riesen gegen den Himmel, in den schroffsten Formen, hier steile Abgründe bildend, um auf der anderen Seite ebenso steil wieder bis Turmhöhe anzusteigen. Der sterile Boden läßt selbstverständlich keine neunens- werthe Vegetation aufkommen, etliche Dornenbüsche und Cacteen, die giftigen Milchbüsche nicht zu ver- gessen, das ist Alles. Genau so ärmlich wie die Pflanzenwelt ist auch die Thierwelt. Sehr selten bekommt man einen Vogel zu Gesicht, und selbst den Pavian, der doch in der Auswahl seiner Schlupf- winkel nicht allzu wählerisch ist, sieht man nur selten. Es ist, als ob der Odem des Lebens in dieser Einöde versagt hätte. Nachdem wir am 3. Juli abends nach drei- stündigem Marschiren unsern nordwestlichen Punkt erreicht hatten — zufällig fanden wir hier in einem kleinen Revier noch etwas Wasser —, bogen wir am 4. Juli, durch Bergketten veranlaßt, scharf nach Südwesten. Aus unserem Führer war nur so viel herauszubekommen, daß es bis Sendlings-Drift noch sehr weit sei und wir noch nicht die Hälfte des Weges — wir hatten von der Fischflußmündung bis zu unserem Lagerplatz am 3. Juli abends 31 km zurückgelegt — hinter uns hätten. Infolgedessen marschirten wir am nächsten Tage von 7 Uhr vor- mittags bis 8 Uhr abends ununterbrochen nur mit kurzen Ruhepausen und legten in diesen 13 Stunden — 11 Wegstunden (etwa 45 km) zurück über theil- weise recht schwieriges Gelände. Da es inzwischen stockdunkel geworden war und die Angaben des Führers über die Entfernung bis zum Orange und Sendlings-Drift immer unsicherer wurden, so blieben wir die Nacht über auf der Stelle, wo wir waren. Glücklicherweise besaßen wir noch ein halbes Koch- geschirr mit Wasser. Es war dies unsere höchste Marschleistung zu Fuß während unserer Reise. Am nächsten Morgen sahen wir zu unserer Freude den Orangefluß und Sendlings-Drift 3 km vor uns liegen. An Ort und Stelle angekommen, stellte es sich nun heraus, daß der Führer den von uns zurückgelegten Weg überhaupt nicht gekannt hatte, bisher stets unmittelbar am Großfluß entlang gegangen war und sich nur mit Hülfe der in weiter Ferne direkt am Fluß liegenden Gipfel, die ab und zu sichtbar waren, orientirte. Wie er es trotzdem fertig brachte, uns aus dieser Gebirgswelt heraus- zubringen, und zwar nach der richtigen Stelle, ist mir unverständlich. Es ist ein Beweis für das außerordentliche Orientirungsvermögen der Ein- geborenen. Sendlings-Drift ist ein kahler Platz; auf deutscher Seite treten die Berge weiter zurück als auf eng- lischer und geben so Raum für eine umfangreiche ungleichmäßige Ebene, aus Sand= und Kalkboden bestehend. Da dieselbe nicht hochwasserfrei ist, ist sie zur Bearbeitung ungeeignet. Dicht oberhalb der Drift, welche etwa 80 m breit aber dafür sehr tief ist (bei niedrigem Wasserstand), befindet sich direkt am Fluß eine aus dem besten Boden bestehende 10 spiegelglatte Ebene von großer Ausdehnung. Ob- wohl dieselbe in dem Ueberschwemmungsgebiet liegt, so würde sich hier eine Bebauung kurz nach dem Abkommen des Flusses bei Bewässerung mit den einfachsten Mitteln aus dem Orange vielleicht lohnen. Die Futterverhältnisse sind hier wie auf dem ganzen Theile des zuletzt zurückgelegten Weges sehr schlecht. Am nächsten Tage unserer Ankunft in Sendlings-Drift langten die Pferde an, der Weiter- marsch bis zur Küste wurde daher unverzüglich fort- gesetzt. Die Höhenzüge werden hier flacher und niedriger, an Stelle der Klippen tritt der Sandboden mehr und mehr in den Vordergrund. Gras ist genügend vorhanden. Der Orangefluß zeigt hier denselben Charakter wie überall. Dichtes Baum= und Buschwerk, das von den kleinen niedlichen Seidenaffen belebt ist, rahmen die Ufer ein. Der letzte Theil der Reise von Harrisdrift nach der Mündung bewies, daß die Ufer des Orange- flusses bis dicht vor Beginn der Sanddünen auf deutscher Seite von Bergen begleitet sind, die selbst hier noch ein Entlanggehen am Fluß verhinderten. Etwa 20 km vom Meere entfernt hören die Berge auf und es beginnt das Gebiet der Sand- dünen, durch welche sich der Orangefluß mit seinen schönen baumreichen Usern in vielen Windungen hindurch schlängelt. Nach und nach erweitert sich der Fluß zum breiten Strome, seine versandete Mündung ist deltaartig beschaffen. Auch hier tobt die unserer westafrikanischen Küste eigene Brandung, die Gefahr der Landung durch die felsige Beschaffen- heit des Meeresufers erhöhend. Aber die Küste bietet hier einen freundlicheren Anblick als diejenige von Swakopmund und Lüderitz- bucht. Die Dünen sind bis zum Meere mit brackigen Wasserbüschen bewachsen, im Delta des Orange ist gutes Gras vorhanden, und der Cannabusch ist etliche hundert Meter weit vom Meere zu finden. Erwähnenswerth ist der auf dem linken Ufser des Orangeflusses gelegene Platz Groodderm des Boern Rennir Kotzé, etwa 12 km aufwärts. Die Mündung des Flusses ist unbewohnt. Ich befand mich hier am Endziele meiner Reise und trat sofort den Rückweg über Obib, Wittpütz an. Eisenbabn Swakopmund—HWindhoek. Nach einem Bericht des Feldbahn-Baukommandos in Swakopmund vom 10. November 1899 sollte bis Ende November der Unterbau bis Hasis (Kilo- meter 145) fertiggestellt sein. Die Durchschreitung des. Dorstriviers bei Kilometer 135 ohne größeren Brückenbau erforderte das Aussprengen eines längeren Einschnitts. Die fortgesetzten Bohrungen nach Wasser sind von Erfolg. In Jakalswater gestalten sich dadurch die Wasserverhältnisse immer besser.