— 314 — 1½ m hohen Farren und Schilf und ganz ver- einzelten Raphia bestanden und den Spuren nach von zahlreichen Elephanken und Büffeln bewohnt waren. Vom 11. bis 16. Januar 1902 mußte ich in Amwum still liegen, da ich mir einige Tage vorher beim Durchschreiten eines Sumpfes an einem unter Wasser befindlichen Ast den rechten Fuß verletzt und dieser sich so verschlechtert hatte, daß ich marsch- unfähig wurde, eine einigermaßen auf Genauigkeit Anspruch machende Routenaufnahme von der Hänge- matte aus sich aber als unmöglich erwies. Am 18. Januar kam ich dann nach Usullabot und mußte hier nach Süden abbiegen, da nach Ost Alles un- bewohnt ist; am 20., 21. und 27. Januar habe ich noch je mehrere Stunden weit nach Ost er- kundet, doch nie Wege oder Spuren von bewohnter Gegend gefunden. Am 30. Januar traf ich nach Durchschreitung einer etwa 20 km breiten unbewohnten Strecke in Suankö ein, wo sich ein Posten der Gesellschaft Südkamerun befindet und zufällig auch ein deutscher Agent anwesend war. Endlich bekam ich Fühlung mit den von der Südostecke aus vordringenden Deutschen, und der Marsch neigte sich seinem Ende zu. Es folgte nunmehr die etwa 90 km breite, sogenannte „tote Zone“, und am 5. Februar er- reichte ich etwa in ihrer Mitte in Dorgo von Neuem den Djah, wo die Gesellschaft Südkamerun einen Posten von 4 bis 5 Farbigen unterhält. Hier mußte ich liegen bleiben, da es zu Lande keinen Weg geben sollte, und auf Boote oder vielleicht den Dampfer warten. Leider war auf dem Posten kein Kanu oder Aehnliches vorhanden, und ich fand meine von Suankö an die Ngokostation vorausge- schickten Boten noch hier vor, die ich nun im Falt- boot stromab sandte. Die nächsten Tage ließ ich am Ufer entlang anfangen, Weg zu schlagen, falls ich gezwungen sein sollte, doch zu marschiren, und sorgte durch Jagd auf die zahlreich vorhandenen Flußpferde für die Verpflegung. Am 10. bezw. 11. Februar trafen, von Hauptmann Engelhardt ge- schickt, vier Kanoes ein, und ich brach nunmehr stromab auf, indem ich die Kranken und Lasten in den Kanus fahren, alles Andere zu Lande mar- schiren lißß. Am 14. Februar wurden die ersten Dörfer erreicht, der Militärposten Kunakwel, der noch im Bau ist, passirt und auf der Faktorei der Gesellschaft Südkamerun in Ngoila gelagert. Hier traf am Abend von der stromab gelegenen Faktorei Bomedali die Nachricht ein, daß am Nachmittag ein deutscher Agent und ein farbiger Arbeiter von Eingeborenen angeschossen worden seien; ich schickte zum Schutz der Faktorei während der Nacht meinen Unteroffizier und vier Soldaten dahin ab, doch ist außer einigen gegen die Faktorci aus dem Busch heraus abgefeuerten Schüssen nichts weiter vorge- kommen. Die Dörfer der an den Feindseligkeiten betheiligten Eingeborenen waren am nächsten Tag beim Durchmarsch der Expedition natürlich leer, greisen, nichts zur Bestrafung unternommen, nur auf der Faktorei einen Posten von einem Unteroffizier und acht Mann zurückgelassen. Am 15. Februar 1902 traf ich endlich im Lager der Grenzexpedition und nach mehrtägigem Aufenthalt daselbst am 21. Februar auf der Ngokostation ein; der durch die Witterungsverhältnisse so äußerst anstrengende Marsch war friedlich, ohne irgend welchen Verlust an Leuten oder Lasten beendigt. Die Kenntniß unserer Kolonie ist durch die Expedition wieder um ein Bedeutendes bereichert worden; das ganze neuerschlossene Gebiet zeigt sich plötzlich ent- gegen den früheren Nachrichten bis auf die kurze, bei Benutzung des Wasserweges von Dongo an etwa 4 bis 6tägige Strecke von Long nach Kunakwel, als gut bewohnt und angebaut, reich an Elfenbein und noch ganz bedeutend reicher an Kautschuk. Auch glaube ich, daß die Mwaistämme ein ganz gutes Trägermaterlal abgeben werden, da die Beschaffung von Ersatz für erkrankte Träger dort nie auf Schwierigkeiten stieß und ein Mann, der sich frei- willig als Träger anbot, die Expedition bis hierher mitgemacht hat. Die Bevölkerung war zwar überall einer so bedeutenden militärischen Macht von 29 Polizeisoldaten gegenüber friedlich, doch dürfte es angezeigt sein, in einigen Gegenden bald wieder Soldaten zu zeigen, um den ersten Eindruck nicht zu rasch vergessen zu lassen; besonders da eben jetzt mehrere Handelskarawanen der Gesellschaft Süd- kamerun dahin vordringen und dort Posten er- richten wollen, und, wie der Fall von Bomedali zeigt, selbst so nahe der Ngokostation die Einge- borenen doch die Macht des Gouvernements und den Schutz, den dasselbe allen Europäern gewährt, noch nicht recht kennen. Verpflegungsschwierigkeiten, vor denen ich vor dem Abmarsch viel gewarnt wurde, traten nirgends auf, und ich hätte den von jeden Mann der Expedition mitgeführten eisernen Bestand von 5 Pfund Reis nicht gebraucht, wenn ich von Dongo aus sosort zu Wasser weiter gekonnt hätte. Die Ngokostation wird künftig durch unser eigenes Gebiet ebenso rasch und, wenn erst die Wege etwas hergerichtet sind, noch rascher als über den Kongo zu erreichen sein; jedenfalls jetzt schon bei Vermeidung der Umwege und Aufenthalte bei einem ersten, der Erkundung dienenden Marsche bequem in zwei Monaten für belastete Träger; sodann aber auch bedeutend billiger, da der Trans- port einer Last von 25 kg allein den Kongo herauf fast das Doppelte des Trägertransportes kostet, wobei ich die verhältnißmäßig hohen Sätze von 10 Mk. für Lohn und 5 Mk. für Verpflegung pro Monat annehme. Ich selbst habe für Verpflegung, Führer und ähnliche Ausgaben nur etwa 400 Mk. verbraucht, was pro Kopf und Monat etwa 1 Mk. 50 Pf. beträgt; allerdings habe ich die fast überall freiwillig und in ausreichender Menge angebrachten Lebensmittel nur mit der ungefähren Hälfte des Werthes bezahlt, wobei ich von der doch habe ich, um der Ngokostation nicht vorzu- Ansicht ausging, daß einestheils in von Europäern ging