Von Kwai wanderte ich in nordnordwestlicher Richtung weiter, bis ich nach vierstündigem Marsche das elende, nur aus vier Hütten bestehende Wambugu- nest Kuambe erreicht hatte. Der Weg führte durch ein sehr fruchtbares, welliges Hügelland, in dem Waldriesen mit lichten Buschbeständen und einzelnen urwaldartigen Partien abwechselten. Ueberall reichlich Wasser und für die Bodenkultur keine besonderen Schwierigkeiten. Häufig traten uns kleinere halb- wilde Rinderherden, unter ihnen prachtvolle Thiere, störend in den Weg, besonders mein Maulthier war das stete Objekt der Angriffe der wachsamen Leit- und Mutterthiere. Die Wambugu, welche fast nackt umhergehen, den Körper nur theilweise mit roh bearbeiteten Thierhäuten umhängend, sind ein schönes, kräftiges, von der Kultur noch gänzlich unbelecktes Bergvolk. Ihre kreisrunden Hütten, in denen der strenge Rauch dem Europser den Aufenthalt ver- bietet, bewohnen sie im friedlichsten Beisammensein mit ihrem Klein= und Großvieh. Am anderen Tage zog ich zunächst dem Thale des Kangaue entlang durch meist sehr fruchtbares Gebiet, in welchem auch kräftiger Wald auf nicht steinigem Grunde in größerer Ausdehnung vielleicht umfangrelche Kaffeekulturen gestatten würde, und er- reichte gegen Abend nach Durchquerung der Land- schaft Kwambugu, den Schegescherai rechts liegen lassend, den aus wenigen Hütten bestehenden Wam- buguort Siagembe, in der Rähe des auf der Bau- mannschen Karte mit Marindi, 2000 m hoch, be- zeichneten Punktes. Gerade die nähere Umgebung des von mir gewählten Lagerplatzes aus großen, langsam ansteigenden Wiesenhängen mit bewaldeten Kuppen bestehend, mit einem Gras= und Kräuterwuchs, der das freudige Staunen jedes der Landwirthschaft einigermaßen Kundigen erregen muß, erschien mir als ein idealer Ort für die Anlage eines landwirthschaft- lichen Betriebes. Der Wiesenboden ist nach der Aussage der Wambugu hier ursprünglich mit hohen Waldbäumen bestanden gewesen und anscheinend zu jeder Art von Kultur geeignet. Wilder Wein und hopfenartige Gewächse wucherten in der nächsten Umgebung des Platzes. Am 23. marschirte ich in fast westlicher Richtung dem Schummelande zu. Außer welligem fruchtbaren Gelände hatte ich zunächst auch, recht unbequem bergauf, bergab, drei dem Schummelande vorgelagerte Bergzüge zu passiren. Die Berge waren mit jüngeren dichtstehenden, auf dunkelschwarzrothem humusreichen Boden wurzelnden Bäumen und Schlinggewächsen bestanden, zwischen denen einzelne Baumriesen, ins- besondere kerzengerade Cedernstämme, emporragten. Am Westabhange des letzten Berges Kingereja fand ich am Wege stehend eine wilde Banane von gut 1 m Durchmesser und 20 bis 30 Fuß Höhe, so daß ich zuerst glaubte, ein mir noch unbekanntes Tropen- gewächs vor mir zu haben, bis mich meine Begleiter belehrten, daß es die Mama (Mutter) der eßbaren Banane, also die wilde Banane der Urwälder Usam- baras sei. Es handelt sich demnach nur um ein 488 riesiges Exemplar einer weitverbreiteten Pflanzen- hattung, welches durch seine Ueppigkeit die außer- ordentliche Bodenfruchtbarkeit so recht augenfällig machen zu wollen schien. Die Waldungen dieser drei Berge besitzen für Anlage einer großen Kaffeeplantage genügende Ausdehnung. Ich durchzog nun die Schummehochebene, aber leider dank der Ungeschicklichkeit meines Führers in ihrem nördlichsten Theile, der durchaus nicht frucht- bar ist. Der Weg führte meist durch Wiesenthäler, deren dürftiges Gras auf steinigem Boden den Fährten nach anscheinend ziemlich zahlreichen Büffeln zur Nahrung dient. Die vorspringenden Waldecken oder auch ausgedehnteren Waldflächen zeigten keine ge- schlossenen Baumbestände. Gute Cedernstämme sah ich selten, und fast alle Bäume krankten an einer weißgrünen lang herunterhängenden Baumfflechte. Ich kann daher über das eigentliche angeblich so fruchtbare Schummehochland keine Auskunft geben. Es gelang mir an diesem Tage noch nach Durch- wanderung des Schummelandes den Abstieg vom Luguluaberge, der bei klarem Wetter eine herrliche Aussicht gewähren muß, zur Steppe auszuführen. Ein Weg quer durch die Steppe nach Mittelpare und die Berge Mittelpares hinauf war nicht zu er- kunden. Ich war daher genöthigt, meine Reise über Mikotscheni und Mabirione zum Fuße des Tindi (Mittelpare) fortzusetzen. Hier in dem Dorfe des Wakllindijumben Kimueri machte ich zwei Rasttage und benutzte sie, um bei den alten zuverlässigen Wakilindi eingehende Erkundigungen über Süd= und Mittelpare einzuziehen. Hiernach ist in Südpare, welches fast ganz abgeholzt und auch meistens steinig und wenig fruchtbar ist, für Plantagen und Ansie- delungen kein Raum. Hingegen ist das nur schwach bewohnte Mittelpare von 1000 m ab etwa fruchtbar und hat ein gemäßigtes Klima. Vor allen Dingen erstreckt sich vom Gipfel des Tindi ab bis nach Wudeh ein geschlossener Urwald. Diesen Urwald berühren die Eingeborenen gar nicht, da es, wie die Walilindi sich ausdrücken, drinnen sehr kalt ist und wilde Thiere und Geister dort wohnen. Kimuerl sagte mir auf Befragen nach dem Baumwuchs: „Herr, die Bäume in dem Walde sind so dick wie dein Zelt.“ Da diese Waldfläche Tausende von Hektaren umfaßt, so würde es sich wohl empfehlen, gelegentlich eine nähere Untersuchung Mittelpares auf seinen land- und forstwirthschaftlichen Werth ausführen zu lassen. Wenn eine gute Verbindung mit Masinde bis zur Küste hergestellt ist, kann die kulturelle Erschließung Mittelpares jedenfalls in Betracht gezogen werden. Vom Paregebirge trat ich die Rückreise durch die Steppe über den Mangasee nach Masinde an. Um diesen Ort nach beiden Richtungen, Süden und Norden, ist außerordentlich viel unter dem jetzigen Stationsleiter Sergeant Jaenke für den Wegebau geschehen. Zur Belohnung und Aufmunterung für die Zukunft würde ein erhebliches Geldgeschenk an die hauptsächlich am Wegebau betheillgten Jumben und Ortschaften jedenfalls am Platze sein. Der