— 366 An die Erreichung des Tanganyikasees dürfte vorerst noch nicht gedacht werden. Man müßte in Tabora Halt machen, um den Verkehr auf der letzten Strecke von da bis zum See durch Waniamwesi-Esel oder durch das alte System der Träger zu bewäl- tigen. Es müssen noch Untersuchungen angestellt werden, wo der Surraherd sich befindet. Da nach Beob- achtungen anzunehmen ist, daß Surraherde immer nur kleine Gebiete umfassen und somit leicht zu um- gehen sind, wenn man ihre Lage genau kennt, so könnte man burch einen einzigen Nachtmarsch das gefährliche Gebiet leicht überwinden, da die Tietse- fliege nur bei Tage auftritt. Von dem viehreichen und gesunden, für Vieh- zucht und Ackerbau gleich günstigen Uhehe ist es bisher leider noch nicht gelungen, Dar#es-Saläm un- gefährdet zu erreichen, und zwar weder auf dem Wege von Iringa— Kilossa, noch auf dem Wege Iringa—Kisakki, noch auf dem Wege Iringa—Pan- ganifälle—Schugulifälle. Man kann daher vorerst nur bis Kilossa mit Thieren kommen. Erst später, wenn es feststeht, daß das Ruaha= und das Ulangathal die Infektions- quelle abgiebt, wird man auch hier des Nachts durch das gefährdete Gebiet ziehen können. Diese That- sache ist um so betrübender, als Uhehe für Ackerbau sehr geeignet ist, und die Hoffnungen, die Resultate der Viehzucht an der Küste zu verwerthen, vorläufig noch illusorisch bleiben müssen. Auf der zweiten großen Karawanenstraße, welche von Kilwa nach dem Nyassasee führt, findet man Surraherde auf der Strecke 23 bis 50 km, die durch einen Nachtmarsch überwunden werden kann. Auf dem Wege vom Kilimandjaro liegen mehrere Herde am Südabhange des Usambaragebirges und ein Herd am Djipesee, obwohl das Hochgebirge von Usambara selbst surrafrei ist. Es wollte deshalb bisher nicht gelingen, ungefährdet durch diese Land- striche hindurch zu kommen. Die einzige Zugang- stelle zum Kilimandjaro findet sich von englischer Seite von Mombassa aus, wenn man die Vorsicht gebraucht, die Thiere in Mombassa von der Dhau bezw. dem Dampfer direkt in den Eisenbahnwagen zu verladen und sie noch an demselben Tage bis nach Voi zu schaffen, von wo aus sie in fünf Tage- märschen den Kilimandjaro erreichen. Die Tsetse- fliege verliert jedoch für Ostafrika wesentlich an Bedeutung, nachdem es Koch gelungen ist, durch zweimaliges Passirenlassen der Surraparasiten durch den Hund, die Wirkung derselben so abzuschwächen, daß die mit diesen abgeschwächten Parasiten ge- impften Rinder gegen Surraparasiten immun wurden. Auch mir ist es gelungen, Rinder mit Erfolg gegen Surra zu immunisiren. Sofern diese Versuche im Großen durchgeführt werden, hat die Tsetsefliege ihre Bedeutung auf den Strecken, auf denen sie vor- kommt, verloren, indem man künstlich immunisirte Thiere für diese Gegenden benutzt, während man nach wie vor auf den surrafreien Strecken gewöhn- liche Thiere gebraucht. Da meine Kameelversuche auf der Bafts der beiden großen Vorbedingungen, 1. baß daß Kameel nicht dem Texasfieber unterliegt und 2. daß die Strecke Dar-es-Salm— Kilossa— Mpapua—Kilima- tinde — Tabora— Victoria Nyanza surrafrei ist, auf- gebaut sind, sind alle Nebenumstände, die noch hinzukommen, wie die Ueberwindung von Terrain- schwierigkeiten und die Ernährungsfähigkeit des Kameels, nur von nebensächlicher Bedeutung. Sie sind bedeutungslos im Hinblicke auf die Kenntniß und Würdigung dieser beiden Krankheiten, sie er- scheinen aber in den Augen des Laien als die Haupt- sache in Anbetracht der großen Anstrengungen, die bei der Durchführung der Versuche an die Leistungs- fähigkeit des Leiters gestellt wurden, zumal umfang- reiche Versuche dieser Art in ihrer Durchführung neu sind und den Stempel der Originalität an sich tragen. Ich habe allerdings nicht vom grünen Tische, sondern mehrere Jahre aus dem lebendigen Buche der Natur meine Erfahrungen gesammelt. Danach schien das Kameel allen anderen in Betracht kommenden Nutzthieren bei Weitem über- legen zu sein durch seine Billigkeit, durch seine Immunität gegen Texasfieber, durch seine leichte Er- nährungsfähigkeit und durch seine überlegene Leistungs- fähigkeit sowohl hinsichtlich der Vielseitigkeit der Leistung als auch hinsichtlich der Kraftentfaltung. Am naheliegendsten war es für mich, Tragver- suche mit Kameelen anzustellen. Meinen ersten derartigen Versuch machte ich ge- legentlich einer Dienstreise nach der Mafisifähre, wobei ich zum ersten Male keine Träger verwendete. Ich packte die zwei Zeltlasten, eine Kochlast, eine Bettlast, eine Tischlast, eine Medizinlast und zwei Eßlasten, Summa acht Lasten, auf den Rücken eines Kameels und wandte mich, nur von einem Jungen und einem Kameelführer begleitet, dem Innern zu. Der erste Reisetag von Dar-es-Salüm bis Puga wurde in fünf Stunden zurückgelegt. Das Terrain war eben, bot keine Hindernisse und konnte von vornherein als überwunden angesehen werden. Anfangs fehlte mir natürlich die Erfahrung, und wie leicht erklärlich, wurden die Gurte des Trag- sattels bei einer Belastung von rund 5 Centnern schon nach wenigen Schritten lose und mußten nachgesattelt werden. Am zweiten Tage ging es durch das bergige Terrain von Kisserawe. Es war mir vollkommen neu, wie sich das Thier in diesem gebirgigen Ge- lände bewegen würde. Es wurde die Strecke bis Kola (27 km) in 7 Stunden zurückgelegt. Aller- dings ging es ohne Kunstgriffe nicht ab. Da die Lasten ihrer Beschaffenheit wegen nach vorn und nach hinten über das Thier hinausragten, machten sie beim Abstieg bedenkliche Schwankungen; und da diese Schwankungen mit den Bewegungen des Thieres nicht übereinstimmten, so soh sich dasselbe veranlaßt,