die ganze Besatzung niedergemacht. 1695 unternahm der Gouverneur von Guahan aus eine Expedition nach Tinian, dessen Bewohner nach der benachbarten kleinen und schwer zugänglichen Insel Agiguan ge- flüchtet waren. Die Landung gelang indessen, und die gesammte Bevölkerung wurde nach Guahan ge- bracht, wo man seit 1680 schon die früber zerstreut wohnenden Eingeborenen in vier oder fünf Städten eingeschlossen hatte. 1698 wurden die übrigen Nord- inseln entvölkert, und im Jahre 1710 waren die 100 000 bis 150 000 Marianenbewohner auf 3678 Christen „reduzirt“. Seit jener Zeit ist in Tinian keine angesessene Bevölkerung mehr. Außer dem „Palacio“ ist noch eine im Anfang der 70er Jahre erbaute hübsche Kapelle vorhanden, die aber leider nicht vollendet wurde. Ich beabsichtige, auch sie mit Zink zu decken. Bemerkenswerth ist ferner ein aus großen Korallen- blöcken gemauerter Brunnen in der Nähe des „Pa- lacio". Er stammt aus der Zeit der alten Chamorros und liefert in etwa 3 m Tuse reichliches und gutes Trinkwasser. Am 9. November machte ich einen vergeblichen Versuch, auf Agiguan zu landen Diese etwa 1060 ha große Insel liegt ungefähr 11 km südlich von Tinian; ihre felsige Küste gestattet die Landung eines Bootes nur an einer Stelle bei sehr ruhiger See. Ich hatte Schweine und Hühner von Tinian mitgenommen, um sie auf Agiguan auszusetzen, doch konnten nur zwei Hühner und zwei Hähne an Land geworfen werden. Agiguan soll sehr fruchtbar und reich an Kokos, Brotfrucht und Wurzelgewächsen sein, so daß in dürftigen Jahren die Arbeiterschaft von Tinian herüberfuhr und sich versorgte. Die Insel wird daher die Vorrathskammer von Tinian genannt. Eine Eigenthümlichkeit derselben sollen überaus zahlreiche und große Kokoskrebse sein. Am 10. November kehrte ich von meiner Reise nach Saipan zurück. Rus dem Bereiche der Wissionen und der Kntiskhlaverei-Bewegung. Die ostafrikanische Mission (Berlin III) hat neben dem Inspektor P. Lic. Trittelwitz einen zweiten heimischen Mitarbeiter in der Person des Pastors Michaelis in Bielefeld gefunden. Ueber „Weisheit von der Gasse“ schreibt in den „Nachrichten aus der ostafmkanischen Mission“ der Missionar Johanssen aus Hohenfriedeberg (Usambara): Aus einer Quelle zur Kenntniß des Volksgeistes, aus der ich in deeser Zeit häufig mit Freuden trinke, möchte ich den freundlichen Lesern gern einen frischen Trunk schöpfen; es ist das Gebiet des Sprüchworts, das wir in ungeahnter Fülle bei unseren Eingebo- renen vorfinden. — Im Anschluß an den bbblischen 154 l Geschichtsunterricht, den unsere Lehrgehülfen dreimal wöchentlich besonders erhalten, um sie zu fördern im lebendigen Erzählen, werden mit ihnen Sprüchwörter der Waschambaa durchgenommen, die sie selber som- meln. Für jedes 100, die wir zusammen bekommen, erhalten sie eine kleine Belohnung, um den Eifer zum Nachdenken wachzuhalten. Eine große Anzahl derselben sind der Beobachtung des Thierlebens ent- nommen. „Ameise, komm ans Licht; wenn du nicht herkommst, so ist das dein Verderben“, so ruft der Mschambaa, der beobachtet hat, daß beim Einsetzen der Regenzeit die geflügelte Ameise in Scharen aus der Erde hervorkommt, seinem ein Unrecht hartnäckig leugnenden Gegner zu, um ihn zum Geständniß zu veranlassen. „Du bist ein Geier; einen Hahnen- schwanz bekommst du nie“, sagt ein anderer zu dem, der erfahrene Gastlichkeit mit knauserndem Benehmen bei einer Gelegenheit, sich erkenntlich zu erweisen, vergilt. „Ein Vogel, der viel Lärm macht, hat gewiß kein Nest.“ „Ein räudiges Schaf hält sich nicht zur Heerde.“ „Eine Ziege, die tapfer schreit, wird vom Hirten nicht auf der Weide vergessen.“ „Der Nacht- schmetterling läßt sich nicht vom Feuer wegscheuchen.“ Vom kinderreichen Hausvater heißt es: „Einem Ele- fanten wird sein Reichthum (sein Elfenbein) nicht zu viel (oder zu schwer).“ Ueber 50 ähnliche nur aus dem Thierreich entlehnte Sprüchwörter liegen mir vor. Es liegt auf der Hand, wie wichtig schon diese Bilder bei der Verkündigung uns sein können, noch viel mehr gilt das aber von solchen, die geschöpft sind aus der Beobachtung menschlicher Handlungs- weise, der Vorkommnisse des täglichen Lebens oder der Erfahrung auf allen Gebieten des Lebens oder der Natur. Man höre zugleich mit dem Gedanken an das Evangelium folgende Worte: „Wer im Prozeß einen Bürgen hat, dem braucht das Herz nicht zu klopfen.“ „Wer mit einem Freunde lebt, der geht nicht zu Grunde.“ „Friede im eigenen Heim ist die Bedingung für guten Fortgang der Arbeit.“ „Der Schild, den du erst am Tage der Schlacht in Ordnung bringst, hält nicht.“ „Deinem guten Freund giebst du den Rath: Kehr rechtzeitig heim.“ „Was Leiden heißt, versteht nur, wer bei Kranken die Nacht zubringt.“ „Wer noch einen Vater hat, wird zweimal satt.“ „Ein weises Kind hält sich zum Vater.“ „Wer selbst abgerissene Kleider getragen hat, schenkt einem Armen auch gern ein neues Ge- wand.“ „Auf zwei Bissen ist der Mund nicht ein- gerichtet“ (nämlich: gleichzeitig sie zu essen). „Wer emen Höcker sieht, sieht nur den seines Nächsten, den eigenen sieht er nicht.“ „Die Lüge gleicht dem Monde; so sehr er vor der Sonne flieht, wird er schließlich doch von ihr beschienen.“ „Wer den Durst wirklich löschen will, muß sich zur Quelle selber niederbeugen.“" „Eme widerspenstige Stadt wird morgens ein Raub der Flammen.“ „Ein treuer Hirte, bei dem hält sich das Vieh zusammen.“ „Wenn du auf den Panther schiltst, so schilt auch auf die Hirten.“ „Ein Hirte hat keine Zeit für ein Fest-