Thal zwischen den beiden erwähnten Höhenzügen, welche vielfach terrassenförmig ansteigen, ist der Schau- platz der alljährlichen Ueberschwemmungen. Nach den Schlammmarken, welche ich jetzt noch an Bäumen beobachten konnte, nehme ich an, daß in diesem Jahre der Wasserstand zur Zeit der höchsten Ueber- schwemmung etwa 3 m über dem augenpblicklichen war. Allerdings soll das Wasser in diesem Jahre so hoch gestanden haben wie schon seit vielen Jahren nicht. Ueberall war der Boden noch feucht, überall traf man noch auf kleine Seen und Sümpfe, so daß oft weite Umwege nothwendig wurden. Im Thale selbst ist wenig Wald, dagegen sind die begleitenden Höhen von unten aus meist dicht bewachsen. Der Waldsaum ist durch Busch zwischen den hohen Stämmen und diese mit jenem verbindende Lianen oft zu einem unentwirrbaren Dickicht geworden. In der Mitte zwischen Okambombo und Kapongo trifft man auf zahlreiche Palmen (Hyphaene ventriculosa), jenseits Bomagando auch noch auf eine andere Art (Phöniz), deren mächtige Wedel ein prächtiges Bild bieten. In der Nähe des Fontein-Omuramba werden die Höhen- züge flacher. Ein Gürtel von Dornbusch, oft nur einige 100 m breit, schließt hier das eigentliche Thal gegen das Sandfeld ab und ist so dicht, daß es unmöglich ist, ihn zu passiren. Die Windungen des Okavango nähern sich oft den vielfach ziemlich steil abfallenden Rändern des Höhenzuges, so daß das Durchkommen mit einem Wagen zwischen der Böschung und dem Wasser nicht möglich ist, und man genöthigt ist, die meist 3 bis 4 m hohen, fast senkrechten Wände zu erklettern. Wenn also auch das Gesammtthal des Okavango landschaftlich, so weit ich es gesehen, ein einheitliches Bild gewährt, so ist der von mir bereiste Abschnitt politisch in mehrere Theile zu zerlegen. Etwa von der Stelle, wo der Okavango aus Angola kommend von seiner südlichen Richtung in die östliche übergeht, reicht die Machtsphäre Himaruas bis östlich der Werft Katanga. Es ist dies zugleich der reichste Theil des Okavangothales und der geeignetste für die Besiede- lung. Die zweite politische Einheit ist das Reich Kapongo, benannt nach der vor zwei Jahren ver- storbenen, allgemein beliebten und namentlich Werth auf den Verkehr mit Weißen legenden Herrscherin jenes Stammes. Die Hauptwerft, welche sonst den Namen des derzeitigen Kapitäns zu tragen pflegt, hat auch jenen Namen zu Ehren der Verstorbenen noch beibehalten. Haussikus Machtbereich geht bis zum Fontein-Omuramba. Von dort aus bis zur Kuitomündung reicht das Reich Bomagandus, doch stehen die zu beiden Seiten am weitesten ent- fernten Werften dieser Kapitänschaft in einem sehr losen Abhängigkeitsverhältniß und haben ihre eigenen Kapitäne, die nach eigenem Ermessen wirth- schaften. Dies gilt von den Werften Bume und Urundu westlich und Kanjettu östlich. Namentlich der vor einem Jahre verstorbene Kapitän Kanjettu scheint großen Einfluß gehabt zu haben, welcher sich auf 525 — seinen Sohn Haussiku vererbt hat. Die Regierungs- form ist eine streng absolute, doch steht dem Kapitän ein Rath zur Seite, welcher aus den näheren Ver- wandten und den älteren und erfahreneren Leuten des Stammes gebildet wird. So scheinen der Schwager und zwei jüngere Brüder Himarnas großen Einfluß zu besitzen. Auch bei Bomagandu befindet sich be- ständig ein Schwiegersohn desselben, Ndango mit Namen, welcher, eigentlich vom Sambesi stammend, auf einer Jagd hierher gelangt sein will und sich dem Stamme dauernd angeschlossen hat. Der Einfluß dieses verschlagenen und spitzbübischen Menschen auf Bomagandu ist sicher kein günstiger, obwohl ich be- stimmte Thatsachen bei der Kürze meines Aufenthalts bei Bomagandus Werft nicht beibringen kann. Einen ganz vorzüglichen Eindruck macht dagegen in jeder Beziehung der Sohn Bomagandus, Kanjemi. Er ist bescheiden, zuvorkommend, und nur seinem Einfluß verdanke ich es, daß wir mehrere gestohlene Sachen zurückbekamen. Auffällig war es mir, wie wenig die Owakwan- gari die weitere Umgebung ihrer Werften kennen. Alle meine Versuche, Näheres über Angola, über den Kuito, den Tschobe und Scheschongo zu erfahren, hatten daher ein geringes Resultat. Namentlich galt das von den beiden östlichen Stämmen, während die Berührung mit weißen Händlern die Leute Himaruas etwas kundiger gemacht hatte. Daß sie im Handels- verkehr mit Weißen stehen, zeigen die vielen Artikel europäischer Herkunft. Jeder bessere Mann trägt ein Hemd, viele vollständige, verhältnißmäßig sauber gehaltene weiße Anzüge. Der Kapitän ist Herr über Leben und Tod seiner Untergebenen, die Rechte der Frau sind sehr gering, sie bearbeitet die Felder, stampft das Korn, flicht Matten und macht Schmuckgegenstände. Der Mann hat das Recht, sie zu verkaufen. Im Gegensatz zu dieser von geringer Schätzung der Frau zeugenden Anschauung steht die hohe Sittlich- keit, welche bei den Owakwangari herrscht. Der Mann, der je nach Vermögen eine oder mehrere Frauen hat, bewacht eifersüchtig das Benehmen seiner Frauen anderen Männern gegenüber, und soweit ich beobachten konnte, ist das Familienleben ein sehr inniges. Allerdings war es für mich als Weißen sehr schwer, etwas darüber zu erfahren oder Frauen zu sehen. Nach langem Verhandeln gelang es mir endlich, Bomagandu zu bewegen, einige alte Frauen rufen zu lassen, welche ich ihrer Tracht wegen photo- graphiren wollte. Die Tracht der Frauen ist ähnlich derjenigen der Ovambofrauen. Aus einer Reihe von übereinanderhängenden, mit Stückchen von Straußen-- eierschalen, Eisen= oder Glasperlen geschmückten Schnüren ist vor dem Unterleib und dem Gesäß ein Schurz hergestellt, welcher seitlich an den Hüften aufgerafft ist. Durch das Einflechten von Schwanz- haaren des Bastardgemsbocks in die eigenen Haare werden diese verlängert. Diese künstlichen Haare werden, zu einer Reihe von Zöpfen vereinigt, am