—. 239 um dann auf die von ihm auf der Kaiserreise nach Palästina beobachteten Erfolge des syrischen Waisen- hauses hinzuweisen, die auch als vorbildlich dienen können. Insbesondere hebt er die Worte hervor, die der Kaiser auf der Reise bei einer Gelegenheit ge- sprochen hat, „daß es mit dem Predigen allein nicht gemacht ist; aber unsere Kultur, unsere Anstalten, das Leben, das wir ihnen (den Mohammedanern) vorleben, die Art unseres Verkehrs mit ihnen, der Beweis, daß wir untereinander einig sind, darauf kommt es an.“ Unter lautem Beifall schloß der Redner mit den Worten, unsere Kolonien lägen uns näher als die Mohammedaner, und mit der Bitte, die evangelischen Industriemissionen zu unterstützen. Im Anschluß an diese Rede berichtete Pfarrer Kriele aus Barmen über die Erfolge der Barmer Mission auf dem Gebiete des gewerblichen Schulwesens am Kap (Ort Wupperthal) und die bevorstehenden Unternehmungen in Deutsch-Südwestafrika. In einem neulich gebildeten Eingeborenen-Reservat ist durch den Gouverneur der Barmer Missionsgesellschaft das ausschließliche Recht eingeräumt worden, von den Eingeborenen Land zu erwerben, unter der Bedin- gung, neben dem Missionswerk zu der wissenschaft- lichen Forschung beizutragen. Es darf keine Lizenz zum Ausschank von Branntwein in diesem ganzen Gebiet ertheilt werden. Die Mission hat bereits einen Ingenieur ausgesandt, der sich den in dieser Kolonie durchaus nothwendigen Wasserarbeiten widmet. Nach- dem der Redner die ganz erfreulichen Erfolge der Barmer gewerblichen Missionen in Borneo geschildert, erwähnte er auch die von der Mission bereits durch die Aussendung von vier, demnächst fünf Aerzten nach ihren asiatischen Missionen bekundete Thätigkeit auf dem Gebiete der Aerztemission. Das Thema der gewerblichen Mission behandelte heute früh ebenfalls Pfarrer Schneller aus Köln mit einer Schilderung des syrischen Waisenhauses in Jerusalem. Die Anstalt wendet sich nur an die einzig noch erziehbare Jugend; natürlich nicht nur an Waisen, doch sind solche leichter von der verdorbenen Umgebung loszulösen. Als Lehrsprache ist das Arabische aufgegeben und herrscht das Deutsche ausschließlich. Die Erziehung zur Arbeit beginnt mit dem 14. Jahre. Der Redner erzählte heitere Beispiele von der orientalischen Arbeitsscheu, die es dabei zu überwinden gilt. Indes haben Zeit und Ausdauer Erfolge gebracht, und die Anstalt kann nicht allen Anmeldungen gerecht werden. Als Meister kann nur ein Theil der früheren Schüler angestellt werden; damit der Geist frisch deutsch bleibe, müssen geeignete Personen aus Dentschland herangezogen werden, wobei die Wahl nicht ganz leicht ist. Die Arbeit des Waisenhauses läßt in den verschiedenen Abtheilungen einen mehr oder weniger ansehnlichen Gewinn. Einen besonderen Erfolg hat die Ziegel- fabrik ergeben, die denn auch erweitert werden muß. Eine gute Zukunft ließe sich auch von einer Pflanzen- anlage erwarten, desgleichen von der Olivenpressung. Die entlassenen Schüler sollen womöglich in ge- schlessenen Kolonien und Gemeinden vereint werden, nämlich die landwirthschaftlichen in einem großen Gelände (Umfang wie das Kölner Stadtgebiet inner- halb der Umwallung) in der Philisterebene, die ge- werblichen hauptsächlich in der Nähe des Waisenhauses bei Jerusalem, wo die Anstalt an diejenigen ihrer Schutzbefohlenen, die in der Stadt arbeiten, von ihr gebaute Zweifamilienhäuser vermiethet, deren sie jedes Jahr eins baut. Diese Leute kommen sehr gut aus, und mit der Zeit wird neben dem alten Jerusalem ein evangelisches Jerusalem entstehen. An diese Mit- theilungen schloß sich eine kurze Erörterung, bei der Herr Fabarius berichten konnte, daß die Haupt- versammlung des (allgemeinen) Afrikavereins in Berlin gestern beschlossen hat, eine Handwerkerschule in Deutsch- Ostafrika zu errichten. Dr. Hindorf aus Köln, Mitglied des Kolonialraths, konnte die Nothwendig- keit einer solchen Schule bestätigen. Arbeitermangel ist häufig, und für 90 bis 120 Rupien (130 bis 165 Mk.) monatlich sind oft keine Leute zu haben. Die Hauptversammlung am 2. März war zum großen Theil den inneren Angelegenheiten des Ver- bandes gewidmet. Zunächst ist zu bemerken, daß Pfarrer Keller aus Koblenz das Schriftführeramt an Stelle des scheidenden Herrn Fabarius übernimmt, welch letzterem der warme Dank des Vorsitzenden im Namen des Verbandes durch den Vorsitzenden ausgesprochen wurde. An Stelle ausscheidender oder verstorbener Mitglieder wurden als Vorstandsmit- glieder gewählt die Herren Konsistorialrath Lic. Mettgenberg aus Koblenz und Pfarrer Lic. Weber aus Gladbach, die übrigen ausscheidenden Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt. Als Ort der nächsten Versammlung wurde Mülheim a. d. Ruhr gewählt. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde die Stellung des Verbandes zum evangelischen Afrika- verein genau bestimmt: der Verband umfaßt ungefähr Westdeutschland, mit Ausnahme der vorher an die Berliner Centrale angeschlossenen Ortsvereine. Herr Karl Perrot aus Wiesbaden berichtete über die wirthschaftliche Bedeutung Ostafrikas und führte aus seinen dortigen Pflanzungen, Erzeugnisse vor, die er den Zuhörern näher erklärte. Es be- finden sich darunter Hölzer von verschiedener Färbung und Verwendbarkeit, die hoffentlich in den betheiligten Gewerben dieselbe Anerkennung finden werden, wie hier in beschränktem Kreise. Sie sind werthvoll und Verschiffungen sind möglich. An das Missionswerk anknüpfend erwähnt Redner, daß auf Madagaskar die norwegische Mission 43 von Europäern geleitete Stationen errichtet habe, mit denen, manche großartige gewerbliche Anlagen verbunden sind, wogegen in Deutsch-Ostafrika noch keine evangelische Mission bis zum Tanganyika vorgedrungen ist. Herr Fabarius gab eingehende Aufschlüsse über die neue Kolonial= schule in Witzenhausen a. d. Werra. Der Andrang von Schülern war sehr bedeutend. Es verging seit den Ankündigungen in den Zeitungen kein Tag, ohne daß einc oder zwei Anmeldungen eingingen, und jetzt,