gleichzeitig die Vorarbeiten zu beginnen. An europäischem Personal wurde mir auf mein Ansuchen vom Herrn Gouverneur, wegen Mangels an europäischem Personal überhaupt, nur der bis dahin in der Bauabtheilung beschäftigte Ingenicur v. Emey zur Verfügung gestellt. Da Letzerer er- krankte, mußte ich zunächst mit meinem Unterosffizier allein arbeiten. v. Emey folgte jedoch bald nach. Kurz nach Beginn der Arbeiten meldele sich ein anderer Europäer, Namens Wolffhauer, bei mir mit der Bitte um Anstellung. Da dieser, von Beruf Kaufmann, beim Bau der Telegraphenlinic nach Kilwa Ausseherdienste geleistet hatte, war er mir wegen der Kenntniß im Umgange mit schwarzem Personal und wegen der Arbeitserfahrung, lange Durchschläge be- tressend, willkommen. Auf mein Gesuch erfolgte seine Anstellung als Vermessungsgehülse. Wenige Tage vor der Abreise nach Kisaki stellte sich mir noch ein bei der Usambarabahn thätig gewesener Ingenicur, Herr Buschmann, vor. Auf mein Ge- such wurde auch dieser Ingenieur angestellt. Derselbe sowie die oben genannten Europäer haben die Reise nach Kisaki mitgemacht. Ingenieur v. Emey mußte jedoch bald nach Eintressen der Expedition in Kisaki krankheitshalber nach der Küste zurückkehren. Bezüglich des schwarzen Personals bemerke ich noch, daß sich die Waniamwesi durchaus gut be- währt haben. Das im Hauptmagazin zu Dar-es-Saläm zur Verfügung stehende Handwerkszeug bestand aus Busch= messern und Aexten. Es hat sich gut bewährt. Die Eintheilung der Arbeit hatte ich folgen- dermaßen getroffen: Die erforderliche Detailrekognoszirung nahm ich mit Ingenieur v. Emey und Unterosfizier Menser gemeinschaftlich vor. Alsdann übernahm ich das Traciren, die erforderlichen Holzungsarbeiten u. s. w. dem Wolffhaner überlassend, v. Emey das Nivel- liren, Meuser das Stationiren. Nach erfolgter 378 Fertigstellung mehrerer Kilometer nahm ich noch eine oberflächliche Geländeaufnahme tachymetrisch vor. Bei dem vorhandenen geringen Personal ist ein flottes Fortschreiten der Arbeiten natürlich nur bei ungestört gutem Gesundheitszustand denkbar. Die erforderlichen Lagerwechsel wurden mit Hülfe der Arbeiter und rechtzeitig requirirter Hülfsträger vorgenommen. Unter den geschilderten Umständen und in an- gegebener Art und Weise wurden also die Vorarbeiten Ende Januar bei Dar-es-Saläm begonnen und zu- nächst die erste Variante in Angriff genommen und bis Ende März 24 km (bis zum Kiserethal) aus- geführt. Außerdem wurde die dritte Variante ge- prüft durch Aufnahme des schwierigsten Theiles der Mackinnonstraße — vom Anstieg nach Mwakanga durch die Puguberge bis in die Nähe von Kisserawe — im Grundriß und Profil. Die angeführten Resultate wurden unter solgen- den Umständen gewonnen. 1. Die Tracirung geschah speziell — Ausholzen auch der Kurven, Stationirung und Nivellement durch die Kurven —, da nach Aeußerung des Herrn Gon- verneurs ein baldiger Bau nicht zur Unmöglichkeit gehörte, und deshalb eine möglichst genaue Ermitte- lung der Erdarbeit zur Ausstellung des Kosten- anschlags erwünscht schien. Ferner ist auch bei der beabsichtigten Ausdehnung der Trace nur bis zu den Ulugurubergen eine spezielle Ausführung der Vor- arbeiten in absehbarer Zeit (zusammen elwa 20 Mo- nate einschl. Regenzeit) recht wohl möglich, da sich meiner Ansicht nach, trotz aller Schwierigkeiten, bei vorheriger allgemeiner Orientirung, auch bei spezieller Ausführung der Vorarbeiten eine monatliche Durch- schnittsleistung von min. 15 km erzielen läßt. 2. Die Schwierigkeit der Arbeit steigerte sich bedeutend im Simbasithal, welches so verwachsen ist, daß zunächst eine theilweise Aufnahme des Flußbettes nothwendig wurde. 3. Das schwarze Arbeiterpersonal mußte ein- gearbeitet werden. Bei demselben stellten sich infolge des fortgesetzten Arbeitens im Busch Fußkrankheiten ein. 4. Zeitverluste traten ein durch Lagerwechsel, Ruhetage und durch die erforderlichen Detail- rekognoszirungen. Von nun an baeabsichtige ich, die Vorarbeiten generell auszuführen, da diejenigen Faktoren, welche seiner Zeit einen baldigen Bau wahrscheinlich mach- ten, in den Hintergrund getreten zu sein scheinen. Ueber die Station Langenburg am Upassa-See entnehmen wir einem amtlichen Berichte Folgendes: Die Station hat schon in ganz kurzer Zeit einen hroßen Einfluß gewonnen und dieser steigert sich von Tag zu Tag, so daß sie bereits jetzt eine der wich- ligsten Stationen im Innern Ostafrikas genannt werden kann.