— 171 viele Stecklinge nach Victoria zu bringen, zumal ich nicht wissen konnte, ob die Früchte soweit nachreifen würden, daß die Samen keimfähig würden. Eine kleine Anzahl Früchte hatte ich übrigens für alle Fälle an dem Baume gelassen, um sie eventuell im Zustande der Vollreife holen zu können, falls die Ueberführung der Art in den Versuchsgarten auf andere Weise mißglückte. Die Stecklinge beschloß ich, nach allen in den Tropen gemachten Erfahrungen, aus altem Holze zu nehmen. Am Morgen des 25. grub ich sieben kleine Kaut- schukbäumchen mit Wurzelballen aus und verpackte sie nebst einigen Bündeln frisch geschnittener, starker Zweige in Bananenblätter. Ein tüchtiger Regen war in diesem Falle sehr willkommen und nützlich. Als- dann marschirten wir in fast ununterbrochenem schnellen Marsche auf demselben Wege, den wir gekommen waren, zurück bis Lisoka. Am nächsten Tage kurz nach 4 Uhr nachmittags traf ich in Victoria ein, und es war noch Zeit genug, die Bäumchen einzu- pflanzen und auch noch die größte Anzahl der Steck- linge in Beete zu bringen. Ich hoffe, daß Alles gut gedeihen wird. Die mitgebrachten Früchte sind inzwischen nach- gereist, ausgesprungen und zeigen sehr wohl entwickelte Samen, welche hoffentlich eine recht große Anzahl junger Pflanzen liefern werden.*) Erwähnen will ich noch, daß ich bei dem Rück- marsche auch zwischen Nyoke und Mojuka zwei kleine Kautschukbäume antraf. Später habe ich keine mehr bemerkt, woran indessen die Schnelligkeit des Marsches sowie der Regen und die schlechten Wege in Balung schuld sein mögen. In Victoria habe ich nun an der Hand des Kew Bulletin und Englers „Notizblatt des botanischen Gartens 2c. in Berlin“ Untersuchungen des mitge- brachten Materials und Vergleiche desselben mit der bei Victoria vorkommenden Kickxia angestellt und bin zu folgenden, zweifellos richtigen Ergebnissen gelangt: Der am 24. November bei Malende am Mungo von mir gefundene Kautschukbaum ist Kickxia- africana Bentb. Es ist derselbe Baum, den ich bereits 1889 bei der Barombistation entdeckte, und der von den Fantis „Ofuntum“ genannt wird. Die Eingeborenen der Dörfer bei Barombi begannen da- mals bereits aus ihm Kautschuk zu gewinnen, und die Kickxia africana ist also in Kamerun bereits ebenso früh, vielleicht noch früher ausgebeutet worden als in Lagos. Der Kautschuk, der seit 1889 am Mungo und nördlich vom Kamerungebirge gesammelt wurde, stammt hauptsächlich von dieser Art her. Herr Regierungsrath Dr. Seitz hat auf einer Reise durch das Gebiet im Norden des Kamerungebirges im letzten Jahre an mehreren Stellen gefällte und *) Diese Hoffnung hat sich in vollem Maße bestätigt, während von den Stecklingen kein einziger ankam. geringelte Kautschukbäume gefunden, welche zweifellos derselben Art angehören. Die Kickxia#africana Benth. liefert also in der That guten Kautschuk und zwar, wie ich mich überzeugt habe, in reichlicher Menge. Die Mitthei- lungen über diese Pflanze im Kew Bulletin Nr. 106 vom Oktober 1896 sind daher nicht anzuzweifeln. Die Angabe in dem „Notizblatt des bot. Gartens in Berlin“, daß ich die Kickxia africana bereits früher bei Victoria gefunden habe, beruht insofern auf einem Irrthum, als die damals von mir gefundene Pflanze eine neue, bisher unbeschriebene Kickxia-Art, die zweite in Westafrika, darstellt, welche jedoch nach allerdings unzureichendem Bestimmungsmaterial in Berlin für Kickxia africana Benth. gehalten wurde. Diese Art heißt bei den Fantis Okeng. Das mir vorliegende Material beseitigt jeden Zweifel über die Echtheit der neuen Art. Mit der letzteren sind die von mir im „Tropenpflanzer“ Nr. 7 vom Juli 1898 beschriebenen Versuche angestellt worden. Es ist höchstwahrscheinlich, daß auch der durch Henry Lecomte in der „Revue des cultures Coloniales“ vom 5. Juli 1897 über Kickxia africana veröffent- lichte Artikel nicht diese, sondern die neue Kickxia- Art zum Gegenstande hat, denn die Resultate sind dieselben, zu denen auch ich gekommen bin. Dasselbe gilt für andere z. B. in Liberia durch Angestellte des Herrn Woermann mit einer Kickxia angestellte Experimente. Die Kickxia africana Benth. scheint in der unmittelbaren Nähe der Küste nicht heimisch zu sein, jedoch bedarf sie offenbar zu ihrem Gedeihen keiner besonderen Höhenlage. Ihr zahlreiches Vorkommen auf dem Lateritboden, am Mungo sowohl als auch auf dem vulkanischen Boden am Elefantensee rc., be- weist, daß sie an eine bestimmte Bodenart nicht ge- bunden ist. Ihre Kultur dürfte also in ganz Kamerun möglich sein, was besonders für den Lateritboden des südlichen Schutzgebietes von Bedeutung wäre. Der Kautschuk, den die Kickxia liefert, muß meines Erachtens bei geeigneter Präparation vorzüglich sein, denn der von mir aus der an der Luft er- starrten Milch hergestellte Wickelgummi besitzt eine ausgezeichnete Elastizität. Die Milch ist weniger wäßrig als diejenige von Manihot Glaziowüt und fließt reichlicher als von Hevea brasiliensis. In der Kickxia africana besitzen wir jedenfalls eine Art, der bei der Frage der Kautschukkultur die höchste Aufmerksamkeit zu schenken ist. Sie wird für unsere Kolonie ohne Zweifel bedeutungsvoller werden als die Hevea brasiliensis und kann eventuell auch in Ostafrika kultivirt werden. Die Vermehrung der Art und ihre Verbreitung in ganz Kamerun betrachte ich zunächst als eine der Hauptausfgaben des Versuchsgartens in Victoria. Von größter Bedeutung, freilich gleichzeitig ungemein schwterig, wäre es auch, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um den jungen Nachwuchs vor der Vernich- tung zu schützen. Zu diesem Zwecke müßte zu-