Togo Rinderzucht sogar im Großen zu betreiben. Weite Strecken, mit lichtem Busch- und Graswuchs bedeckt, nur dünn bevölkert, von zahlreichen Wasser- läufen durchzogen, stehen zur Verfügung. Als Kraft- sutter ist das Guineakorn, dessen Anbau wenig Mühe macht, vorhanden. Im Mangubezirk und im Norden des Basari- bezirkes finden sich weite Strecken, auf denen nur vereinzelte Gehöfte stehen und die mit ihrem der Grassteppe schon genäherten Charakter für weidende Viehheerden wie geschaffen sind. Daß hier die Vieh- zucht darniederliegt, erklärt sich einerseits aus den Räubereien im Großen, mit denen sich die einzelnen Stämme noch bis vor wenigen Jahren gegenseitig schädigten, und bei denen Rinder und Sklaven die wichtigste Beute bildeten. Als zweiter Grund aber kommen Viehseuchen in Betracht. Die Fullanis in Basari schilderten eine Anzahl von Rinderkrankheiten, deren Beschreibung aber so unbestimmt war, daß sie für eine Diagnose nicht zu verwerthen war. Eine Krankheit, die etwa der Surra des Rindes entspricht, scheint den Fullanis nicht bekannt zu sein. Anders in Mangu. Dort lebt ein Fullanichief, der nicht ohne Intelligenz Auskunft gab. Das Interessanteste ist, daß er eine Krankheit schilderte, welche sich, was ihre Dauer, die Symptome, den Organbefund beim Schlachten u. a. anlangt, ganz und gar mit dem Bilde der Surra deckt, und welche er mit dem Namen „pjoli (pjodi, pjuli)“ bezeichnet. Und das Wort pjoli bedeutet „Tsetsefliege“. Er bezeichnete echte Tsetsefliegen als „pjoli“ oder „nabaradje“. Die ätiologische Rolle der Fliege bei der Erkrankung war ihm be- kannt, ebenso die Gefahr für Rinder in der Nähe von Flußläufen, die ja den Lieblingsaufenthalt der Fliege darstellen. Und endlich gab er ein Schutz- mittel an, das zuverlässig wirksam sei. Die Blüthen eines bestimmten Baumes oder Busches werden in Wasser abgekocht und dieses Decoct auf den Rücken der Thiere eingerieben. Die Fliegen sollen den Geruch des Absudes scheuen und die Rinder nicht belästigen. Ich konnte die Pflanze nicht zu Gesicht bekommen, doch werden die Früchte derselben auf dem Markte von Basari bis Kleinpopo verkauft. Wahrscheinlich handelt es sich um Amomum Melegueta (Sadebeck, Kulturgewächse 2c., Seite 172), dessen Früchte scharf pfesserartig schmecken und dessen Blüten wahrschein- lich gleichfalls intensiv riechen. Der Strauch soll zu Beginn der Regenzeit blühen; er kommt im Innern wild vor, nicht aber an der Küste; die Pfefferkörner werden zu allerlei Eingeborenen-Medizin verwendet. Eine größere Anzahl von Früchten, die ich in Basari kaufte, ist an das botanische Museum in Hamburg abgegangen. Auch sollen einige Anpflanzungsversuche im Garten des Krankenhauses gemacht werden. Sollte ich nochmals, und zwar zu Anfang der Regenzeit, nach den Innenstationen kommen, so werde ich nicht versäumen, diesem einfachen Vorbeugungsmittel meine Aufmerksamkeit zuzuwenden. 294 Die Surraparasiten bei Rindern nachzuweisen, gelang mir nur in Atakpame. Da sich jedoch in Basari sowohl als in Mangu surrakranke Pferde fanden, so ist die Möglichkeit vorhanden, daß die Surra auch in diesen Bezirken auf das Rind über- tragen wird. In Atakpame fand ich die Parasiten zuerst bei Rindern, die aus dem Norden eingeführt waren, nämlich bei zwei Thieren aus Mangu und bei einer Tschautscho-Kuh, während andere, auf Veranlassung des Gouvernements aus dem kTschautschogebiete ein- geführte Rinder an Surra bereits zu Grunde ge- gangen waren. Man kann aus den hier und in Tove gemachten Beobachtungen folgern, daß gerade die Surra das wichtigste Hinderniß gegen die Ein- führung werthvollen Viehes aus dem Norden nach den Bezirken Atakrvame und Misahöhe ist. Weiter kann man schließen, daß unter den Rindern und Pferden des Basaribezirkes eine Immunität gegen Surra nicht oder doch nur in Ausnahmefällen be- steht, vielmehr anzunehmen ist, daß die Thiere, an ihrem Standort von der Sueuche nicht gefährdet, sich erst auf dem Transport, vielleicht auch erst in Atakpame bezw. Tove, wo die Krankheit endemisch ist, infizirt haben. Ob es eine abgeschwächte Form der Surra giebt, welche in Heilung übergehen und, wenigstens bei Rindern, Immunität im Gefolge haben kann, ist noch nicht ganz sicher bewiesen, wenn auch einzelne Versuche an Rindern dafür zu sprechen scheinen. Doch kann diese leichtere Erkrankung mit nachsolgender Immunität unter natürlichen Ver- hältnissen nur in seltenen Ausnahmefällen vorkommen, und nur der äußerst chronische Verlauf der Er- krankung beim Rinde läßt es begreifen, daß sich überhaupt größere Heerden in einem Bezirke, in welchem Surra endemisch ist, finden. Der Nachweis des endemischen Vorkommens der Surra im Atakpamebezirk, also unter Rindern, die an Ort und Stelle geboren waren, gelang an drei verschiedenen Orten im Süden der Station: in Dadya, Amutshu und Alakojo. Bei fünf unter 51 Rindern, also bei etwa 10 péCt., waren bei ein- maliger Untersuchung die charakteristischen Parasiten zu finden. Wenn man erwägt, daß die Parasiten bei kranken Thieren oft auf längere Zeit aus dem peripheren Blute verschwinden, so ist der Schluß erlaubt, daß der Prozentsatz kranker Thiere unter den untersuchten noch wesentlich höher sein wird. Aus allen diesen Beobachtungen scheint mir als wichtigstes Moment das hervorzugehen, daß mit der erfolgreichen Bekämpfung der Surra das Haupt- hinderniß für das Gedeihen der Viehzucht und für die Verwerthung von Pferden hinweggeräumt würde. Ich habe bereits Versuche gemacht, welche auf die Möglichkeit hindeuten, eine in der Praxis und für hiesige Verhältnisse anwendbare Methode der Immunisirung von Rindern, vielleicht auch von Pferden, gegen Surra auszuarbeiten. Die Frage ist damit ihrer Lösung immerhin um einen Schritt