— 269 — „1. Bei fast allen Negerkindern kommen schon sehr wesentlich einwirkt, wie in Kamerun gezeigt in der frühesten Jugend zahlreiche Malariaparasiten im Blute vor, ohne daß ihr Allgemeinbefinden ge- stört oder die Körpertemperatur erhöht wäre; vielfach selbst, ohne daß jemals Fieberbewegungen voraus- gegangen sind. 2. Eine Milzvergrößerung ist dann meist vor- handen, kann aber auch fehlen. 3. Die Immunität gegenüber den Schädigungen durch die Entwickelung des Malariaparasiten ist also in vielen Fällen eine angeborene. 4. Auch etwa die Hälfte der erwachsenen Neger führt noch den Malariaparasiten, ohne daß er die gewöhnlichen Krankheitserscheinungen hervorruft. 5. Auch die erwachsenen Neger zeigen Milz- tumoren, zum Theil von außerordentlicher Größe, und zwar zu 62 pCt. Ebenso häufig findet sich Anämie bei ihnen. 6. Der erwachsene Neger leidet also ebenso viel oder wenig unter der Malaria als das Negerkind. 7. Die Pathogenese des Fieberanfalls bei den Negern bedingt, daß bei zweifellosen Malariafiebern die Parasiten im peripheren wie im Milzblut sehr häufig fehlen (in zwei Dritteln der Fälle). 8. Das Vorhandensein oder Fehlen von Parasiten im Blut ist deshalb beim westafrikanischen Küsten- neger für die Diagnose einer Gesundheitsstörung nicht zu verwerthen. 9. Die Voraussetzungen für Ausrottung der Malaria durch Unterbrechen des Entwickelungskreis- laufs ihres Erregers im Menschen entbehren dem- nach ihrer Grundlage. — Nicht nur „Kranke" führen Parasiten, sondern eine ganz ungeheure Menge von Kindern und Erwachsenen, die sich dabei des denkbar besten Wohlseins erfreuen und jeden „heilenden“ Eingriff ablehnen würden. Erfolg könnte also nur von zwangsweiser Durch- führung allgemeinen Chiningebrauchs bei der ganzen Bevölkerung einer Malariagegend erwartet werden, die selbstverständlich absolut unmöglich ist. 10. Wenn andererseits anerkannt wird, daß ein Schutz des Individuums durch Verwahren der Wohnräume mit Drahtgittern und Gebrauch von Mückenschleiern, Handschuhen 2c. sich mindestens in tropischen Gegenden, welche der Kultur eben erst erschlossen sind, auf Reisen und Expeditionen kaum lemals in wirksamer Weise und in genügendem Um- sang wird durchführen lassen, während eine Ver- tilgung der Mücken in größeren Landstrichen erst recht ausgeschlossen erscheint, so wird man die Hoff- nung aufgeben müssen, den gesundheitlichen Charakter einer Gegend mit diesen Mitteln schneller und wirk- samer auf die Dauer zu verbessern, als es seither durch Drainage, Bodenkultur, zweckmäßige Woh- nungen 2c. überall geschah. Für den persönlichen Schutz des Individuums bleibt uns demnach allein die Immunisirung durch systematische Chininprophylaxe, deren ausgedehnte Anwendung auch auf die Gesammterkrankungsziffer werden konnte. 11. Eine strenge Sonderung der Malariaparasiten in drei oder vier konstante Arten läßt sich nicht auf- recht erhalten. Es handelt sich vielmehr um drei, bezw. vier typische, mehr oder weniger beständige Formen, die derselbe Parasit je nach den besonderen Verhältnissen annimmt, unter welchen er sich ent- wickelt, und die in einander übergehen können. Diese Formen werden durch das verschiedene Maß be- dingt, in welchem sich einerseits die Vakuole, anderer- seits Kern und Plasma an der Größenzunahme des Parasiten bei seiner Entwickelung betheiligen.“ Dr. A. Plehn tritt damit erneut für die Chinin= prophylaxe ein, deren hervorragende Bedeutung immer mehr anerkannt wird. Nach Plehn') erwirbt der Europäer durch systematischen Chiningebrauch — in Kamerun nach Plehn jeden fünften Tag ½° g — eine relative Immunität gegen Malaria. Die ge- sammte Erkrankungsziffer der so Immunisirten sinkt nach seiner Erfahrung unter die Hälfte, die Zahl der ernsteren Erkrankungen auf weniger als ein Viertel der sonft beobachteten. Wird Chinin von der Ankunft am Fieberherd ab regelmäßig genommen, so soll sich dieses Verhältniß noch günstiger gestalten. Schwere, lebensgefährliche Erkrankungen und Kom- plikationen sollen nach längerer gewissenhafter Durch- führung der Prophylaxe nur außerordentlich selten vorkommen. Roloniallrankenbaus in LCißabon. Durch Gesetz vom 24. April d. Is. ist die Ein- richtung eines Kolonialkrankenhauses in Lissabon be- stimmt worden, das zur Behandlung der aus den portugiesischen Kolonien zurückkehrenden Beamten, Offiziere und Soldaten dienen soll. Im Zusammen- hange mit dem Krankenhause soll zur Ausbildung der Kolonial= und Marineärzte theoretischer und praktischer Unterricht in der Tropenkrankheitskunde stattfinden, wofür Lehrstühle für Pathologie und Klinik, für Hygiene und Klimalehre und für Bakte- riologie und Parasitenkunde errichtet werden. Moskitos auf Schiffen. Ueber Malariaerkrankungen, die unter einer mit dem Lande nicht in Berührung gelommenen Schiffs- besatzung beobachtet wurden, schreibt der deutsche Arzt Dr. Friedrichsen in Sansibar: Wie weit Moskitos über Wasser fliegen können, zumal wenn von Land her Wind weht, zeigen die von mir im März beobachteten Malariafälle, welche auf der Bark „Marco Polo“ vorkamen. Vier Mann der 24 Personen betragenden Besatzung erkrankten ziemlich schwer an Malaria, obwohl die Mannschaft nicht an Land kam. Der Kapitän theilte mir mit, 6 *) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1901, S. 287.