— 573 — Dasselbe ist zugleich als erstinstanzliches Gericht zuständig für diejenigen Civil- und Strafprozesse, welche nicht zur Zuständigkeit der Häuptlinge gehören. Das Verbrechen des Mordes und Todtschlags bleibt jedoch der Jurisdiktion des Schiedsgerichts entzogen. Auch ist dasselbe nicht befugt, auf Todesstrase sowie auf eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu erkennen. 83. Für die Rechtsprechung des Schiedsgerichts sind die an Ort und Stelle in Uebung stehenden Gebräuche und Gewohnheiten maßgebend. 8 4. Die Mitglieder des Eingeborenen-Schiedsgerichts sowie deren Stellvertreter werden durch den Kaiserlichen Gouverneur oder den von ihm beauftragten Beamten ernannt. Die Ernennung ist jederzeit widerruflich. 85. Das Schiedsgericht ernennt einen Vorsitzenden, welcher die Verhandlungen zu leiten, sowie einen Sekretär, welcher über jeden Streitfall ein Protokoll zu führen hat. Das Protokoll, welches das Datum des Sißungstages, die Namen der Nichter und der Parteien, den Gegenstand und Grund des Rechtsstreits sowie die erlassene Entscheidung enthalten muß, ist von dem Vorsitzenden und dem Protokollführer zu unterschreiben. Die Protokolle eines Jahres sind chronologisch zu einem Aktenstücke zu vereinigen und können von dem Gouverneur und dessen Stellvertreter jederzeit eingesehen werden. Auch steht dem Gonverneur sowie dem von ihm beauftragten Beamten jederzeit frei, den Sitzungen des Eingeborenen-Schiedsgerichts beizuwohnen. 86. Gegen die Entscheidungen des Schiedsgerichts ist Berufung an den Leiter der Regierungsstation Edea oder dessen Stellvertreter zulässig. Dieselbe muß binnen einer Woche nach Verkündung der Ent- scheidung schriftlich oder mündlich bei der Kaiserlichen Regierungsstation eingelegt werden. 87. Die der Kompetenz des Eingeborenen-Schiedsgerichts nicht unterworfenen Strafsachen sind der Jurisdiktion des Leiters der Regierungsstation beziehungsweise dessen Stellvertreter vorbehalten. Kamerun, den 30. September 1895. In Vertretung des Kaiserlichen Gouverneurs: (L. S.) gez. Dr. Seitz. Bekanntmachung für das Schutzgebiet der Neu-Guincea-Kompagnie. An Stelle des abberufenen Kaiserlichen Nichters Herrn Brandeis ist laut Erlaß des Herrn Reichskanzlers vom 14. Oktober d. Is. der Königlich preußische Gerichtsassessor Herr Mellien auf Grund des Reichsgesetzes vom 13. März 1888 (N. G. Bl. S. 71) zur Ausübung der Gerichtsbarkeit J. Instanz im Schutgebiete der Neu-Guinea-Kompagnie ermächtigt worden. Gleichzeitig hat derselbe auf Grund des § 4 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiebe (N. G. Bl. 1888 S. 75), und des Reichsgesetzes, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Rcichsangehörigen im Auslande vom 4. Mai 1870 (B. G. Bl. S. 599) die Ermächtigung erhalten, für seine Person und für die Dauer seiner Thätigkeit im Schutgebiete, im Bismarck-Archipel bezüglich aller Personen, welche nicht Eingeborene sind, bürgerlich gültige Ehe- schließungen vorzunehmen und die Geburten, Heirathen und Sterbefälle zu beurkunden. Die gleiche Befugniß ist demselben für Kaiser Wilhelmsland in Behinderungsfällen des hiesigen Standesbeamten übertragen. Friedrich Wilhelmshafen, den 10. Dezember 1894. Der Kaiserliche Landeshauptmann. In Vertretung: (L. S.) gez. Rüdiger.