Aruscha ju (jenseits des Meruberges), Aruscha tschini (in der südlichen Steppe), nach Umbugwe und den zahlreichen in der Steppe zerstreut liegenden Wando- robbokraals erstreckt sich der unmittelbare Einfluß der deutschen Station. Die Oberhäuptlinge aller dieser früher feindseligen Stämme erschienen zu meiner Be- grüßung auf fünf, sogar acht Tagemärsche weit und brachten Elfenbein und andere Geschenke als Tribut. Südpare und Westusambara sind diejenigen Ge- biete der Kolonie, die gegenwärtig zumeist gefördert und in ihrer wirthschaftlichen Entwickelung begünstigt werden müssen. Beide Gebirgsländer zeigen etwa die gleiche Erhebung (1500 bis 2000 m), werthvolle Waldbestände und schöne Wiesenmatten, reiche Be- wässerung, Klima und Boden für deutsche Besiede- lung geeignet. Ihre Küstennähe und die Hoffnung, daß beide bald durch Verlängerung der Tangabahn mit der Küste in direkte Verbindung treten, lassen hier eine schnelle und günstige Entwickelung wenigstens in Aussicht stellen. Den Gebirgsklotz von Südpare habe ich von Kisuani aus erstiegen, auf der Höhe des Gebirges die Landschaften Wudeh, Tschomme, Gonjansa und Kansa durchzogen und bin bei Gondja in die Steppe hinabgestiegen. Das Land Wudeh, das sich Dr. Beerwald für die Afrikanische Landwirthschafts-Gesellschaft gesichert hat, besteht aus schönen Hochweiden, die von den Bananen-, Mais= und Zuckerrohrschamben der Ein- geborenen unterbrochen sind. Es eignet sich entschieden zur Viehzucht in größerem Stil. Verschweigen läßt sich aber nicht, daß die Zugangspunkte zum Gebirge, nach Kisuani und Gondja für Vieh gefährlich zu sein scheinen. Ein Maulthier meiner Expedition, das den Ausstieg nicht mitmachte, sondern vier Tage am Fuße des Gebirges an den beiden genannten Punkten ver- blieb, ging wenige Tage darauf an den Krankheits- erscheinungen des Tsetsestiches (Blut aus Augen und Nüstern, Blutharn 2c.) ein, während die anderen Thiere, die die schwere Kletterpartie mitgemacht hatten, gesund blieben. Die Afrikanische Landwirth- schafts-Gesellschaft wird also mit diesem Faktor rechnen müssen, wenn sie größere Viehstapel an oder auf dem Paregebirge aufstellen will. Die Landschaft Tschomme, die von Seiten eines Pflanzers für Plantagenzwecke in Aussicht genommen ist, hat meinen Erwartungen nicht entsprochen. Sie hat keinen Waldbestand, keinen tkefgründigen Humus, sondern zeigt dasselbe Aeußere wie Wudeh und wird für bäuerliche Landwirthschaft und Viehzucht recht gut sich eignen. Oestlich Tschomme breitet sich auf der Höhe des Gebirges — auf 1800 bis 2000 m — ein prachtvoller Urwald aus, dessen nordsüdliche Ausdehnung ich nicht feststellen konnte, den ich von Westen nach Osten in drei vollen Stunden mühsam durchquerte. Mächtige Baumriesen, dichtes Unterholz, Lianengehänge, Farnkräuter und malerische Baum- farne sind das Charakteristische dieses Waldbestandes. Em Boden, der solchen Pflanzenwuchs trägt und 266 trotz der trockenen Jahreszcit solche Feuchtigkeit birgt, ist für jeden Anbau geeignet und kann je nach der Höhenlage für die verschiedenen Tropenkulturen ver- wendet werden. Von Gondja führte mich ein starker Marsch durch die sonnendurchglühte Dornensteppe nach Schemahombe am Nordwestsuße des Usambara-Gebirgsstockes, von wo der fast senkrechte Aufstieg zu den Missionen Mtai und Mlalo gemacht ward. Ich habe sodann Westusambara in nordsüdlicher Richtung durchzogen und Abstecher in das Schummeland und nach der Plantage Sakarre gemacht. Die ganze Gebirgs- landschaft weist durch ihren immergrünen Anstrich, durch ihre starke Bewaldung und ihre saftigen Wiesen- matten selbst dem Laien das Bild eines Landes, das sich für deutsche Besiedelung eignet. Die vom Gou- vernement bei Kwai angelegte Musterwirthschaft, die unter der kundigen und praktischen Leitung des Herrn Eick in kaum zwei Jahren eine staunenswerthe Ent- wickelung genommen hat, wird den Mittelpunkt einer Bauernansiedelung in hoffentlich kurzer Zeit bilden. Jeder Kolonist kann sich hier mit eigenen Augen überzeugen, welch fabelhafte Fruchtbarkeit in diesem Boden steckt, wie die Kartoffeln, Roggen, Gerste, Lupinen, Weizen, Mais, Futterrüben, alle Gemüse- arten und daneben Wein, Kaffee, Thee 2c. gedeihen, welche Erfahrungen bei dem Anbau der einzelnen Früchte gesammelt, welche Fehler zu vermeiden sind. Ich stehe nicht an, diesen Punkt als die Perle der ganzen Kolonie und als den Brennpunkt aller hier im Lande geleisteten Arbeit zu bezeichnen. Es darf die Hoffnung auf eine glänzende Zukunft dieses schönen Landstriches ausgesprochen werden. Von Kwai aus durchzog ich in mehreren Tage- märschen die Landschaften Magamba und Schumme. In der ersteren, die theils aus Wiesenmatten, theils aus Hochwald besteht, ist ein Abschnitt für Plantagen- zwecke verkauft worden. Das Land ist sicher günstig für derartigen Betrieb, mit der Arbeit ist bis jetzt jedoch noch nicht begonnen. Das Schummeland, auf 1800 bis 2000 m Höhe gelegen, ist ein Gebirgsstock, dessen Berge mit werthvollem hochstämmigen Cedern- holze (Juniperus procera) bedeckt sind, während die Thaleinschnitte auf wagerechter Sohle grüne Wiesenmatten zeigen. Die Landschaft ist auf vier Quadratmeilen Flächenraum zu schätzen, wovon etwa die Hälfte mit Cedernholz bewachsen sein mag. Hun- dertjährige Stämme sind in großer Zahl vorhanden und repräsentiren bedeutende Werthe. Gegenwärtig ruiniren die Eingeborenen diese Bestände, indem sie die Rinde der großen Bäume abschälen und ihre Hütten damit decken, andererseits durch Waldbrände ruchlosester Art. Selbstverständlich kann dies für Bleistiftfabrikation verwendbare Holz erst nutzbar werden, wenn die Eisenbahn bis Mombo unmittelbar an die Berge herangeführt ist. Schon jetzt aber handelt es sich dringend um sofortigen Forstschuz, der durch deutsche Beamte mit Strenge durchzu- führen ist.