läufig liegt aber die Arbeiterfrage noch nicht sicher genug, als daß man mit gutem Gewissen zur Kultur wenigstens derjenigen Faserpflanzen rathen könnte, deren Anbau einen intensiven Betrieb mit vielen gut geschulten und zu jeder Zeit in ausreichendem Maße vorhandenen Arbeitskräften voraussetzt, wie Baumwolle, Jute, Ramie. Bei diesen drängt sich die Ernte auf eine sehr kurze Zeit des Jahres zu- sammen und ein Fehlen von genügenden Arbeitern gerade zu dieser Zeit hat den Verlust der ganzen Ernte oder eines Theiles derselben zur Folge. Auch die Pflanzzeit ist für einjährige Pflanzen nur eine beschränkte und erfordert auf einmal zahlreiche Ar- beitskräfte. Zu beachten ist auch, daß die Ernte in diejenige Zeit fällt, in der die Eingeborenen mit dem Reinigen und der Anlage ihrer eigenen Farmen beschäftigt und Arbeiter schwerer zu haben sind, als 3z. B. während der Ernte von Kakaov und Kassee, welche in die Regenzeit fällt. Für die anderen mehrjährigen Faserpflanzen, wie Sisal, Mauritius= und Bogenstranghauf, wiederum sind die Arbeitskräfte vorläufig noch zu theuer, um eine Kultur rentabel zu machen. Außerdem ist es ein Uebelstand, der sich bei der Zucht von Kakao und Kaffee weniger bemerkbar machen dürfte als bei den Faserpflanzen, daß die Arbeiter sich meist nur auf ein Jahr verdingen, die Eingeborenen oft sogar nur auf Monate. In anderen Ländern wachsen die Arbeiter sozusagen in den Plantagen auf und lernen den Betrieb von Kind auf. In Kamerun dagegen kehrt der Arbeiter, gerade wenn er angefangen hat, etwas zu lernen, in seine Heimath zurück und kommt erst wieder, wenn er seine Ersparnisse los geworden ist, wozu allerdings einige Stämme, wie die intelligenten Wei= und Bassaneger nur eine anerkennenswerth kurze Zeit brauchen. Außerdem ist die Arbeit beim Kakao eine viel einfachere und bequemere als bei den Faserpflanzen. Das leichtere Urbarmachen und Bepflanzen des Landes ist schon früher erwähnt worden. Danach kostet das Reinigen der Pflanzung in den ersten drei Jahren allerdings viel Arbeit, besonders das defi- nitive Entfernen bösartiger Unkräuter, wie Dioscoreen, Maranthaceen, Convolvulaceen, einiger Gramineenund Smilaxarten. Vom vierten Jahre ab betheiligen 777 sich aber die Bäume selbst schon sehr wesentlich an der Unterdrückung des Unkrauts, und das Rein-= halten der Pflanzung geschieht mit wenig Mühe. Die Ernte vertheilt sich über viele Monate des Jahres. Man kann bei gutem und schlechtem Wetter, bei Regen wie Sonnenschein ernten. Der heute geerntete Kakao kann innerhalb fünf bis sechs Tagen zum Versand fertig sein, es bedarf nur eines Trockenapparates. Das sind Vortheile, die Jedem einleuchten müssen. Darum kann man auch nur Jedem, der in Kamerun Plantagen anlegen will, rathen, keine Faserpflanzen anzubauen, dort wo Kakao gut gedeihen würde. Was das Klima anbetrifft, so ist dasselbe für das Gedeihen aller genaunten Faserpflanzen, wic die Versuche zeigen, recht günstig. Für Baumwolle würden die reichlichen Regenmengen allerdings oft verderblich werden können, wenn sie in die Erntezeit fallen, und es giebt keinen regen- losen Monat im Kamerungebiet. An der Westseite des Kamerungebirges würde die Kultur von Baum- wolle völlig ausgeschlossen sein, denn hier sind die regenlosen Tage im Jahre eine Seltenheit. Die Regenmengen sind etwa doppelt so groß wie im Osten und Süden des Gebirges, denn auf der Plantage Debundja fielen im letzten Jahre über 9000 mm Regen, eine für afrikanische Verhältnisse unerhörte und auf der ganzen Welt seltene Regenmenge. Um die Frage der Rentabilität der Faserpflanzen im Vergleiche mit derjenigen des Kakaos zu erörtern, kann ich allerdings nur über letzteren von mir selbst gewonnene, positive Resultate angeben. Die dies- bezüglichen Angaben über die ersteren entnehme ich theils aus Semler: Tropische Agrikultur, theils aus dem „Kew Bulletin“, theils aus „Planters Gazette“. Ueber Kakao steht mir reichliches Ma- terial zur Verfügung, da die Versuchsplantage selbst einen 19 Jahre alten Bestand und andere von 9, 7, 4, 3, 2 und 1 Jahre enthält. Außerdem bestehen die Plantagen in Kriegsschiffhafen, Bibundi, Debundja schon seit vielen Jahren. Ein Hektar Kakao bei einer Pflanzweite von 4:4 m liefert schon im dritten Jahre ctwa 150 kg Kalao, im vierten Jahre mindestens 600 kg Kakav. Der Ertrag steigt dann bis zum achten und neunten Jahre und erreicht in dieser Zeit auf dem besten Boden einen Durchschnitt von 2 kg für den Baum. Von da an steigt der Ertrag bei der engen Pflanz- weite nicht mehr, sondern nimmt allmählich ab, jedoch tragen 20 Jahre alte Bäume noch immer mehr als 0,5 kg für den Baum. Ein Hektar Kalao- liefert bei einer Pflanzweite von 5„ 5 m im dritten Jahre etwas über 100 kg, im vierten Jahre über 400 kg. Von da ab dürften die Erträge bis min- destens zum zehnten oder fünfzehnten Jahre steigen und dann eine weit längere Reihe von Jahren hoch bleiben als bei einer Pflanzweite von 4 m. In der Versuchsplantage haben einzelne achtjährige, von Eingeborenen ohne Sorgfalt gepflanzte Bäume, nach- dem sie zwei Jahre lang gut gepflegt und rein- gehalten worden waren, bis 4 kg im Jahre getragen. Den Ertrag für den Hektar Kakao kann man bei den jetzigen sehr niedrigen Preisen von 1 Mark pro Kilogramm im vierten bis sechsten Jahre auf durch- schnittlich 550 Mark, im siebenten bis neunten Jahre auf durchschnittlich 650 bis 700 Mark an- nehmen. Die Erträge der Faserpflanzen werde ich bei Besprechung der einzelnen Pflanzenarten nunmehr erörtern.