— 276 dicke Lehmmauern, ineinander geschachtelte Höse mit vielen daranstoßenden Lagerräumen, noch mit ver- rosteten Ketten umwundene Holzpfeiler verrathen deutlich den Charakter des ehemaligen Sklavendepots, aus welchem der alte einflußreiche Häuptling Obiri einen schwunghaften Sklavenhandel nach Calabar trieb, bis sein Treiben vor etwa drei Jahren auf- gedeckt und er selbst für seine Unthaten mit lebens- länglicher Kettenhaft bestraft wurde, die er in Victoria verbüßte, wo er im vorigen Jahre starb. Obiri und seine Calabarfreunde tragen ohne Zweifel die größte Schuld an der ganz auffallenden Entvölkerung der im deutschen Gebiet wohnhaften Ododop= und Ekoi- stämme. Sein Nachfolger Avb Euän ist ein junger intelligenter und der deutschen Regierung durchaus ergebener Mann, unter dem eine Wiederholung der ehemaligen Gräuel nicht zu befürchten steht. Am 20. übernachteten wir in dem kleinen Berg- dorf Akoto, am 21. in Ekonda-Kondu, auf einem Kegel angesichts einer höheren Bergkette gelegen, aus der sich der schön bewaldete Mount Hewett beson- ders hervorhebt. Eine Buschfaktorel der Deutsch- Westafrikanischen Handelsgesellschaft treibt hier regen Handel; während des Tages traf eine größere An- zahl Träger mit Gummi und Elfenbein ein. Hier sollte mich Leutnant Merensky mit 30 Mann der Schutztruppe treffen und als Eskorte weiter begleiten. Statt seiner erschien Unteroffizier Budde von der Truppe mit der Meldung, daß Leutnant Merensky in Ikassa fieberkrank läge und Budde zur Vertretung schicke. Da in Ikassa am Ndiangfluß drei europälsche Faktoreien und Merensky dort jedensalls gut aufge- hoben, auch in steter Verbindung mit Rio del Rey war, sandte ich 17 Mann an ihn zurück mit der Weisung, er möge dort bleiben und die Vorbereitungen für die bevorstehende Strafexpedition der Truppe in das Ngologebiet einleiten; ich selbst nahm Unteroffizier Budde und 10 Mann mit, so daß sich meine Eskorte nunmehr außer Europäern auf 20 Soldaten und zwei Ordonnanzen belief. Am nächsten Tage über- schritten wir auf gut gereinigten, aber sehr beschwer- lichen steilen Saumpfaden den Mount Hewett, steis im Schatten des Hochwaldes und kühle Bäche über- schreitend, und lagerten im Walde bei dem letzten Ododopdorf Nkurru, wo Häuptling Otu uns mit reichlichen Geschenken an Lebensmitteln empfing. Hinter Nkurru tritt der Weg in das Gebiet der Ekoistämme ein, in deren erstem Dorf, Ekovamau, wir am 23. übernachteten. Eine Faktorei der Ambas Bay Trading Co., von dem Deutschen Eck geleitet, bietet hier mancherlei Annehmlichkeiten. Bei einer Marschzeit von fünf bis sechs Stunden täglich passirten wir noch die Quartiere Gr. Mboboe, Mbobon (Fak- torei der Gesellschaft Nordwest-Kamerun unter Georg Waldau), Innkün und Ayauke. In dem schattigen Waldlager am Ofofluß bei Ayauke wurde am 27. Jannar recht bescheiden, aber mit um so größerer Begeisterung Kaisers Geburtstag gefeiert. Am nächsten Vormutag 10 Uhr ritt ich in die Station Rssakpe ein, an deren Eingang mich Haupt- mann Guse an der Spitze seiner Offiziere Truppe in Paradeaufstellung — empfing. Die vom Haupt- mann v. Besser angelegte provisorische Militärstation Nssakve liegt etwa 90 m hoch auf luftigen Hügeln am Artekaufluß, der sich 1½ Stunden von hier in den Croßfluß ergießt. Ueber Anlage der Station, Anordnung der Ge- bäude rc. hat Herr v. Besser schon ausführlich be- richtet.) Schon unterwegs, kurz vor meiner Ankunft in Nssakpe, hatte sich meiner Kolonne der General- bevollmächtigte der Gesellschaft Nordwest-Kamerun, Hauptmann a. D. Ramsay, angeschlossen, der bei den geographischen Arbeiten hier in der Gegend werth volle Unterstützung geleistet hat und fernerhin leisten wird. Station Johann Albrechtshöh, den 20. Februar 1901. Nach Erledigung von schriftlichen Arbeiten, Pa- lavern und Besichtigung der Station und Umgebung brach ich am 5. d. Mts. mit meiner Kolonne von Nssakve auf und traf nach fünfstündigem Marsche mittags in Nssanakan (engl. Nsangandep) ein, wo ich in dem provisorischen Hause der Gesellschaft Nordwest- Kamerun Wohnung nahm. Etwa eine halbe Stunde östlich von sanakon mündet von Süden her der Ayafluß in den Croß: er bildet die östliche Grenze der jetzt absolut fried lichen Ekoistämme. Oestlich des Aya beginnen die sehr volkreichen, in außerordentlich fruchtbarem Ge- lände wohnenden Keakastämme. Die nördlichen Keakas, welche mit den rebellischen Ekois gemeinsame Sache gemacht hatten, sind durch Hauptmann v. Besier ebenfalls völlig unterworfen und der Weg Ossing — Nda ali—.Tinto ungehindert zu passiren. Da dieser Weg mich indessen zu weit von der Küste entfernt und zu lange aufgehalten hätte — ich hätte die Balistraße bei Defang-Tale erreicht —, beschloß ich, mich auf dem erst vor einigen Monaten von Herrn Ramsay erschlossenen Wege durch die südlichen Keaka- gebiete zur Küste zurückzubegeben. Ramsay. den ebenfalls dringende Geschäfte zur Küste zurückriefen, schloß sich mir an. Die Kolonne verließ Nssanakan am 8. d. Mts. und gelangte nach zwei theilweise recht anstrengenden Märschen durch Bergwald über Mbehnjang (Salz- quellen), Innkun am 9. d. Mts. nach Mbabong. Von hier aus wurde am nächsten Tage der tiefe Ana mit Hülfe des zu diesem Zweck von ssakpe mit- genommenen Faltbootes überschritten und um 11 Uhr vormittags in dem ersten Keakadorf Nkogo gelagert. Hier wie auch später zeigten sich die Keaka friedlich, gutmüthig und zutraulich. Obgleich Ramsay der erste Europäer war, den die Leute gesehen, hatten sie auf seine Anregung hin die Wege zwischen den einzelnen Ortschaften theilweise recht gut gereinigt, so daß trotz des recht coupirten Geländes das Marschiren nicht allzu beschwerlich war und strecken- *) Vergl. Deutsches Kolonial blatt 1900, S. 872.