— 448 — gegründet, dessen sieben Zöglinge mit Segen vorüber- gehend als Helfer verwendet werden können — das ist zweifellos eine gesunde, wachsthümliche Ent- wickelung einer jungen Mission, die eine gute Aus- sicht gewährt. Nicht als einen Fehler wollen wir es bezeichnen, daß die Schule, von der wir absichtlich bei den cinzelnen Stationen nicht redeten, noch ganz in den ersten Anfängen sieht. Mit Interesse und theilweise mit Freude hat Verfasser die kleinen Schulen visitirt und zum Tadel kaum Anlaß gefunden. Denn die Anfänge des Lese-, Schreib= und Rechenunterrichts waren mit geringen, von den Missionaren selbst gesertigten Lehrmitteln ganz korrekt gemacht. Auf der Synode in Kidugala wurde die Weiter- entwickelung der Schule eingehender Berathung unter- zogen. Der von Br. Källner entworfene, gründlich berathene Lehrplan wird die Unterlage für die Fort- bildung des Schulwesens bilden. Es handelte sich natürlich zunächst um das Ziel, welches den Stations= schulen gesteckt werden sollte. Im Komitec wird die Gründung von Mittelschulen in Aussicht genommen, welche die Gefördertsten in die Seminare — eins für den zweiten Superintendenturkreis (Ubena, Uhehe) ist geplant — abgeben sollen. Da die Regierung von unseren Schulen die Ausbildung von Lehrern und Unterbeamten bezw. Dolmetschern erwartet, ist derselben unsere Bereit- willigkeit, ihr in dieser Richtung zu dienen, aus- gesprochen worden.“ Auch über die Missionskreise hinaus wird das anschaulich geschriebene Werk beachtenswerth sein. Ueber die Art und Weise, wie die Heiden mit Waisenkindern in Ostafrika umgchen, berichtet „Der Sammler für Afrika"“: „Von den schwarzen Knaben, die als Missions- zöglinge auf der Missionsstation Bumbuli in Usam- bara wohnen und dort fleißig lernen und arbeiten, gingen eines Tages ein paar unten im Thal an einem Sumpf vorbei, da fanden sic im Gebüsch ver- steckt einen kleinen Jungen von 6 bis 7 Jahren. Er war völlig unbekleidet. Sein ängstliches Gesicht zeigte, daß er in großer Furcht war. Er wußte nicht, sollte er fliehen oder bleiben"? Die Knaben redeten ihm freundlich zu und nahmen den kleinen Burschen mit. Sie sagten ihm, sie wollten ihn zum Msungu, zum Europäer bringen. Da war seine erste Frage: „Schlägt der Msungu auch die kleinen Kinder?" Und als er auf der Station angekommen war, da war sein erstes Wort: „Mein Rind will ich aber doch, wenn er stirbt.“ Wic kommt ein Kind von sechs Jahren zu solcher Aeußerung? Mlekwa hieß der Knabe. Er war ein Waisen- kind. Ein Onlel nahm sich seiner an, aber nicht aus Barmherzigkeit. Das zeigte die Behandlung, die er dem Kleinen zu Theil werden ließ. Um ihn für irgend eine Kleinigkeit zu strasen, schnürte er ihm mit cinem Faden einen Finger ab. Infolgc- dessen waren zwei Glieder des Fingers völlig ab- gestorben. An der Stirn trug er zwei große, erst halb verheilte Brandmale, die ihm ebenfalls sein Onkel beigebracht hatte. Das linke Auge hatte der Knabe verloren. Da hinein hatte ihm der Unmensch Pfeffer gerieben, bis die Sehkraft geschwunden war. Aber das war noch nicht genug. Mlekwa hatte zwei Rinder zum Eigenthum. Nach denen stand das Begehren des Alten. Deshalb nahm er eines Tages den Jungen, trug ihn unten nach dem Sumpf, um ihn dort im Wasser zu ertränken. Mlekwa konnte sich glücklicherweise aus dem Wasser retten und irrte dann einen Tag und eine Nacht in den Bananen- gärten umher, bis unsere Knaben ihn aufgriffen. Die Erregung war groß auf der Station. Der Onkel, ein alter Mann, der schon graue Haare hat, wurde geholt. Er wollte natürlich von Allem nichts wissen. Das Auge habe der Junge bei einem Falle verloren, sagte er, und die Brandwunden rührten von einer ärztlichen Behandlung her, bei der das Brennen allerdings eine große Rolle spielt. Aber den abgeschnürten Finger konnte er doch nicht leugnen. Gott sei Dank, daß jetzt eine kräftige Hand im Lande ist, die solcher heidnischen Grausamkeit steuert. Der Mann wurde dem Bezirksamt in Wilhelmsthal übergeben, wo er sein Urtheil empfangen wird. Vorher aber erschienen noch einmal die Verwandten des Mannes und die Aeltesten von Bumbuli. Der Missionar forderte die Herausgabe der zwei Rinder für den Knaben. Dann sollte er aber auf die An- zeige beim Bezirksamt verzichten, baten sie. Ja, als Missionar Roehl nicht nachgab, boten sie ihm so viel Rinder an, wie er haben wollte, wenn er die Sache unterdrücke. Sie entschuldigten die That, indem sie sagten, so pflegten die Schambala von jeher sich der Waisenkinder zu entledigen. Es ist also gewissermaßen Volkssitte. Gegen sie müssen Obrig- keit und Mission gemeinsam kämpfen. Mlekwa wurde auf der Missionsstation sofort neu eingekleidet und fühlt sich vorläufig ganz wohl dort, da er nnn wieder einen tate (Vater) hat. Möchte er doch auch die Liebe des himmlischen Vaters zu sühlen bekommen, nachdem seine Seele verbittert ist durch den Haß gegen den, der so grausam an ihm gehandelt. Ueber den Stand der Mission in Kamerun lesen wir im 87. Jahresbericht der evangel. Missions- gesellschaft zu Basel (veröffentlicht in: „Der evan- gelische Heidenbote"): Es war ein Jahr ruhiger Entwicklung, das sich bei 476 Heidentaufen durch einc verhältnißmäßig starke Zunahme der Gemeindeglieder um 440 Seelen auszcichnet. Die starke Zunahme kommt auf die drei Stationen Bonaku, Bonaberi und Lobethal, deren jede einen Zuwachs von über 100 Seeclen hat, bei einer entsprechenden zahl von Taufen. Die anderen Stationen haben vicl weniger Heidentaufen. Mangamba und CEdca weisen sogar einen lleinen