551 Tages passirten wir Barram Point, die Grenze Es ist nur ein schmaler Streifen an der Küste, auf zwischen Sarawak und Brunei, und danach ging es an der Küste Borneos entlang. Die Höhe der Jusel Labuan, und damit die Grenze des Territoriums des Staates von Nord-Borneo, erreichten wir etwa um Mitternacht. Von der Insel Gaya an, die wir am nächsten Morgen um 8 Uhr sahen, erblickt man den Berg Kinabalu, der mit seinen 13 700 Fuß weit über die im Allgemeinen 2000 JFuß, in ihren sonstigen Erhebungen 4000 oder 5000 Fuß nicht übersteigenden Bergzüge, in langgestreckter, massiver, zu beiden Seiten steil abfallender Gestalt hinausragt, tagsüber aber natürlich meist von dichten Wolken umlagert ist. Bei Ambongbucht geht demnächst die Fahrt vorbei, und am vierten Tage erreicht das Schiff den nördlichsten Punkt Borneos und wendet sich dann zwischen diesem und der gegenüberliegenden Insel Balambangan hindurch in die große Marudu- bai hinein, die sich 28 Seemeilen weit nach Süden ausdehnt, an der Einfahrt 17 Meilen und am süd- lichen Ende 9 Meilen breit ist. Auf der westlichen. Küste dieser Bucht, 11 Seemeilen südlich von der Einfahrt, öffnet sich als ein etwa 1½ Meilen langer Einschnitt nach Westen der Hafen von Kudat. Wir bogen abends 6 Uhr am 1. September in diesen Hafen ein und hatten einen herrlichen Anblick; rings um die Bucht von Kudat und ferner im Osten um die Marudubai waren die mehr oder weniger hohen Hügel von dem Lichte der untergehenden Sonne mit einem röthlichen Hauche übergossen, während der Mond gerade vor uns im Westen sich dem Unter- gange näherte. Zur Linken, südwestlich, stieg macht- voll Kinabalu über die Landschaft hinaus und rechts — am nördlichen Ufer der Bucht lag, von schweren schwarzen Wolken bedroht, durch die Anlegebrücke und einige Lichter kenntlich, die Stadt Kudat. Eine leichte Briese brachte sßen Duft vom Lande zu uns herüber — vielleicht den Duft von Kaffeeblüthen. Der Quai von Kudat, an welchem das Schiff abends 7 Uhr am 1. September aulegte, ist ein einfacher hölzerner Bau, auf welchem die ebenfalls von Holz errichteten Komptoirs der Schiffsagenten stehen, während der Zollschuppen am Landende der Brücke den Weg zum Lande vermittelt. Hinter diesem er- heben sich einige wenige von Stein erbaute Güter- schuppen, und daran schließen sich in einiger Ent- sernung eine oder zwei kurze Straßen mit kleinen einstöckigen Steinhäusern, in denen chinesische Händler Lebensmittel und andere kleine Bedürfnisse verkaufen. Weiterhin in einiger Entfernung auf der sich am Strande hinziehenden Ebene, durch einen ziemlich großen, ungepflegten Platz getrennt, erhebt sich das Hotel, ein zweistöckiger Holzbau, der von den Pflau- zern der Plantagen an der Marudubai, wenn sie nach Kudat kommen, regelmäßig als Absteigequartier benutzt wird. An das Hotel schließen sich dann, wiederum durch größere Zwischenräume getrennt, auf derselben Ebene das Hospital und das Gefängniß an. Auch dies sind im Wesentlichen Holzbauten. – – — — — — dem die untere Stadt erbaut ist. Dahinter erheben sich Hügel, auf welchen die Häuser der Europäer, die Regierungsgebäude und das Wohnhaus des Re- sidenten stehen. Der Ort ist des schönen Hafens wegen hier angelegt, in der Hoffnung, daß Handel und Verkehr sich dorthin ziehen werden, wenn die umliegenden Distrikte angebaut sein werden. Von dem Schicksal der Pflanzungen wird daher auch die weitere Entwickelung von Kudat abhängig sein. Einstweilen macht es noch einen sehr ruhigen, jeden- falls aber freundlichen und anmuthigen Eindruck. Der größte Mangel des Platzes ist das Fehlen eines guten Trinkwassers; es muß aus ziemlich großer Entfernung herbeigeschafft und sorgfältig filtrirt werden. Zum Baden und für sonstige Haushalts- bedürfnisse wird in der Regel in Cisternen aufge- fangenes Regenwasser benutzt, woran freilich im All- gemeinen kein Mangel ist, denn es regnet in Borneo allenthalben fast das ganze Jahr hindurch mit großer Regelmäßigkeit und Ausgiebigkeit. Die durchschnitt- liche Jahresmenge des Regens wird für Kudat auf 120 bis 130 englische Zoll angegeben. Uebrigens hofft man doch, einmal auch auf gutes Grundwasser in der Nähe von Kudat zu stoßen, und bei zuneh- mender Bevölkerung wird auch ein brauchbares System der Wasserzufuhr aus einiger Entfernung sich durch- führen lassen. Ich machte von der freundlichen Ein- ladung des Residenten Herrn Little, den ich schon von Singapore her kannte, Gebrauch und nahm OQuartier in der „Residency“", einem auf einem bis an das Meer vorspringenden ziemlich hohen Hügel errichteten, freundlich aussehenden, geräumigen und besonders luftigen Hause, aus Holz, und mit dem üblichen Material, dem Blatte der Nipapalme, Attapp genannt, gedeckt. Ich traf dort Herrn Walker, den Vorsteher der Landverwaltung (Commissioner of Lands), mit dem ich am nächsten Morgen einen Ritt in die Umgegend unternahm. Große Straßenanlagen sind in diesem Bezirke bisher noch nicht gemacht. Die größte Straße, die in einer Breite von etwa 20 Fuß angelegt ist, ist etwa fünf oder sechs Meilen lang und führt in einen Wald, in welchem werthvolles Bauholz ge- schlagen wird. Auch diese Straße ist nur wenig gefestigt und gleicht bei Regenwetter stellenweise einem Sumpf. Da sie indessen nur für Ochsenfuhrwerk zur Beförderung von Lasten und für Reitponys zur Be- förderung von Menschen benutzt wird, erfüllt sie ihren Zweck. Für Kunststraßen liegt noch kein Be- dürfniß vor. Nach den Pflanzungen führen wesentlich schmalere Wege, auf denen zwei in entgegengesetzter Richtung fahrende Ochsenwagen nur mit Mühe ein- ander ausweichen können. In der unmittelbaren Nähe von Kudat befindet sich eine größere nach europäischer bezw. javanischer Mcthode angelegte Pflauzung, nämlich die Kaffeeplantage eines Hollän- ders aus Java, die gut gedeiht. Interessant ist eine nahe dabei gelegene Ansiedelung chinesischer Bauern,