— 299 der heiligen Handlung über zwei Stunden hinge- gangen waren. In derselben Missionszeitschrift berichtet P. Guillemé aus dem Vikariat Nyassa: Doas Vikariat Nyassa ist eines unserer jüngsten Vikariate und zählt somit erst wenige Getaufte. Bis im vorigen Jahre leistete der alte Sultan den Euro- päern noch stets den hartnäckigsten Widerstand, sowohl der Militärbehörde als den Missionaren. Jetzt aber hat er sich endlich folgenden Gesetzen unterwerfen müssen: „Die Behörde behält sich das Recht vor, allein als befugte richterliche Gewalt aufzutreten allemal, wo es Fälle betrifft, in welchen eine schwerere Strafe verhängt werden muß als 12 Stockschläge. Es ist keinem Häuptling mehr erlaubt, seine Unter- thanen zu verstümmeln und strafweise oder aus irgend- welchem sonstigen Grunde Jemandem Hände, Füße, Nase oder Ohren abzuschneiden oder dies von Anderen ausführen zu lassen. Sie sollen ihren Sängern fernerhin nicht mehr die Augen ausstechen. Sie dürfen durchaus nicht mehr die Giftprobe in An- wendung bringen. Alle Menschenopfer auf dem Grabe der Reichsgroßen sind strengstens verboten. Bei dem Absterben eines Häuptlings soll man dessen Frauen nicht mehr tödten, um ihn in die andere Welt zu begleiten. Es steht allen Bewohnern des Landes frei, sich Arbeit zu suchen, wo sie wollen, und sich von oder bei den Missionaren unterrichten zu lassen.“ — Mit der allergrößten Freude wurden diese Ge- setze von den Missionaren ausgenommen, die nun- mehr völlige Freiheit haben, sich ganz und gar dem Belehrungswerke der Insassen des Landes zu widmen, und noch am meisten freut sich darüber der gemeine Mann, der nun endlich auf immer befreit ist von der launenhaften Grausamkeit der unzähligen kleineren Tyrannen. Und ich gestehe gern, daß das gewöhn- liche Volk recht viel Neigung zu haben scheint, eine Religion anzunehmen, welche die Erlösung und die Gleichheit aller Menschen als solche predigt. Nur die Großen im Lande sehen mit unruhigem Blick diesem Erwachen des Volkes zu, und ebenso, wie vormals die Pharisäer, sagen sie, indem sie auf die Missionen deuten: „Seht, alles Volk läuft ihnen nach!" Die Baseler Missionare Ernst zu Lobethal und Hässig in Edea haben von ihren Stationen aus eine weitere Missionsreise im südlichen Kamerun unter- nommen. Edea bildet den Schlüssel für das Vor- dringen ins Innere, von wo schon mehrfache Auf- forderungen an die Baseler Mission ergangen sind, ihre Thätigkeit auch auf die Gegenden landeinwärts auszudehnen. Es liegt deshalb im Bestreben der Missionare, von Edea aus nicht nur die umliegenden Gebiete immer eingehender zu erkunden und sie mit dem Evangelium zu bedienen, sondern auch die im Nordosten liegenden Länderstrecken soweit wie möglich in den Kreis ihrer Wirksamkeit hereinzuziehen. Ueber das Ergebniß der mehrwöchigen Missionsreise be- richtet Missionar Ernst im „Evangelischen Missions- magazin"“: Zunächst darf der Umstand als Erfolg betrachtet werden, daß wir in Ndogomakumak Bresche gelegt und dieses Land der Missionsarbeit erschlossen haben. Es ist das nicht zu unterschätzen, da Ndogomakumak, oder wie der Name sagt, „das große Geschlecht“ unter den anderen Stämmen eine hervorragende Rolle spielt. Freilich dürfen wir uns dadurch, daß die Häuptlinge uns um Lehrer gebeten haben, nicht fal- schen Hoffnungen hingeben. Es entspringt dieses Verlangen nach Lehrern zunächst keinem religiösen Bedürfniß, sondern einem unbestimmten Suchen nach etwas Neuem. Doch kann der Herr dasselbe auch noch zu einem Suchen und Fragen nach dem leben- digen Gott werden lassen. Ein weiterer Erfolg unserer Reise ist darin zu erblicken, daß wir dadurch über die dortigen Sprachverhältnisse ins Klare ge- kommen sind. Es ist uns zur Gewißheit geworden, daß das ganze Hinterland vom Ydong — also von Klein-Batanga im Süden — bis zum Manenguba= gebirge im Norden, und auf der Linie Mangamba— Edea ostwärts bis eine oder zwei Tagereisen vor dem Mbam und Yaünde Alles die Basasprache redet. Es ist diese Thatsache eine große Wohlthat für uns Missionare, wenn wir in einem Gebiete, das größer ist als Württemberg und Baden zusammen, mit einer Sprache auskommen können, während sonst in West- afrika das Sprachengewirr auf verhältnißmäßig kleinen Gebieten das Kreuz aller Missionen ist. Die Missions- arbeit wird aber trotzdem in jenem Gebiet immerhin noch ziemlich erschwert sein, da die Leute nicht in Dörfern zusammenwohnen, sondern auf einzelnen Höfen zerstreut leben. Wir dürfen indessen trotz aller Schwächen unserer afrikanischen Christen doch getrost sein und daran festhalten, daß das Werk des Herrn unter ihnen nicht vergeblich ist. Die Neger müssen erst allmählich für das Christenthum erzogen werden. Die Vertiefung christlichen Lebens und Glaubens bei den Einzelnen bleibt eine Hauptaufgabe, an der wir nicht müde werden dürfen. Bis aber eine Durch- dringung des ehemals heidnischen Volkslebens mit christlichem Geiste erreicht ist, ist viel Geduld nöthig. Inzwischen gilt es aber auch, das Netz so weit wie möglich auszuwerfen, damit wir ihrer Viele gewinnen und Viele erziehen können zu einem neuen Wandel in Christo. In dem Jahresbericht der Norddeutschen Missions= gesellschaft, seit 66 Jahren im Evhelande (Togo) thätig, heißt es: Zu unseren bisherigen vier Hauptstationen Keta, Lome, Ho und Amedzoyhe ist als fünfte die Station Agu hinzugekommen. Die Nebenstationen haben sich um vier vermehrt: Nyive im Hobezirk, Kpoeta im Bezirk von Amedzovhe und Agudeve und Gbeme in der zu Agu gehörigen Landschaft Kpele. Zu den am 31. Dezember 1901 vorhandenen 37 Außen=