von ihnen an Bord war, wusch und kämmte sich nicht und zog sich die ganze Zeit nicht um. Erst als das Reiseziel in Sicht kam, begannen Waschung, Säuberung und das stundenlange Kämmen des Haar- reichthums. Die Weiber hüllten sich in prächtige seidene Gewänder und bedeckten sich mit so reichem Schmuck aller Art, daß ich Mühe hatte, unter dieser prächtigen Hülle die einstigen Borstenthiere wieder- zuerkennen. Mit ihrem Handel zugleich haben die Inder auch das englisch-indische Geld in Sausibar eingeführt, und sind daher die Nupie und der Pesa die gang- barsten Münzen. Gerechnet wird dagegen von ihnen mit einem ganz anderen Werthobjekt, dem „Maria Theresia-Thaler“. Und zwar muß derselbe die alte (natürlich sortwährend nach Bedarf neugemünztel) Zahl 1793 zeigen. Ein Maria Theresia-Thaler gilt 2 Rupies 8 Pesas. 64 Pesas geben 1 Nupie. Die mohammedanischen Inder sind nicht entfernt so strenggläubig als die Araber, auch weichen ihre Religionsgebräuche in Vielem voneinander ab. Außer den mohammedanischen Indern leben auch noch ein gut Theil heidnischer Inder in Sansibar, die Ban- jans. Diese sind Begetarier, da ihre Religion ihnen verbietel, Thiere zu tödten. Sic handeln so streng nach diesem religiösen Gebot, daß sie sogar jegliches Insekt, daß sich zu ihnen zufällig auf Körper oder Kleidung verirrt, vorsichtig abheben und in gesicherte Freiheit setzen. Ihre Religion schreibt ihnen weiter so vielerlei Waschungen vor, daß es dadurch auch mit ihrer Reinlichkeit erträglich wird. Ihr Haar scheeren sie, ähnlich den Chinesen, bis zum halben Hinterkopf ab, nur flechten sie das übrigbleibende nicht zum Zopf, sondern lassen es lose bis aus die Schulter herab- hängen. Sind den Banjas alle Thiere unverletzlich, so ist die Kuh ihnen besonders heilig als eine Gott- heit, die sie anbeten. Wenn sie selbst schon niemals irgend ein Thier tödten, so verrichten sie sogar Ge- bete, wenn sie zufällig oder gezwungen (wie an Bord) das Schlachten eines Rindes mit ansehen oder nur hören müssen. Zu ihren Gebetwaschungen muß das Wasser geweiht sein, darum schleppt ein Jeder von ihnen mehrere Gesäße solchen Wassers auf der Sce- reise mit. Die Nahrung der Banjas besteht aus Reis= und Mehlspeisen, Zudergebäck und Früchten. Die vielen Süßigkeiten geben ihrem Körper meistens einc er- staunliche Fettfülle, die sie schlaff und energielos macht, so daß es dem Europäer geradezu widerlich ist, oft und lange mit ihnen zu unterhandeln. Da sie aber eine bedeutende Rolle bei den verschiedenen Geschäften spielen, ist ihre kaufmännische Stellung nicht zu unterschätzen, und bringen sie es meistens zu großen Reichthümern bei ihrem Handel. Außer den Negern, Arabern, Indern, Banjanen giebt es auch noch Parsen in Sansibar. Dieselben sind bekanntlich Anhänger der Zoroastrischen Lehre und beten als solche Sonne und Feuer als die trei- benden Kräfte des Weltalls an. Es ist ja bekannt, 441 — daß ihnen das Element des Feuers selbst zu heilig ist, um es, wie die Inder, bei der Bestattung oder Vernichtung des Leichnams in Anwendung zu bringen; statt sie zu begraben oder zu verbreunen, überantwor- ten sie ihre Todten den Geiern zum Fraße. Ihre Thürme des Schweigens in Bombay sind ja welt- bekannt, doch habe ich in Sansibar einen gleichen Parsen-Begräbnißplatz nie gesehen. Sie sind einst aus Persien, ihrem Vaterlande, vertrieben worden, als sie sich zu Mohammed bekanuten, und haben nicht allein in Indien eine Zuflucht gesunden, sondern sich im Zeitenlaufe eine recht bedeutende Stellung dort erobert. Haben doch die Parsen schneller als alle anderen Morgenländer sich den curopäischen Verhältnissen anzupassen verstanden. So haben sie ihre eigenen Hochschulen, für Knaben sowohl als Mädchen; ihre Söhne studiren Medizin und Chemie und bilden sich selbst im Maschinenfach zu bedenten- der Vollkommenheit heran. Ihre Intelligenz und ausgezeichncten Kenntnisse der englischen Sprache macht sie den Europäern werthvoll, so daß man vielen Parsen als Angestellten in englischen und deul- schen Handelshäusern Sansibars begegnet, doch kann man sich nicht immer bei näherer Bekanntschaft mit ihnen des Eindrucks erwehren, daß sie zu unterwürfig und kriechend dem Europäer gegenüber sind, um auf- richtig und ihm treu zu sein. Die wenigst einträglichen Stellungen unter den zugewanderten Volksklassen nehmen in Sansibar die Goanesen ein. Aus der portugiesischen Kolonie Goa in Ostindien slammend und durchweg fromme Katho- liken, bilden sie die Handwerkerkaste der Tischler, Schneider, Schuster und vor Allem die der Köche. Die Goanesen sind stille, sich redlich nährende Leute, in Bezug auf Sauberkeit aber so unzuverlässig, daß gerade ihre Kochbesähigung in den Augen des Euro- päers eine kaum zu besiegende Einbuße dadurch erhält. Weil sic Christen sind, giebt der Sultan sie mit Vorliebe seinen deutschen Beamten als Diener und Koch und diese wissen dann gar traurige Liedlein über die Tugenden ihres Küchenchefs zu singen. Fleischabwaschen, Hühnerrupfen, Suppendurchschlagen und sonstige Selbstverständlichkeiten giebt es in dem Küchenreglement eines Goanesen nicht, dafür aber dieselbe Zimmetsauce zu Fleisch, Fisch und Geflügel, für das Gemüse kennt er nur die eine Zubereitungs- art der Salzbrühe, und daß das Geschirr und die Küchenutensilien nach dem Gebrauch gereinigt werden wollen, das geht absolut über sein Verständniß hinaus. In letzter Zeit, wo der Zuzug der Europäer sich gehoben hat, haben die Goancsen auch ihr Talent als Kaufleute entdeckt, und fangen sie an, den Indern Konkurrenz im Kleinhandel zu machen, indem sie Fleisch-, Gemüse= und Fischkonserven, die meistens deutschen Ursprungs sind, verkaufen; auch Kleidungs- stückc, Toilettengegenstände, Einrichtungsgegenstände für Haus und Küche sind bei ihnen zu allerdings ungeheuer hohen Preisen zu haben, wenn auch noch