jahres begann ich neben dem Weiterbau meines kleinen Wohnhauses den Bau eines Kuhstalles. Wie immer, waren mir die Leute freudig und dienstbereit zur Hand. Es dauerte darum nicht allzulange, so war der nach Art der Leute hier aufgeführte Bau voll- endet. Mit aller Kraft ging es dann an die Holz- arbeiten für mein Häuschen, doch dazu waren Bretter nöthig, und zu den Brettern wieder Brettschneider. Das hat denn viele Mühe gemacht und manches ver- schnittene Brett gekostet, ehe ich zwei Leute soweit hatte, daß ich sagen konnte: Nun, heute haben sie wenigstens ein richtiges Brett zuwege gebracht. Als dann die Bretter fertig dalagen, mangelte es wieder an Handwerkszeug. Von unseren anderen Stationen solches leihen konnte ich nicht; dazu lagen sie zu weit, und die nächsten haben selbst nichts. So mußte ich mir denn selbst zu helsen suchen. Eine Art Hobel- bank war bald gezimmert. Mit dem Schleifstein wollte es aber gar nicht recht gehen. Drei Tage, von morgens früh bis des abends spät, meißelte ich an großen Feldsteinen herum, und immer wieder zerplatzten sie, wenn sie beinahe das Aussehen von Schleifsteinen hatten. Doch man lernt auch Stein- metzarbeiten in Afrika, und am Schlusse des vierten Tages drehte sich ein kleines, freilich recht sehr kratzendes Dingelchen munter auf dem schnell ange- fertigten Gestell. Ich kann mir doch nun wenigstens meine Aexte und Hobeln ein wenig anschärfen. So und ähnlich ging und geht es mir noch heute bei meiner Baupraxis. Aber es geht doch. Am 18. August konnte ich durch Gottes Gnade schon ein nothdürftig hergerichtetes Zimmerchen meines neuen Hauses beziehen. Freilich waren und sind bis heute noch Fußboden und Wände so feucht und naß, daß ich jeden zweiten Tag alle Sachen zum Trocknen nach draußen tragen muß. Aber herzlich froh bin ich doch, daß ich aus der alten, nun fast vollends eingefallenen Lehmhütte heraus bin. Es war schließlich vor Nässe, Kälte, Ratten und Schlangen nicht mehr auszuhalten. Einen recht freundlichen Besuch hatte ich in den ersten Tagen auch gleich in meinem neuen Häuschen. Fenster und Thüren trennten mich noch nicht von der Außenwelt, so standen denn plötzlich eines nachts zwei große Hyänen vor meinem Bette. Ein lauter Revolverschuß jagte den Bestien aber solchen Schrecken ein, daß sie mich bis heute mit weiteren Besuchen verschont haben. Neben der Bauarbeit mußte auch tüchtig ärztlich praktizirt werden. Erfreulich ist es, daß die Zahl meiner Patienten mit jedem Tage abnimmt. Der freundliche Herr segnet über Bitten und Verstehen meine Mittelchen. Viel Arbeit machte mir das Pocken- impfen. Durch die Freundlichkeit des Hauptmanns Prince war es mir endlich gelungen, Lymphe zu bekommen. Freudig ging ich nun ans Impfen. Aber so etwas von Drängen zu demselben kann man sich kaum vorstellen. Jeder wollte zuerst geimpft sein, um dann nicht mehr an den hier so sehr gefürchteten Pocken sterben zu müssen. (In der Zeit vom Mai 383 bis Ende Juli sind hier in Muhanga etwa 250 Per- sonen an den Pocken gestorben.) Ich dachte lebhaft an die Kranken am Teiche Bethesda. Jeden Tag impfte ich etwa drei bis vier Stunden und das fast fünf Wochen hindurch. Die Impflinge wurden genau gebucht, und dabei machte ich die erfreuliche Ent- deckung, daß mein Muhanga mindestens 1600 Ein- wohner hat, die nahe Umgegend wie Ukwega — von wo ich bis jetzt ungefähr 700 meist Erwachsene geimpft habe — gar nicht mitgerechnet. Jetzt bei Beginn des neuen (vierten) Vierteljahres sind die Pocken hier ganz erloschen, während sie in der nahen Ulanga-Ebene noch schrecklich hausen. Die Leute find dankbar und suchen mir das immer wieder zu beweisen. Mitte August passirten hier auch die ersten großen Karawanen des neuen Transportweges Rufidyi— Ulanga—Fringa. Die Abende widmete ich der Vorbereitung zum Examen, d. h. wenn ich Licht hatte. Meine beiden ersten Blechgefäße Petroleum, die ich mir aus Ikombe kommen ließ, waren unterwegs defekt geworden und völlig ausgelaufen. Ein Versuch, abends bei großem Holzfeuer zu arbeiten, brachte mir so heftige Augen- entzündung, daß ich ihn aufgeben mußte. Aber noch zur rechten Zeit traf Ende August eine neue Sendung Petroleum ein, die unversehrt war. Die Monatsschrift der Bostoner Mission „The Missionary Herald"“ bringt in ihrem Aprilheft aus dem Missionsarbeitsfeld in den Karolinen einen vom 1. November 1899 geschriebenen Brief eines einge- borenen Missionsanhängers Henry Nanpei, der zu den angesehensten Häuptlingsfamilien von Ponape gehört. Der eigentliche Zweck des Schreibens ist die an die Missionsleitung in Boston gerichtete Bitte, daß sie einen weißen Missionar hach Ponape ent- senden mögé. Allgemeineres Interesse bietet der Theil des Briefes, der sich auf die Einrichtung der deut- schen Verwaltung in den Karolinen bezieht und Zeugniß ablegt von dem großen Verständniß, mit dem der Verfasser die neuesten Vorgänge beobachtet hat. Der betreffende Passus lautet: „Es macht mir große Freude, der Leitung der Mission über die Einrichtung der neuen Verwaltung berichten zu können, die am 19. Oktober erfolgte. Ein deutsches Kriegsschiff, begleitet von einem Handels- dampfer, traf an diesem Tage hier ein und hißte die deutsche Flagge. Eine große Anzahl der Eingeborenen hatte sich versammelt, die deutschen Beamten will- kommen zu heißen Unser neuer Gouverneur (der Kaiserliche Vice- gouverneur Dr. Hahl) ist ein verhältnißmäßig junger Mann, scheint aber alle für seine wichtige Stellung erforderlichen Eigenschaften zu besitzen. Wir beten, daß er weise und gut regieren möge. Er hat bereits seinen guten Willen und Verständniß für das Volk bewiesen und scheint der rechte Mann am rechten Platz zu sein. Die erste Verordnung unseres Gou- verneurs war ein Verbot des Genusses und des