— 316 — Die meist geringe Autorität derselben wird gehoben und ihre Einnahmen wachsen. Die Einnahmen aus der Rechtsprechung sind die einzigen, welche die Häuptlinge des Bezirls haben. Sie fangen an, sich mehr und mehr als Hülfsorgane der Regierung zu fühlen. Im Großen und Ganzen haben sich die neuer- dings mehr ans Ruder kommenden jungen Häuptlinge besser bewährt als die alten. Es unterliegt keinem Zweisel, daß, wenn erst die unter deutscher Verwal- tung ausgewachsene Generation zur Herrschaft kommt, sie die ihr zugewiesenen Aufgaben in zufriedenstellen- der Weise erfüllen wird. Sklavenhandel kommt zwischen den Eingeborenen des Bezirks nicht mehr vor. Die noch von früher her vorhandenen Hörigen werden durchweg gut be- handelt und gehen gewissermaßen in der Familie ihrer Herren auf. Es kamen nur zwei Fälle vor, wo solche Hörige ihre Freiheit beantragten und natürlich auch erhielten. Bezeichnend ist für den Stand der Sklavenfrage, daß ein ehemaliger Sklave, Gidde Gidde, Oberhäuptling der Landschaft Agome werden konnte.?) Es kommt freilich noch vereinzelt vor, daß Händler, und zwar Haussas, und Unter- thanen der Goldküstenkolonie aus dem nichtdeutschen Hinterlande Sklavenkinder mit sich führen. So- fern dieselben deutsches Gebiet berühren und dies zur Kenntniß der Station gelangt, wird jedoch nach- drücklich dagegen eingeschritten. So wurden zwei Haussas und ein Mann aus dem englischen Quitta mit je einem Kind (ein Junge und zwei Mädchen) abgefaßt und mit mehrjähriger Freiheitsstrafe belegt. Der Junge wurde der Norddeutschen Mission zur Erziehung übergeben, die zwei etwas größeren Mädchen unter sicherem Geleit nach ihrer Heimath zurückgesandt. 8. Entwickelung des Bezirks. Die bisher nur in allgemeinen Zügen bestimmten Grenzen des Bezirks erfuhren eine Festlegung im Einzelnen. So wurde die Grenze gegen den Bezirk Kratyi genau bestimmt, wobei das früher zu Kratyi gehörige Dorf Ahamansu zu Misahöhe kam, weil es politisch zu Buem gehört. Ebenso wurde das bisher zum Bezirk Lome gehörende Batome dem Bezirk Misahöhe einverleibt, weil es ein Agotimefarmdorf ist. In Vorbereitung ist die Abgrenzung gegen Atakpame. Die wichtigsten Ereignisse im Bezirk waren die wirthschaftlichen Expeditionen des Geheimraths Prof. Ior. Wohltmann, des Botanikers Schlechter und des Bergassessors Hupseld. Von hoher Bedentung ist f ruer die zur Zeit in Ausführung befindliche Baum- wollexpedition des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees. Um all diesen viel versprechenden Keimen eincs kul- turellen Ausschwungs zu raschem Wachsthum und #Eg sei hierbei bemerkt, daß einer der einflußreichsten Häuptlinge an der Kuste (Ayte Ajavon in Klein-Popo gleichfallo fruher Sklave war. gutem Gedeihen zu verhelfen, erscheint aber der Bau einer Essenbahn durch den Bezirk als unerläßliche Bedingung. Deutsch-ZSüdwestafrika. Die Unruhen im südlichen Distrikt Grootfontein, von denen in der Tagespresse schon die Rede ge- wesen ist, haben nach den vorliegenden amtlichen Berichten ihren Ursprung in dem Widerstand gehabt, den die Grootfonteiner Bastards der Besichtigung ihres Pferdebestandes durch den Distriktschef von Grootfontein entgegengesetzt haben. Die Bastards haben dem Distriktschef gegenüber alsbald eine drohende Haltung eingenommen und die Auf- forderung, ihre Waffen abzugeben, mit der Eröffnung von Feindseligkeiten beantwortet. Ueber den weiteren Verlauf der Angelegenheit ist bis jetzt nur bekannt, daß in den folgenden Gefechten auf deutscher Seitc der Reiter Reer und ein eingeborener Soldat Namens Jan Lintes, beim Gegner der Führer der Auf- ständischen, Kapitain Swarts, und ein Rehobother Bastard gefallen sind und daß der Distriktschef von Grootsontein mit etwa 20 weißen und ebenso viel eingeborenen Soldaten die Aufständischen verfolgte. Vom Gouvernement ist der Oberstleutnant Müller mit 70 Mann und einem Geschütz nach dem Schau- platze der Unruhen abgesandt, außerdem ist die in Keetmanshoop stehende 3. Feldkompagnie zur Mit- wirkung von Süden her über Bethanien befehligt worden. Die von der Kolonial-Abtheilung des Aus- wärtigen Amtes auf tclegraphischem Wege ange- ordnete strenge Untersuchung der ganzen Angelegen- heit wird ergeben, ob der beklagenswerthe Zusammen- stoß hätte vermieden werden können und wen etwa eine Verantwortung dafür trifft. Abwehrmaßregeln gegen die Beulenpest. In der Sitzung des Reichsgesundheitsraths am 20. März hatte Geheimrath Prof. Dr. Koch darauf hingewiesen, daß die Gefahr der Einschleppung der Beulenpest aus der Kapkolonie durch den Schiffs- verkehr nicht so sehr Deutschland selbst, als seine afrikanischen Schutzgebiete, vornehmlich Südwestafrika bedrohe, und die Stationirung eines in der Er- kennung und Abwehr der Pest ausgebildeten Arztes in Swakopmund angeregt. Bercits vorher — Anfang März — war von der Kolonialverwaltung die Errichtung einer Quarantänestation in Swakopmund und die Sperrung des zweiten Hafens des Schutzgebietes — Lüderitzbucht — für den direkten Verkehr von der Kapkolonie, sowie die Stationirung eines erprobten Sanitätsunteroffiziers der Schutztruppe daselbst tele- graphisch angeordnet, auch sofort die nöthige Menge von Desinfektionsmaterial rc. hinausgesandt.