— 506 unterstellte dieselbe dem Ober-Landmesser Dürr- ling, welcher schon vor seiner Ankunft mit dem Impfgeschäft begonnen hatte; derselbe war in der mikroskopischen Gallenuntersuchung von ärztlicher Seite bereits ausgebildet. Redner kam in Otjim- bingue zum ersten Mal zur Ueberzeugung, daß die von ihm in Angriff genommene Ausführung des Kochschen Impfverfahrens mit sorgfältiger Kontrole der Impfthiere durch Temperaturmessung vor und nach der Impfung mit gutem Personal praktisch vollkommen durchführbar sei. Gerade der Tempe- raturmessung, durch welche es ermöglicht wird, rinderpestkranke Thiere schon im ersten, rein fieber- haften Stadium der Krankheit von gesunden zu trennen, ehe sie die letzteren durch ihre Ausscheidungen infiziren können, mißt Redner einen großen Theil seiner guten Impfergebnisse bei. Von Otjimbingue rückte Redner weiter gegen Windhoek vor, von Station zu Station die Maß- nahmen gegen die Rinderpest organisirend. In der Umgebung von Windhoek fand er eine große Anzahl von Gespannen und Herden, die theils schon geimpft, theils noch in der Impfung begriffen waren. Nach Regelung des Impfverfahrens hier und Kontrole sämmtlicher geimpften Bestände begab sich Redner nach Windhoek selbst. Bei seiner letzten Kontrole hatte Redner sich überzeugt, daß thatsächlich in ver- schiedenen mit Galle geimpften Gespannen bezw. Herden in der Umgebung Windhoeks Rinder vier Wochen nach der Impfung wieder rinderpestkrank geworden waren. Diese Beobachtung brachte ihn zu dem Entschluß, die reine, allmählich abnehmende Gallenimmunität durch Infektion der gallengeimpften Rinder mit Rinderpestblut zu erhöhen. Der Zeit- punkt für diese Infektion mußte so gewählt werden, daß die Impflinge auf dieselbe mit abgeschwächter Rinderpesterkrankung reagirten und durch Ueber- stehen derselben vermöge des noch vorhandenen Gallenimpsschutzes die höchstmögliche Immunität er- warben. Dieses Verfahren ist überall, soweit die Macht- befugniß des Redners gereicht hat, in Deutsch-Süd- westafrika durchgeführt worden, und zwar ist der größte Theil der mit Galle geimpften Rinder zwischen dem 20. bis 100. Tage, der Durchschnitt am 50. Tage nach der Gallenimpfung mit Ninderpestblut (1 bis 10 cecm pro dosi) nachgeimpft worden. Die nachgeimpften Thiere reagirten auf die Nach- impfung mit Temperatursteigerung bezw. leichten äußerlich wahrnehmbaren Krankheitserscheinungen. Abgesehen hiervon ist eine nicht unbeträchtliche An- zahl von Rindern so hoch wie möglich dadurch im- munisirt worden, daß dieselben vor Eintritt der vollen Gallenimmunität mit Rinderpest infizirt, ab- geschwächte Rinderpest durchmachten. Zwei Wege zum gleichen Ziel! In Windhoek angelangt, stellte Redner in Konferenz mit dem Landeshauptmann und anderen leitenden Organen den dringenden Antrag, die vorstehend skizzirte Doppelimpfung zur Durch- führung zu bringen und vor allen Dingen zunächst für die Zugochsen obligatorisch zu machen. Nach Zustimmung der Regierung ist es Redner gelungen, die von ihm beantragte Doppelimpfmethode, wenn auch nach Ueberwindung vielseitigen Widerstandes seitens der europäischen und eingeborenen Bevölke= rung, durchzuführen. Ein zweites Ergebniß der ersten Konferenz mit dem Landeshauptmann war die Errichtung einer wissenschaftlichen Station zur Untersuchung von Vieh- seuchen (besonders Rinderpest, Lungenseuche, Pferde- sterbe) in Gammams bei Windhoek. Diese Station ist inzwischen nach den Angaben des Redners ge- baut und, mit vortrefflichem Laboratorium ausge- stattet, in Betrieb gesetzt worden. Von Windhoek begab sich Redner nach Okahandja, dem Hauptplatz der Hereros, um hier hauptsächlich die der Impfung widerstrebenden Herero-Kapitäne gefügig zu machen und eine neue Impscentrale mit mikroskopischer Untersuchungsstation einzurichten. Dies gelang. Redner kehrte darauf nach Swakopmund zurück, alle getroffenen Einrichtungen revidirend und kontrolirend; in Swakopmund verhinderte er, daß die Rinderpest durch Schiffsverkehr verschleppt wurde, frischte seine durch reichliche Abgabe von Instrumenten, Appa- raten 2c. zusammengeschmolzene Ausrüstung, nament- lich mit Injektionsspritzen, Thermometern und meh- reren Mikroskopen wieder auf und begab sich dann zu mehrwöchentlichem Aufenthalt zunächst nach Otjim= bingue. Hier wurde besonders die Blutnachimpfung des Zugviehes, dem sich bald auf eigenen Antrieb der Besitzer auch die des Herdenviehs anschloß, durchgeführt. Das Ergebniß war, daß acht Wochen nach Eintreffen des Redners in Deutsch-Südwest- afrika allein in Otjimbingue 2000 mit Galle und Rinderpestblut geimpfte Zugochsen für den Verkehr wieder bereit standen. Von Otjimbingue nach Wind- hoek zurückgekehrt, betrieb Redner im Verein mit Roßarzt Rickmann auch hier energisch die Blutnach- impfung und setzte darauf dieselbe in Rehoboth, der Hauptstadt des Bastardlandes, deren Bewohrer sich auch dagegen sträubten, durch. Die letzten Monate seines Aufenthalts in Deutsch-Südwestafrika füllt Redner damit aus, daß er das Impfgeschäft für den Süden mit zwei Centralstellen in Gibeon und Keel- mannshoop organisirte, daß er die Vernichtung des Rinderpestgistes im Lande, besonders — mit Hülfe der Schutztruppe — durch Verbrennen der Rinderpest- kadaver, Abbrennen verseuchter Weideplätze und Des- insektion der Wasser= bezw. Tränkstellen mit aller Energie betrieb und endlich einige wissenschaftliche Versuche von praktischer Bedeutung einleitete. Von den letzteren zu erwähnen ist das Ergebniß eines Versuches über Vererbung der Immunität gegen die Rinderpest. Derselbe zeigte, daß Kälber bis zum Alter von zwei Monaten, welche von nur gallen- geimpften Müttern stammten, durch Infektion mit Ninderpestblut zu Grunde gingen, während Kölber von Kühen, welche Rinderpest überstanden hatten,