— 249 — Nebenbei bemerkt, herrscht bei den Bakokos die Sitte, daß die Ortschaften mit dem Tode ihres Häuptlings sowohl ihren Namen als auch den früheren Standort wechseln; daraus erklärt sich die Verschiedenheit der Angaben der einzelnen Expeditions- führer. Ich hatte wiederholt auf der Route, welche sich stellenweise dem Sanaga nähert, Gelegenheit, mir ein Bild von der Beschaffenheit des Flußbettes zu machen, und war es nicht überraschend, nur Schnellen vorzusinden, zumal das Rauschen des Wassers weithin hörbar war. In Sakebayeme, wo ich am 2. Jannar an- langte, war ich genöthigt, bis zum 8. zu verweilen. Hier erfuhr ich von Eingeborenen, daß der Fluß auch weiter oberhalb selbst für Kanus nicht befahr- bar sei — ich mußte also schon der Schonung des Bootes wegen, welches ein häufiges Zusammensetzen und Auseinandernehmen nicht gestattet, die Re- kognoszirung mittelst Kanus auszuführen suchen. Zu diesem Zwecke sandte ich 11 meiner Träger nach Edca mit dem Auftrage, ein größeres Kanu über die Edeafälle stromaufwärts bis Sakebayeme zu bringen; denn außer den beiden Fährkanus, welche ihrer ungeschickten Bauart und des enormen Ge- wichtes wegen sich nicht verwenden ließen, stand mir kein anderes Fahrzeng zu Gebote. Ich mußte so- mit wohl oder übel so lange am Orte verbleiben, bis mir über das Fortkommen des Kanus nähere Nach- richten zugingen. Obwohl ich den Aussagen der Eingeborenen, betreffend den Flußlauf des Sanaga, welcher sowohl hier wie von allen übrigen auf meiner Tour berührten Volksstämmen nur „Lom“ genannt wird, Glauben schenkte, hielt ich es dennoch für unbedingt nothwendig, mir einige Gewißheit über die thatsächliche Beschaffenheit desselben zu ver- schaffen, und sandte infolgedessen Lieutenant Schmidt in Begleitung einiger Träger und Soldaten nach dem einen Tagemarsch weiter oberhalb gelegenen Bekok- orte „Mpim“, um hier nähere Erkundigungen ein- zuziehen. Schmidt, welcher am 4. Januar aufbrach, kehrte auf meine Veranlassung bereits am 8. wieder zurück. Zunächst berührte er bei der Mündung des von den Ndungebergen kommenden Eköheflusses den Sanaga, welcher dort, wie mir berichtet, bei einer Flußbettbreite von 1000 bis 1500 m zwischen zahl- reichen Inseln hindurchfließt und kleinere Fällc von etwa 1 m bildet. Weiter oberhalb fand Schmidt den Fluß ruhiger fließend und war der Ansicht, daß hier das Boot zur Weiterfahrt Gelegenheit haben würde. In Mvpim erreichte Schmidt zum zweiten Male den Sanaga, wo er weder Schnellen noch Wasserfälle konstatirte. Ich wäre nun zweifellos mit der Karawane nach Mpim aufgebrochen, wenn Schmidt in seinem Bericht nicht darauf hingewiesen hätte, daß der Transport der Bootslasten. über die steilen Hänge der Ndungeberge die größten Schwierig- keiten bereiten würde. Ich marschirte darauf am 9. unter Zurücklassung des Lieutenants Schmidt, welcher mit Kanu folgen sollte, nach der von ihm bezeichneten Stelle östlich des Eköheflusses, welche ich nach zwei Stunden er- reichte. Hier ließ ich die Karawane auf dem Wege zurück, um mich selbst zum Flusse zu begeben. Mit Hülfe einiger Träger gelang es mir, am Ufer ent- lang durch den dichten und steil zum Flusse abfallen- den Busch, wohl eine Stunde lang, mich durch- zuschlagen. Auf dieser Wegstrecke konnte ich, da der Strom infolge der vielen vorgelagerten Inseln und Felsblöcke stellenweise bis auf 20 m zusammen- gedrängt wird und hier in rasender Geschwindigkeit fließt, keine für Zusammensetzung des Bootes günstige Stelle finden. Oberhalb dieses Kataraktengebietes fließt der Sanaga wieder ruhig, bis dann etwa nach 3000 m von Neuem Schnellen auftreten. Ungefähr 300 m oberhalb dieser Schnellen am Njambeaufer, gegenüber der Kanulandestelle der Ndogodjes, bezog ich Lager, woselbst auch bald darauf die Karawane eintraf. Hier entschloß ich mich, am nächsten Tage mit dem Zusammensetzen des Bootes zu beginnen. Am 12. war dasselbe zusammengesetzt. und zu Wasser gelassen, und konnte ich am Nachmittag eine Reknognoszirungsfahrt unternehmen. Leider mußte ich nach einstündiger Fahrt, welche glatt und ohne Zwischenfall verlief, die Weiterfahrt aufgeben, da wiederum Schuellen auftraten. die des starken Stromes wegen nicht passirt werden konnten. Der Sanaga, welcher sich hien mehr W—ê HOstsüdost wendet, theilt sich in zwei Arme und um- tne 2 km lange, bewaldete Insel. Oberhalb dieser tritt wieder das alte Kataraktengebiet auf, Wasserfälle wechseln ab mit Schnellen und bieten der Schifffahrt ein unüberwindliches Hinderniß. Ich war also genöthigt, trotz der günstig lauten- den Berichte des Lieutenants Schmidt, das Boot wieder auseinanderzunehmen und zum Weitertrans- Crichten. vort hernn Expedition den Weitermarsch antreten konnte, mußte ich den von Schmidt als unpassirbar bezeichucten Weg rekognosziren. 4 Ich ließ die Expedition unter Thoms zurück und marschirte am 13. zu diesem Zwecke auf Mpim zu. Nach einer Stunde hatte ich bereits die Ndunge- berge überschritten und das am Nordabhange sanber angelegte Njambeadorf erreicht. Der Weg steigt anfangs steil an und führt später durch eine tiefe Schlucht um die Hänge der Ndungeberge herum. Hier bieten auf dem Wege liegende Baumstämme wohl ein Hinderniß, jedoch ein so unbedeutendes, daß ich gar keine Bedenken trug, hier mit der Expedition zu folgen. Mpim erreichte ich nach weiterem ¾ stündigem Marsch. Das sauber gehaltene Dorf, welches in Form eines Rechtecks gebaut, besteht aus 30 bis 35 Hütten, welche ihrer Bauart nach sich absolut nicht von denen der übrigen Bakokos unterscheiden. 4 Der alte Weiberkönig Mpim (derselbe verfügt nur über 8 Mann und etwa 30 Weiber), welcher