Näheres Forschen nach dem Material, aus dem diese gefertigt sind, zeigte uns, daß sie aus den in sehr alten Baumfarnen in unregelmäßiger Form zwischen Rinde und Mark vorkommenden schwarzen Holztheilen be- stehen. Zu der Häuptlingsversammlung, die anderen Tages in einem großen, angeblich schon aus dem 18. Jahrhundert stammenden Gemeindehause des Königs Abathul stattfand, waren die sämmtlichen Oberhäuptlinge der Palaus erschienen. Sie hörten mit viel Aufmerksamkeit und Verständniß den Aus- einandersetzungen des Bezirksamtmanns Senfft zu, versprachen, den Wünschen desselben Rechnung zu tragen, und brachten dann ihrerseits einige Punkte zur Sprache. Ich gewann die Ueberzeugung, daß nach Errichtung einer Regierungsstation in den Pa- laus die Verwaltung bald auf die auffallend intelli- genten Palauleute einen großen Einfluß, der wohl auch einen besseren Anbau der Inseln erreichen ließe, erlangen würde. Zur Zeit ist wegen der schlechten Verbindung — es war jetzt das erste Mal seit Ein- richtung der deutschen Verwaltung, daß der Bezirks- amtmann von Vap Gelegenheit hatte, hier seines Amtes zu walten — eine erhebliche Einwirkung auf die Palauleute nicht möglich. Als Zuschauer zu dem „Rucktanze“ hatten sich Hunderte von Leuten beiderlei Geschlechts und jedes Alters eingefunden, so daß sich gute Gelegenheit bot, den auffallend schönen Wuchs der Eingeborenen der Palaus zu bewundern. Hautkrankheiten sind bei den Palauleuten, wohl wegen der fortwährenden Ein- reibung mit Kokosöl, selten. Die nur mit einem kurzen Faserschurz bekleideten, sich zierlich und elegant bewegenden Weiber scheinen ihre gute Figur und Haltung bis in ein höheres Alter zu bewahren. Der Tanz ward auf einem 200 bis 300 m longen und einige Meter breiten Holzgestelle nur von Männern und Jünglingen ausgeführt. Im schwarzen Haar prangte die rothe Hibiscusblüthe, um Schultern und Hände schlangen sich Streisen von schilfartigen Blättern, die an den Händen beim Tanze kastagnetten- artig bewegt wurden, und die rechte Hand hielt ein speerartiges Bambusrohr, das bei den rhythmischen Bewegungen des Körpers in anmuthiger Weise ge- schwungen oder gehalten ward. Der Tanz begann, in geschichtliches Ereigniß darstellend, mit dem Speer- jweikampf zweier Einzeltänzer, bei dem der eine der- elben, ohne selbst Speere zu schleudern, die auf ihn zeworfenen Speere geschickt auffing, bis sein Gegner, vaffenlos geworden, unter Aufgabe des Kampfes in der Zuschauermenge verschwand. Dann betraten etwa 30 Männer, in langsamem Tanzschritt sich bewegend md ihre Bewegungen mit einem tiefen melodischen Hhesange begleitend, das Tanzgerüst und führten in unstvoller Weise Frontal= und Seitentänze aus, denen man ein sorgfältiges Einüben auf den ersten Blick anmerkte. Das Erotische trat bei dem Tanze mur wenig hervor. Das Ganze machte einen feier- ichen, wirklich eigenartigen Eindruck, wie ich ihn 149 bisher noch nie bei den Tänzen farbiger Völker- schaften empfunden hatte. Am 5. März setzten wir unsere Fahrt mit Kurs auf Sonsorol (St. Andrew) fort, welches wir am 6. morgens nach längerem Suchen sichteten. Sonsorol besteht aus zwei kleinen flachen, von Korallenbänken umgebenen Sandinseln, von denen nur die südliche von etwa 400 Menschen bewohnt ist. Die Bevölke- rung zeigt in Gesichtszügen, Farbe und Figur solche Verschiedenheiten, daß bei ihr ein arges Völkergemisch, bei welchem wohl Papuablut vorherrscht, als zu Grunde liegend anzusehen ist. Den engen Zusammen- hang mit den Karolinern erkennt man an der Sprache# und Tätowirung. Beim Hause des Häuptlings ward mit einer dreimaligen Salve die deutsche Flagge ge- hißt und außerdem ein Pfahl mit der Ausfschrift: „Kaiserlich deutsches Schutzgebiet“ eingegraben. Von Yap aus unterhält der Händler O'Keefe nach Son- sorol regelmäßige Verbindung, um sich Arbeiter für die Gewinnung von Kopra auf den Mapia-Inseln (St. Davis) und auch für seine Station in Yap zu beschaffen. Die Sonsorolleute sind gute Arbeiter und gehen gern nach auswärts. Von Sonsorol wurde Kurs auf die Insel Merir und später auf Pul (Pulo Ana) genommen und auch hier die Besitzergreisung für das Deutsche Reich nach Versammlung der Eingeborenen durch Ein- rammen eines Hoheitszeichens und Abgabe dreimaliger Salve im Laufe des 7. März vorgenommen.). Merir wird von etwa 200, Ana von 150 Ein- geborenen bewohnt, die denen Sonsorols in Aussehen und Haltung sehr ähnlich sind. Beide Inseln sind nicht unfruchtbar und zeichnen sich durch einen be- sonderen Reichthum guter Hölzer aus, unter denen auf Merir Baringtonien und hochstämmige Mangroven vorherrschen, während für Ana geradezu riesenhafte Calophyllumbäume charakteristisch sind. Die Bevöl- kerung ist anscheinend sehr träge und hungert lieber, als daß sie Kulturen anlegt. Aus Mangel an Pflanzungen ist die Ernährung der Insuloner offen- sichtlich eine ungenügende. Man sieht auffallend viele lange, schmale Gestalten, und die an sich schönen Frauenfiguren kommen nicht zur vollen Entwickelung. Hingegen ist der Kinderreichthum ein außerordentlicher, und die Inseln werden noch werthvolles Menschen- material an die Karolinen abgeben können. Die Ein- geborenen verstehen es, mit primitiven Webeeinrich- tungen, denen der Lord Howe= und Mortlock-Inseln vergleichbar, Bandstreifen aus gebleichtem Gras mit eingewebten schwarzen Mustern, die die Männer zur Verhüllung der Schamtheile benutzen, herzustellen. Die Frauen bedecken den unteren Körper mit ge- flochtenen Matten. In Yap, das am 10. wieder erreicht wurde, war in der Zwischenzeit der Lloyddampfer „Wong-Koi" zur Unterstützung der „München“ mit einer großen Ausrüstung von Taucherwerkzeugen und Pumpvor- *) Vergleiche den amtlichen Theil dieser Nummer.