— 858 für anwendbar zu erklären, was ermöglichen werde, hinsichtlich ihrer Wirkungen weitere Erfahrungen zu sammeln. Auf Wünsche hin, die aus dem Kolonial= rathe heraus geäußert wurden, wurde regierungs- seitig zugesagt, die Frage nochmals auch für die anderen afrikanischen Kolonien zu prüfen und das Ergebniß dem Kolonialrath zu unterbreiten. Dabei wurde regierungsseitig auch betont, daß jede Bevor- mundung wirthschaftlicher Unternehmungen zu ver- meiden sei. — Der Kolonialrath ging dann zu dem Entwurf einer Verordnung, betr. das Kreditwesen und die Gerichtsbarkeit über die Eingeborenen des südwestafrikanischen Schutzgebietes in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, über. Von verschiedenen Rednern wurden gegen die Verordnung Bedenken erhoben und die Ansicht geäußert, daß die Interessen der Kaufleute unter einer Einschränkung des Kreditgebens leiden würden. Der Referent der Kolonial-Abtheilung für Südwestafrika vertheidigte dagegen das Bestreben des Gouverneurs, die Ein- geborenen gegenüber der Ausbeutung durch Händler und dem als eine Folge davon eintretenden Verluste ihres Stammeseigenthums in Schutz zu nehmen. Durch die Schaffung von Eingeborenen-Reservaten könne das Stammeseigenthum nicht genügend geschützt werden. Auch wurde regierungsseitig darauf hia- gewiesen, daß ähnliche Verordnungen in Theilen der deutschen Südsee-Besitzungen und in vielen englischen Kolonien bereits in Kraft seien und außerordentlich segensreich wirkten. Nachdem sich zunächst eine Mehr- heit des Kolonialrathes gegen die Bestimmung des § 1 der Vorlage erklärt hatte, wonach gegen Ein- geborene sich richtende Forderungen, die vom Tage des Inkrafttretens der Verordnung ab dadurch ent- standen sind, daß an Eingeborene Waaren auf Kredit gegeben wurden, nicht mehr klagbar sein sollen, wurde die weitere Berathung der gesammten Vor- lage einer Kommission von fünf Mitgliedern, in welche die Herren Simon, v. Hofmann, Vohsen, v. Tucher und Porsch gewählt wurden, überwiesen. In der Nachmittagssitzung berieth der Kolonial- rath zunächst den ihm zur Begutachtung vorgelegten Entwurf einer Verfügung, betreffend die Regelung des gerichtlichen Kostenwesens in den Schutz- gebieten Afrikas und der Südsee. Die Gou- verneure sind um ihre Meinung befragt worden und haben sich, zum Theil mit der unten erwähnten Mo- difikation in Betreff der Höhe der Gebühren, für die Einführung des heimischen Systems ausgesprochen. Diesem Wunsche kommt der vorliegende Entwurf nach, der nur in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Verdoppelung der Sätze vor- schlägt, die im § 19 des Gesetzes über die Konsular- gerichtsbarkeit) bestimmt sind. Auf einen Antrag des Staatssekretärs a. D. Herzog erklärte sich die Mehr- heit des Kolonialrathes gegen diese Verdoppelung und nahm dann mit einer entsprechenden Modifikation den Entwurf an. — Während sonst an die einzelnen * Vergl. die Anmerkung auf S. 8533. Positionen der Etats für die Schutzgebiete seitens des Kolonialraths Anträge geknüpft und dabei Wünsche zum Ausdruck gebracht zu werden pflegen, boten die zur Berathung stehenden Etats von Ka- merun und Togo diesmal dem Kolonialrath keinen Anlaß zur Debatte. Regierungsseitig wurde über die neue Gestaltung, welche die Etats in diesem Jahre erhalten, und die eine größere Uebersichtlichkeit ge- währt, Aufschluß gegeben. Zu Anfang der Vormittagssitzung des Kolonial= raths vom 23. November nahm der Kolonialdireltor Veranlassung, zu erklären, daß, obwohl im Etat des ostafrikanischen Schutzgebietes keine Position für den Bahnbau Dar-es-Saläm — Mrogoro enthalten sei, daraus nicht etwa auf eine Aenderung in der Stellung der Regierung in der Sache geschlossen werden dürfe. Es sei dringend zu wünschen und zu hoffen, daß der Reichstag in zweiter und dritter Lesung den Gesetzentwurf wegen Baues dieser Essen- bahn mit den in der Budgetkommission vorgeschlagenen Aenderungen annehmen werde. Geh. Kommezien= rath Oechelhäuser trat mit warmen Worten für den Bahnbau ein, der Hoffnung Ausdruck gebend, doß der Reichstag in richtiger Würdigung der großen Be- deutung von Eisenbahnen in Afrika die Bahnvorlage genehmigen werde. Prof. Hans Meyer wandte sich zwar gegen ein sprungweises Vorgehen bei Ais- führung von Eisenbahnbauten in dem Schutzgebiet; über die Nothwendigkeit eines Bahnbaues überhaupt aber sei er mit allen Kolonialfreunden einig. Vor- aussetzung sei, daß schrittweise vorgegangen und de Bahn zunächst nur bis Mrogoro gebaut werde; der Bau selbst sei unter allen Umständen so bald wie möglich in Angriff zu nehmen. Sei der Bau noch Mrogoro vollendet, und stelle sich heraus, daß e: sich bei einem Weiterbau um eine finanziell und wirthschaftlich vertretbare Angelegenheit handle, so würde auch an einen solchen herangetreten werder können. Konsul Vohsen suchte die Rentabilität eines Bahnbaues bis zu den großen Seen nachzuweisen. Bankier v. d. Heydt trat angesichts der raschen Em- wickelung in Ost= und Centralafrika für eine ziel- bewußte Eisenbahnpolitik ein, da wir sonst von der Konkurrenz der Nachbarkolonien überflügelt werden würden. In demselben Sinne sprach sich Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg aus, indem er nach- stehende, von ihm und einer größeren Anzahl von Mitgliedern eingebrachte Resolution befürwortetle: „Der Kolonialrath bestätigt in entschiedener Weise seine früheren Resolutionen zu Gunsten der rascher Inangriffnahme der Bahn Dar-es-Salsm —Mrogoro sowie zu Gunsten einer zielbewußten Eisenbahnpolitk im ostafrikanischen Schutzgebiet.“ Nach weiteret warmer Befürwortung durch die Herren Sachse und Simon wurde die Resolution vom Kolonialrath ein- stimmig angenommen. — Beim Eintritt in die Be- sprechung des Etats für das südwestafrikanische Schutzgebiet entstand eine längere Debatte über die Otavi-Bahn, wobei Geh. Kommerzienrath v. Hame mann die Erklärung abgab, daß die Otavi-Gesell