— 238 am 28. Juli weiter ostwärts angelegt worden war. Bis dahin war das Land dort von jenem flüchtigen Häuptling, Kwawa, unsicher gemacht worden. Der arme Mensch schweifte allein mit einem Begleiter in der Wildniß umher. Deutsche Soldaten versolgten ihn, Ortschaften konnte er nicht mehr betreten, und er mußte von wilden Früchten leben. Endlich aber packte ihn Verzweiflung, und er erschoß erst seinen Begleiter und dann sich selbst. Das geschah an dem Tage, an dem Bruder Bunk von den Brüdern in Kidugala Abschied nahm, ohne daß er wußte, daß der Weg vor ihm nun sicher sei. Bruder Bunk marschirte ostwärts, aber das Land sah öde aus, es fehlte auf der trockenen Hochfläche an Wasser und Holz. Endlich fand er im Gebiet des Sultans Kiwanga am Ngololothale einen passenden Platz, wo er die Station Mufindi gründen konnte. Bald suchte ihn hier ein Halbbruder jenes Kwawa auf; Mumbe-Yumbe war sein Name. Als der über die Sticherheit des Landes befragt wurde, gab er zur Antwort: „Ihr Missionare könnt überall hin gehen, Euch thut Nie- mand etwas zu Leide.“ Das Land aber bot einen traurigen Anblick. „Wo früher volkreiche und blühende Dörfer waren“, heißt es in einem Briefe, „findet man jetzt nur noch elende Trümmerhaufen und statt der früher bestellten Felder sieht man jetzt eine undurchdringliche Wildniß. Auf weite Strecken trifft man weder Mensch noch Haus- thier, statt deren tummeln sich in den öden Gegenden wilde Thiere aller Art, Löwen, Elefanten, Rhinoce- rosse und dergleichen umher.“ Bald machte Bunk eine Untersuchungsreise weiter ins Land nach Nordosten, mußte aber umkehren, da ihm und seinen Leuten die Nahrungsmittel ausgingen, und er noch dazu erkrankte. Er kehrte nach Mufindi zurück, hörte aber bald, daß die deutschen Truppen von den nach jener Richtung liegenden Militärposten Uhafiwa und Muhanga zurückgezogen würden. Bunk blieb nun allein auf Mufindi zurück und sandte seinen treuen Gefährten Neuberg nach Uhafiwa und den oben genannten Bruder Priebusch nach Muhanga. An beiden Plätzen konnten die Brüder in die freilich zumeist aus Gras= und Lehmhäusern bestehen- den Befestigungen einziehen, welche die deutschen Soldaten dort errichtet, aber nun verlassen hatten. „Somit haben wir“, schreibt Bruder Neuberg, „fast gar keine Kosten für den ersten Anfang. Wir sind gern bereit, so lange die Unterhaltungskosten der Stationen zu tragen, bis das verehrte Komitee in der Lage ist, dies thun zu können. Ich denke, ich werde mit einer Ausgabe von ungefähr 50 Mk. mein ziemlich niedriges, aus Holz und Lehm aufgeführtes Haus für mindestens ein Jahr wohrlich einrichten und erhalten können. Wenn dann im nächsten Jahre die Missionskasse noch nicht die Mittel zu dem Bau eines kleinen billigen Steinhäuschens flüssig hat, kann ich mir aus den Palissaden der Besestigung wieder ohne große Kosten schnell ein Lehmhäuschen aufführen, das mindestens wieder ein bis zwei Jahre hält.“ Auf dem Platz Muhanga wurde Bruder Prie- busch stationirt. Er zog dort am 2. Oktober ein und giebt eine lebendige Schilderung seiner Erleb- nisse. „Nicht einmal Lichte habe ich mehr hier“, schreibt er, „denn die paar, die ich für die Reise mitgenommen hatte, sind bald nach meiner Ankunft hier verbraucht worden. Da habe ich mir nun aus einer alten, hier vorgefundenen Oelsardinendose und einer Patronenhülse, deren Boden ich entfernt habe, eine Art Lampe zurecht gemacht, die mit meinem glücklicherweise mitgeführten Karbol-Vaselinöl gespeist wird. So habe ich nun wenigstens des Abends em bescheidenes Licht in meiner Stube. Die Noth macht eben erfinderisch.“ Ueber den Verlauf des sechsten Verbands- tages des evangelischen Afrikavereins zu Köln entnehmen wir dem Bericht der „Köln. Ztg.“ Fol= gendes: Am Abend des 1. März d. Is. wurde die Haupt- versammlung durch eine Vorversammlung eröffnet, die von dem Verbandsvorsitzenden, Generalsuperintendent Umbeck, durch eine längere Ansprache eingeleitet wurde. Gegenwärtig steht auch in evangelischen Missionskreisen die Frage der erziehlichen Arbeit im Vordergrunde des Interesses. Eine Denkschrift „Deutsch-evangelische Arbeit in den Kolonien, in- sonderheit in Afrika“ giebt über die Gründe und die Absichten in dieser Hinsicht ausführliche Aufklärung und verdient die volle Beachtung aller Kolonialfreunde. Der Vorsitzende führte aus, daß zwar die evangelische Missionsarbeit nach wie vor in erster Linie darauf gerichtet sein müsse, die Menschen innerlich dem Christenthum zu gewinnen, daß es sich jedoch als nothwendig erweise, den praktischen, das äußerliche Leben beeinflussenden Erfolgen der Katholiken etwas an die Seite zu stellen. Diese praktische Arbeit muß anderseits begonnen oder erweitert werden, damit die Hindernisse, auf welche die Missionare stoßen, aus dem Wege geräumt werden. Ein solches Hinderniß ist, so fährt Redner dann fort, das sittliche Verhalten vieler draußen lebenden Europäer, die durch ihr schlechtes Beispiel die Arbeit der Missionare durch- kreuzen. Die neugegründete, zu Ostern zu eröffnende Kolonialschule in Witzenhausen an der Werra, als deren ersten Direktor der Redner den anwesenden Schriftführer des Verbandes, Divisionspfarrer a. D. Fabarius, begrüßt, soll neben ihren technischen Auf- gaben auch die erfüllen, den künftigen Pflanzern einen festen sittlichen Halt zu geben. Wenn nun der Ver- band selbst nicht in der Lage ist, Schulen zu errichten, so kann er doch die Mission bei ihren Bemühungen auf dem Gebiete der gewerblichen Mission unterstützen. Nebenbei verweist der Redner auf die Absichten, die dahin gehen, mehr Aerzie in die Kolonien heranzu- ziehen und mehr Krankenhäuser zu errichten. Was die erziehliche Handarbeit angeht, so verweist der Redner auf die katholischen Laienbrüder hin, Männer, die selbst angreifen und als Vorbild dienen können,