bereits, ehe er die Herrscherwürde erlangte, die Stadt Againdjc. Als nun sein Vorgänger, der von Morgen besuchte, weiter nordwärts wohnende Ngilla starb und Lion die Herrscherwürde erhielt, machte er Ngainds zur Hauptstadt des Landes. Am zweiten Tage bereits traf Watarc ein; er erklärte von vornherein, daß ich mit Ngilla nur in Ngaindfé selbst verhandeln könne, und daß dieser ein Nichtkommen meinerseits als schwere Kränkung empfinden würde. Ich hatte Aehnliches bereits vor- ausgesehen, und ein Bote an Ngilla war schon unterwegs, um ihm mein Kommen anzuzeigen, sofern Gimené aus dem Mangogebiet zurückgczogen würde. Täglich kamen mehrmals Boten von Ngilla, um sich nach unserem Befinden zu erkundigen, Fragen über den Grund unseres Kommens zu stellen und uns Freundschaftsversicherungen von Ngilla zu über- bringen. Als mir am vierten Tage Nangafiba, Ngillas erster Rathgeber, der mit Hauplmann Morgen seinerzeit in Kamerun gewesen und mir selbst sehr gut bekannt war, meldete, daß Gimen abberufen sei, brach ich auf breiten, herrlichen Wald- wegen zu Ngilla auf. Der Weg überschreitet einen gewaltigen Höhenrücken, und ich kann den Eindruck nicht unerwähnt lassen, den der sehr schöne Aus- blick, den ich vom Kamm aus genoß, auf mich und selbst auf meine Soldaten ausübte. Zu unseren Füßen tiefdunkel der Urwald, an seinem Rande sich anschmiegend, von grünem Grasgürtel umrahmt das eben verlassene Watark. Dann Gras und wieder dem Meere gleich wogendes Gras, milten darin, wie Inseln, die sauberen Batisiedelungen. Der Mbam und der Sannaga, weit hinter lehterem die dunkeln Umrisse der Yaundeberge, während hart am ersteren das majestätische Ngaundellegebirge sich erhebt. Auch Yambarja, Vatschinga und viele andere Pläße konnten wir sehen. Im eifrigen Gespräch über die an Erinnerungen so reichen Punkte mit den mich zu Pferde umgebenden Großen Ngillas und dem dolmetschenden Feldwebel Zampa verging die Zeit schnell, so daß mir der Anblick der gewaltigen Ngillastadt, die eine Anhöhe bisher verborgen ge- halten hatte, ganz unerwartet kam. Ngilla empfing die Expedition, umgeben von seinen Kriegern und den zum Handeln amvesenden Haussas, auf dem Königsplatz. Mir fiel sofort die groste Menge Berittener auf und das gute Pferde- material, das sich gegen meinen vorjährigen Besuch bedeutend gehoben hatte. Auch die Stadt ist ganz neu und viel ausgedehnter ausgebaut und statt der zwei Haussadörfer sind jetzt deren vier vorhanden. Ich sagte Ngilla von vornherein, ich käme nicht etwa, um lange Zeit bei ihm zu bleiben oder um Geschenke mit ihm auszutauschen, sondern der Grund meines Besuches sei lediglich der, zu ersahren, wie es käme, daß er, all unseren Abmachungen zuwider, in kriegerischer Absicht über den Sannaga gegangen ei. Es waren fünf interessante Tage, die ich nun in Ngaindjé verlebte. Seinen Einfall in das 654 Mangogebiet motivirte der schlaue König mit seiner treuen Freundschaft, die ihn nicht hätte ruhig zusehen lassen, wie sein weißer Verbündeter so ganz in seiner Nähe ohne seine Hülfe gekämpft hätte. Uebrigens kam Gimené in der That zurück. Allmählich kam Ngilla nun auch mit seinen Plänen gegen Tibati zum Vorschein. Er meinte zwar: „Der weiße Mann ist mein Freund, seinen Soldaten und meinen Wutes können selbst die reisigen Geschwader des großen Lamido nicht Stand halten.“ „Das Beste ist, Du bleibst hier", sagten mir Ngilla und seine Großen wiederholt; „denn dann kommen die Tibatileute sicher nicht.“ Als ich dies Ansinnen abwies — es blieb den Wutes allerdings unerklärlich, was mich bei den Leuten in YMaunde hielte —, suchte mich Ngilla zu einem bindenden Schutz= und TruWbündniß mit ihm zu bestimmen und war sehr erstaunt, als ich ihm sagte, daß hierüber mein Herr in Kamerun zu entscheiden habe, dessen Befehle von der Küste ich ganz ebenso abwarten müsse wie Gimené“ die seinen. Daß Ngilla übrigens Furcht vor Tibati hat, geht daraus hervor, daß er Geschenke nach dort geschickt und Verhandlungen angeknüpst hat, um mit dem Lamido gemeinsame Sache gegen seinen Nivalen Ngutte men Linte zu machen und so selbst verschont zu bleiben. Daß ein solches Verfahren nur eine kurze Galgenfrist für ihn selbst bedeutet, ist ihm wohl klar, aber für ihn giebt es außer Schulter an Schulter mit den Soldaten der Regierung eben nur so Rettung. Am dritten Tage meines Aufenthaltes in Ngaindic kaufte ich von Ngilla die beiden bereits oben er- wähnten Pferde und erhielt von ihm einen großen Elefantenzahn, sowie ein reich geslicktes Haussakleid zum Geschenk, wogegen ich ihm eine goldgestickte Lagosmütze, eine gute Decke, mehrere Stücke Brokat und zwei gerade Schwerter überreichen ließ. Kaum befand sich der König im Besitz dieser Geschenke, als er mit der Bitte herausrückte, ihm statt dessen lieber Patronen und Feuersteine zu geben, was ich jedoch unberücksichtigt ließ. Am anderen Morgen erschien eine Abordnung Ngillas bei mir mit einem sehr schönen Pferde, das ich am Tage vorher vergeblich hatte laufen wollen, sechs großen Elfenbeinzähnen, vier jungen Sklavinnen, geslochtenen Matten, seinem Mehl und Bananen, um durch diese reichen Gaben die Bitte um Munilion und Feuersteine zu unter- stützen. Da ich es aber unter den gegenwärtigen, unsicheren Umständen nicht für angezeigt hielt, Ngilla in einem Maße zu kräftigen, das uns vielleicht selbst später unangenehm werden konnte, hieß ich die Gesandten zu ihrem großen Staunen die Schätze wieder aufpacken und begab mich mit ihnen zum Könige. Ngilla machte noch einen letzten Versuch, indem er einen Elefantenzahn bringen ließ von derartigen Dimensionen, wie ich nie einen sah. Er war 1½ mal höher als ich selbst, dabei stark ge- bogen und von einer solchen Dicke daß Zampa nicht im Stande war, ihn auch nur ein wenig zu