— 417 selten so viel Menschen und sie sehen noch seltener solch reiche Leute, die außer einer ganzen Kiste Pesetas auch noch ganze Kilometer von den allerschönsten Kotonaden mitgebracht haben. Gleich fahren sie alles auf, was Stall und Haus bieten. Zuerst erscheinen die Pombekrüge: 15 Pesetas die 20 Liter. Unsere Neger sind zu große Bacchusdiener, um auch nur einen Tropfen übrig zu lassen. Dann kommt Mutama- mehl, Hühner, Schafe und Böcke. Es fehlt nicht an Abnehmern, für eine Mark kaust man ein fettes Schaf oder einen Bock, für zwei bis drei Sous ein Huhn. Die Pesabeutel werden schonungslos in An- spruch genommen, und fast schmunzelnd geben die Träger, die sonst dafür so zähe sind, ihren falschen Mammon. Die Wagogo gehen froh mit ihrer Beute nach Haus und werden ausgescholten. Diese runden Dinger sind nichts werth im Lande, da es nichts dafür zu kaufen giebt. Gar bescheiden kommen sie zurück, um diesmal die Käufer zu spielen. Sie wollen Stoffe für ihr Geld. Jetzt müssen auch diese armen Kerle den trügerischen Werth des welt- fressenden Geldes anerkennen. Für ganze Haufen Geld will man ihnen ein bereits halbverschlissenes Stück geben. Es wird gefeilscht, der arme, nie ge- reiste Mann wird gesoppt, an seinem Zopf gezogen, verlacht, bis er sich schließlich fangen läßt. Unsere Leute treten in die Rolle jener, die sie selbst an der Küste ebenso geprellt. Die Welt bleibt sich ewig gleich und die Schicksale der Menschen ebenfalls. Die Wagogo thaten es früher, als Gewalt vor Recht ging. Alles in Allem verkauften sie ihre Sachen und die Abundantia beschüßtte das Lager. Am Abend erlegte Bruder Matthäus zwei prächtige Antilopen. Die pflichtmäßigen Jäger brachten Perl- hühner und die Wazungu ihrerseits hatten Dodoma lieb gewonnen und hatten es mit dem Abmarsch nicht eilig. Der Ruhetag wird also in schönster Form angekündigt, und Flintensalven und lustige Tänze besagten genugsam, daß Alle einverstanden waren. Singe, 10. Oktober. Um 7 Uhr bereits waren wir angelangt und hatten keinen übermäßigen Kraft- aufwand zu beklagen, noch sonst irgendwas, wenn nicht unseren geradezu jämmerlichen Lagerplatz. Singe steht für den Rest nicht hinter Dodoma zurück, nur giebt es fast drunten am Horizont einige anständige Bäume. Des Wassers wegen mußten wir uns also von der lieben Sonne sengen lassen. Da wir eine zweite Tirikesa in Aussicht hatten, schlugen wir das Lager erst um 11 1½2 Uhr ab und hatten so wieder Gelegenheit, die heilige Messe zu lesen und uns für diesen bösen Weg zu stärken. Ich benutzte den Vor- mittag und den Nachmittag, um aus dem Munde Vieler ein einheitliches Formular des Vaterunser, Ave Maria und Ehre sei dem Vater zu gewinnen. Mein Andreas diktirte mit Auslassungen, ein anderer mit Einschiebseln, ein anderer nach nicht mehr gelten- der Uebersetzung rc., einer sogar mit etwas geänderten Wiederholungen. Es war zum Fortlaufen. Ob ich jetzt die richtigen Kisukumagebete habe, weiß ich nicht, allenfalls will ich sie beten. Mbahi am Bubu, 12. Oktober. Die Tirikesa liegt hinter uns, ob auch die Folgen? Von 11 Uhr bis 8 Uhr abends marschirten die Träger und von 2 bis 9 heute Morgen. Ich berechne freilich die Distanzen nicht nach ihren Leistungen, wohl aber ihre Müdigkeit. Ich selbst marschirte im allerbesten Tempo und mit meinem Esel im Trab von 1¼ bis 64 und von 2¾ bis 7¼, was jedenfalls nicht unter 55 bis 60 km geben muß. Die Träger tranken natürlich all ihr Wasser gestern Nachmittag und die Sonne brauchte heute Morgen nicht stark zu scheinen, um sie geradezu platt zu drücken. Auch kamen noch um 10 ½ Uhr Nachzügler an. Daß die Stimmung darob etwas heruntergegungen, ist nur zu begreiflich und wird heute Abend ausgewachsen sein, denn der Neger trägt solche Mißhelligkeiten nicht lange herum; entweder erliegt er platterdings, oder es hat keine Folgen. Im ausgetrockneten Bubu, der ein sehr weites Flußnetz auf den Karten hat, finden sie einige Tümpel, in die sie sich jählings stürzen, erstlich waschen, dann auf dem Bauche liegend trinken, bis kein Platz mehr drinnen bleibt, denn mit dem Durst ist's kein Leben. Ich kann nicht leicht begreisen, wie diese guten Leute solche Leistungen über sich bringen und man darf sich nicht ungerecht über ihre Unmäßigkeit nach solchen Abtödtungen äußern. Wenn kein Maß da ist, giebt's eben auch keine Möglichkeit zum Gegen- maß. Da ist z. B. die Frau Augustinus, die ihr ein Jahr altes Cäcilicchen auf dem Rücken mit- schlerppt und auf dem Kopf Kochgeschirr 2c. trägt. Die arme Frau weiß sich kaum zu helfen, und wenn sie nicht eine heldenmüthige Christin wäre, könnte sie es jedensalls nicht, wie sie es trägt, tragen. Gott ist wunderbar in seinen Heiligen und den Müttern und anderen Negern. Wir lagern heute unter Palmen, und wenn es einem europäischen Philister einfallen sollte, gegen Gottes Willen den Wunsch zu äußern, unter Palmen zu wandeln, wünschte ich ihm meiner- seits, unter den Palmen am Bubu zu wandeln. Was der über Hitze räsonniren sollte, statt freveln über unverdienten Genuß. Uns alten, ausgetrockneten Sonnensöhnen ist's auch keine Lust, aber eine Last, die wir zu tragen gelernt, und wir leben in der Hoffnung, nach Tagen auf eigenem Boden, d. h. in Unyamwesi, zu stehen. Kilimatinde, 15. Oktober. Wir haben nun- mehr die letzte Hauptstation vor Ndala passirt und vor uns liegt der Mgunda Mkali, der böse Wald, der aber nicht mehr so böse ist, wie er früher war. In elf Tagen sind wir in Ndala und für den 10. No- vember in Bukumbi. Eine Leistung (60 Tage), für die wir Gott danken dürfen, denn gewöhnlich rechnet man fünf bis zehn Tage mehr. Dazu habe ich für mich kein Unwohlsein zu beklagen, nur am Ruhetage in Dodoma hatte ich Kopfweh und ich schreibe die Schuld der Ruhe zu. Gestern lagerten wir drunten in Mtiwe unter