von Dar-es-Salam entfernt, sich Heuschreckenschwärme zeigen. Seit einem halben Jahre sind in dieser Gegend vielleicht Heuschrecken nicht gewesen, die Felder stehen gut und versprechen eine reiche Ernte und damit das Ende der Noth. Voll Vertrauens auf das ihm zugängig gemachte Mittel holt der Bezirks- amtmann die seit längerer Zeit auf der Station vorhandenen Pilzkulturen beim neuen Erscheinen der Plage hervor und wendet sie an, sie sind jedoch ver- dorben und bleiben wirkungslos. Eiligst werden Boten nach Dar-es-Saläm entsandt und neue Pilz- kulturen von dort herangebracht. Inzwischen vergehen vier Wochen und beim Eintreffen der Pilzkulturen ist die Ernte des ganzen Bezirks vernichtet, kein Blatt und Halm ist übrig geblieben, die Heuschrecken sind weiter gezogen in andere Bezirke, woselbst sich die Katastrophe in ähnlicher Weise abspielt, während die nach Kilossa herangeholten Pilzkulturen nunmehr dort unbenuftzt lagern, um beim Auftreten der nächsten Heuschrecken- schwärme sich wieder verdorben zu erweisen. Hungers- noth, Tod und Verderben ist für Menschen und Vieh die unausbleibliche Folge. Wie anders gestaltet sich die Sache aber bei dem Vorhandensein von Eisenbahn und dem mit letzterer stets vereinigten Telegraphen! Im bakteriologischen Laboratorium zu Dar-zes-Saläm wird der Heuschrecken- pilz sortwährend weitergezüchtet, genügende Mengen von Pilzkulturen sind stets frisch vorhanden. Wird nun, um bei dem oben gebrauchten Beispiel zu bleiben, der Bezirk Kilossa von Heuschrecken überfallen, so wird auf telegraphische Requisition ein mit derartigen Arbeiten durchaus vertrauter Sachverständiger von Dar-es-Saläm innerhalb 12 bis höchstens 24 Stunden mit frischen Pilzkulturen in Kilossa eintreffen und den Kampf gegen die Heuschrecken aufnehmen mit der besten Aussicht, auch die größten, nach Milliarden von Individuen zählenden Schwärme innerhalb weniger Tage zu vernichten. Ferner wird durch Eisenbahnen auch der stetige Abfluß von Menschen aus der Kolonie heraus auf ein Minimum eingeschränkt. Ich denke hierbei an den Sklavenhandel und die Sklavenausfuhr. Wenn es auch nicht im Mindesten zu bezweifeln ist, daß dieses Uebel durch die stetige Kontrolle der Stationen an den Karawanenstraßen und durch die Ueber- wachung des Dhauverkehrs zur See ganz erheblich nachgelassen hat und mit dem Zustand zur Zeit der arabischen Herrschaft nicht mehr verglichen werden kann, so kann doch nur ein Optimist behaupten, daß eine Sklavenausfuhr überhaupt nicht mehr stattfindet. Die Stationen können umgangen werden, und die absolute Verhinderung der Ausfuhr ist kaum durch- führbar, denn eine etwaige Verschiffung findet natur- gemäß nicht von den seitens des Gouvernements be- setzten Küstenorten, sondern von den zahlreichen an der ganzen Küste sich hinziehenden Eingeborenen- dörfern aus statt, und zwar zumeist in kleinen Fischer- booten, die bei günstiger See und günstigem Wind mit Leichtigkeit den 40 Seemeilen breiten Kanal 762 zwischen dem Festland und Sansibar und Pemba- durchqueren. Selbst einzelnen größeren mit Sklaven befrachteten Dhaus mag es zuweilen noch gelingen, die Wachsamkeit der Gouvernementsfahrzeuge und der Kriegsschiffe, die naturgemäß nicht beständig kreuzen können, zu täuschen. Das Sklavengeschäft wird nun aber hauptsächlich lohnend dadurch, daß der aus dem tiefen Innern an die Küste gebrachte Sklave zunächst während des Landmarsches als Transportmittel für die gleichzeitig mit ihm durch den Sklavenhändler. aus dem Innern herangebrachten Handelsprodukte, das Elfenbein, Gummi 2c., dient. Wird für diese Waaren ein anderes Transportmittel in der Eisen- bahn geschaffen, so entgeht dem Sklavenhändler der aus der Trägerkraft des Sklaven stammende Gewinn, das gefährliche Sklavengeschäft rentirt sich nicht mehr ausreichend, der Sklavenhandel erhält einen tödlichen Schlag, und die Kolonie behält manchen unter anderen Verhältnissen zur Ausfuhr gekommenen Menschen. Es könnte nun die Frage aufgeworfen werden, ob dasselbe nicht auch anders zu erreichen wäre und ob denn die zweifellos als ein großes Uebel em- pfundenen Karawanenzüge nicht durch Transport- mittel ersetzt werden könnten, die weniger kostspielig wie Eisenbahnen sind, ob nicht z. B. Straßenbauten und Wagenverkehr die derzeitigen Verhältnisse wesent- lich bessern würden. Ich möchte als Antwort auf diese Frage zunächst daran erinnern, daß man in Südwestafrika, dem klassischen Lande des Ochsen- wagenverkehrs, schon seit Jahren damit beschäftigt ist, den Ochsenwagenverkehr durch eine Eisenbahn zu ersetzen. Trotzdem ist in den letzten Jahren in Ostafrika mit allen Kräften an der Herstellung guter Straßen gearbeitet und sind zahlreiche Versuche an- gestellt, brauchbare Zugthiere zu erhalten. Dabei hat sich denn herausgestellt, daß gute Straßen mit Wagenverkehr allerdings von größtem Nutzen sind, daß sie jedoch im Allgemeinen ihren Zweck nur im Lokalverkehr und für die Anschlüsse an die das Land durchquerenden Eisenbahnlinien erfüllen können, den gesammten Transport mit Zugthieren auf einer das Land nach Art einer Centralbahn durchschneidenden Straße zu bewirken, verbietet der Umstand, daß an vielen Orten der Kolonie, namentlich in Flußthälern, wo des Tränkens der Thiere wegen gerade gerastet werden müßte, die Tsetsefliege vorkommt, die durch ihren Stich die schneller oder langsamer aber sicher zum Tode führende Surrakrankheit erzeugt. Nicht nur Ochsen, sondern auch Pferde, Maulthiere, Esel, Kameele 2c., erliegen der Surrakrankheit, so daß bei Transportunternehmungen mittelst Zugthieren, wie eines von privater Seite zwischen der Küste und dem Kilimandjaro geplant ist, ein Erfolg außer- ordentlich in Frage gestellt erscheint. Die Verluste, die vor Jahresfrist eine italienische Transportgesell- schaft erlitten hat, die mittelst Kameelen und sonstigen Lastthieren Proviant r2c. für die in Uganda kämpfenden englischen Truppen von Mombassa nach Uganda zu befördern suchte, sollte man sich zur Lehre dienen lassen.