— 449 — und in Stephansort an der Astrolabeebene geboren, sowie eine kleine ganz zahme Ziege. Von der Mit- nahme einer größeren Anzahl lebender Ziegen mußte nach fehlgeschlagenem Versuch der Schwierigkeit des Treibens wegen Abstand genommen werden. Ehlers hatte keinerlei Instrumente zur geographi- schen Ortsbestimmung mitgenommen; außer seiner Uhr trug er, mit einem Riemen um die Hifte ge- schnallt, in einem Lederfutteral eine etwa 7 bis 8 cm im Durchmesser grosze Diopterbussole. Von einer Anzahl der an der Mündung des Franziskaflusses wohnenden Eingeborenen begleitet, brach die Expedition am Mittwoch den 14. August 1895, nachmittags 2 Uhr, von der Küste auf und begann den Marsch in das Innere. Der Weg ging zuerst das Flußthal aufwärts, bald auf diesem Ufer, bald auf jenem Ufer entlang. Es gab noch einzelne Eingeborenenpfade und das flache Wasser des Flusses machte das häufig nothwendige Ueberschreiten desselben nicht unangenehm oder beschwerlich. So ging es immer allmählich ansteigend vorwärts. Nach 2½2 Tagen, am Sonnabend den 17. August, noch vor Tages- anbruch hatten die begleitenden Eingeborenen sich von der Expedition getrennt und waren nach der Küste zurückgekehrt. Ehlers hatte ihnen keinen Zettel mit irgend einer Notiz zur Besorgung mitgegeben, so daß der Dampfer „Mabel“, welcher am Sonntag den 18. August die Bayernbucht noch einmal ange- laufen hatte, nur aus den Erzählungen der eben heimgekehrten Eingeborenen erfahren konnte, daß die Expedition bis dahin einen erwünschten Verlauf ge- nommen hatte. Im Ganzen wurde dem Flußlauf des Franziska- flusses etwa fünf Tage, das ist bis zum 19. August, gefolgt und dann der Weg nach dem Kompaß durch den Busch eingeschlagen. Bald gelang es, einen Bach- lauf zu erreichen, dessen Richtung so günstig lag, daß sie verfolgt werden konnte. Gleich nach dem Verlassen des Franziskaflusses mußten hohe Gebirgsrücken überklettert werden, die noch von der See zu sehen sind und deren Höhe wohl auf 1000 m geschätzt werden kann. Alle diese Gebirgsrücken waren von starkem Hochwald bestanden, welchen dichtes Unterholz neben viel Gestein nur schwer und sehr mühsam passirbar machten. Am 23. August wurde ein großes Eingeborenen- dorf angetroffen und da die Leute sich sehr freundlich geberdeten, wurde beschlossen, drei Tage bei ihnen zu rasten. Tabak und Eisen war den Leuten ganz un- bekannt, nur Glasperlen erweckten ihre Begierde und sie verkauften dafür gern alle Nahrungsmittel, be- sonders auch lebende Schweine und Hunde; die Kokospalme ist gar nicht vorgefunden worden. Für rothe und blaue Farbe, die sonst gern an der Küste zum Schmuck der nackten Leiber verwendet wird, hatten sie gar kein Verständniß, ja sie sollen sich sogar davor gefürchtet haben. Der Schmuck der Einwohner des Dorfes bestand meist in Halsbändern aus Hundezähnen und stark gebogenen Eberhauern, also ganz ähnlich wie bei den Bewohnern der Küste. Leider hatte Ehlers auf dem Marsche durch den Busch, wo der Weg mittelst Messer erst geschlagen werden mußte, seine Diopterbussole ver- loren; sie ist ihm wohl beim Durchdringen des Busches von der Hifte fortgerissen worden, ohne daß er es bemerkt hatte. Für die Richtungsbestimmung war die Expedition jetzt nur auf einen kleinen Taschen- kompaß des Polizeiunteroffiziers Piering angewiesen. Solange der Weg durch den Busch gegangen war, gab der erste Anfang schon ein wenig verlocken- des Bild von den Strapazen, welche die Expedition auf dem weiteren Marsche zu erwarten hatte. Das große Dorf lag auf dem Rücken eines hohen Berges, und die der kalten Luft ungewohnten Träger der Expedition litten sehr von der oben herrschenden Kälte. Schon auf dem Wege bis zum Dorfe und nun auch im Dorfe selber hatte die Expedition viel von Regen und feuchtem Nebel zu leiden, die Sonne wurde nur sehr selten gesehen. In dem Dorfe starb der erste Mann, ein Neu- Mecklenburger; wie es scheint, hat der Mann Krämpfe gehabt, doch welche Ursache diese hatten, ist zu er- fahren nicht möglich gewesen. 4 Nach drei Tagen, also am 26. August, verließ die Expedition das gastliche Dorf, noch die letzten Reste der eingehandelten Nahrungsmittel, so viel wie es möglich war, mit sich tragend. Es regnete un- aufhörlich und kein Eingeborener des Dorfes hatte seine Begleitung angeboten, doch hatte Ehlers sich eingehend bei ihnen erkundigt, ob er auf einem Wege, dessen Richtung er ihnen mit der Hand gab, noch mehr Dörfer antreffen würde. Die Antwort schien günstig zu lauten, doch hatten die Eingeborenen den Zusatz gemacht, es wäre aber sehr, sehr weit. Es ist zweifellos schwierig, von Leuten, deren Zeit- bestimmung auf so ganz ursprünglicher Grundlage ruht, die Entfernung bis zu einem nächsten Dorf zu erfahren, der Ausdruck „sehr, sehr weit“ ist immer ein dehnbarer Begriff. Ehlers glaubte aber, die Auskunft für sich günstig deuten zu sollen, und mit froher Zuversicht wurde der weitere Weg an- getreten. " Kein benutzbarer Pfad war von jetzt an vorhan- den, prächtiger Hochwald mit riesenhohen Stämmen und dichter Unterbusch bedeckte unabsehbar die Ge- birgshöhen wie die Thäler. Zunächst ging man nun, den Weg durch den verschlungenen dichten Unterbusch mittelst Messer sich bahnend, von dem Gebirgsrücken abwärts ins Thal, wo ein ziemlich bedeutender Fluß angetrossen wurde, dessen Gewässer nach Osten liefen und der durch Schwimmen passirt werden mußte. Der Weg war sehr beschwerlich, herumgestreute Steine und riesige Felsblöcke versperrten ihn häufig und machten ihn noch beschwerlicher, dazu kam noch sortwährender Regen und feuchter Nebel, so daß der Fortgang des Marsches ein sehr langsamer war; oft war ein Nachtlager auf